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    Marvels bisher ungewöhnlichster Streich: Unser erster Eindruck zu "Cloak & Dagger"

    Eine neue Marvel-Serie soll die Wohnzimmer erobern - dieses Mal aber nicht bei Netflix, sondern bei Amazon Prime Video. Wir haben die ersten drei Episoden von „Cloak & Dagger gesehen...

    Amazon Studios

    Ab dem 8. Juni 2018 läuft die neue Marvel-Serie „Cloak & Dagger” in Deutschland auf Amazon Prime Video. Basierend auf dem gleichnamigen Comic bringt Showrunner Joe Pokaski (schrieb unter anderem zwei Folgen von „Daredevil”) die Geschichte zweiter ungleicher Teenager mit Superkräften auf die heimischen Bildschirme. Doch einfach nur eine weitere Superheldenserie unter vielen ist „Cloak & Dagger” gewiss nicht. Fans herkömmlicher Action-Comic-Kost dürften sich verwundert die Augen reiben, denn nur wenig erinnert an das, was wir bisher aus dem Marvel-Universum kennen. Nach den ersten drei Folgen bleibt dabei das Gefühl zurück, zwei verschiedene Serien gleichzeitig zu sehen.

    Darum geht es

    Die beiden Helden Cloak und Dagger stammen ursprünglich eigentlich aus der Welt von Spider-Man. 1982 feierten sie im Heft „The Spectacular Spider-Man #64” ihr Debüt und bekamen später ihre eigene Comicreihe. Im Gegensatz zur Vorlage ist die Serie nun in New Orleans angesiedelt. Dort wachsen Tandy Bowen (Olivia Holt) und Tyrone Johnson (Aubrey Joseph) in gänzlich unterschiedlichen Verhältnissen auf und wissen nichts voneinander. Während Tandy aus wohlhabendem Hause stammt, hat es Tyrone nie einfach hat und muss mitansehen wie sein Bruder kriminell wird.

    Gleich zu Beginn der Pilotfolge stellt ein schwerer Schicksalsschlag ihre Kindheit auf den Kopf und droht, ihre jeweiligen Familien auseinanderzureißen. Danach springt die Handlung ins heutige New Orleans und Tandy wie auch Tyrone kämpfen sich als junge Erwachsene durch den rauen Alltag. Während der verklemmte Tyrone noch die Schulbank drückt, hält sich Tandy zu großem Teil auf der Straße auf. Denn zu ihrer mittlerweile medikamentensüchtigen Mutter (Andrea Roth) geht sie nur ungern nach Hause. Viel lieber raubt die verbitterte Teenagerin zusammen mit ihrem Freund Liam (Carl Lundstedt) reiche Schnösel aus, um über die Runden zu kommen...

    Freeform/Frank Ockenfels

    Eines Abends sorgt der Zufall dafür, dass sich die Wege von Tandy und Tyrone kreuzen. Dabei merken die Teenager schnell, dass offenbar eine Verbindung zwischen ihnen besteht: Sie haben außergewöhnliche Fähigkeiten. Während Tandy eine Art weißen Lichtdolch beschwören kann, ist Tyrone in der Lage, mit seinem Mantel in eine Schattenwelt vorzudringen und sich an andere Orte zu teleportieren.

    In den ersten drei Folgen setzen die Titelhelden ihre Superkräfte jedoch nie wirklich bewusst ein. Tandy und Tyrone werden vielmehr durch ihre Fähigkeiten verunsichert und wissen nicht, wie mit ihnen geschieht. Außer einer kurzen zufälligen Begegnung in der ersten Episode, bei der sie das erste Mal ihre Gaben entdecken, sind sie zudem stets voneinander getrennt und verfolgen ihre eigenen Ziele und kämpfen mit den eigenen Problemen. Anders als bei den meisten der Marvel-Kollegen gehen die Teenager mit ihren Fähigkeiten also nicht gleich auf Verbrecherjagd, sondern wissen noch nicht wirklich, mit der Situation umzugehen. Eine interessante Ausgangslage...

    Zwei Geschichten, ein Problem

    Einfach wird es dem Zuschauer aber nicht gemacht, sich sogleich von dieser Konstellation fesseln zu lassen. Im Grunde gibt es zwei verschiedene Erzählungen über zwei verschiedene Figuren. Gerade in der Auftaktfolge stört dabei der permanente Wechsel zwischen den beiden Handlungssträngen. Im Minuten-, teilweise im Sekundentakt wird per Parallelmontage kreuzweise zwischen den Protagonisten geschnitten. Die Idee dahinter ist offensichtlich: Sowohl Tyrone als auch Tandy sollen gleichberechtigt eingeführt werden. Doch das erschwert es natürlich, sich auf eine Seite richtig einzulassen, denn gerade, wenn es darum geht, eine Figur besser kennenzulernen, folgt schon der Schnitt auf den anderen Protagonisten.

    Der Rhythmus stimmt hier nicht immer. Gerade der bei dieser Parallelerzählung so wichtige Schnitt ist viel zu selten dynamisch, sondern wirkt meist ziemlich beliebig. Statt die Figurenentwicklung beider Helden voranzubringen, wird sie so teilweise eher ausgebremst. Wer den zweiten, komplett im Splitscreen ablaufenden Trailer gesehen hat, wird die Problematik verstehen, denn wie n dieser Vorschau fühlt sich „Cloak & Dagger” zu weiten Teilen an. Auch die Kamera wirkt immer wieder wie ein verlorener Teilnehmer der Szenerie. Oft bleibt die Frage, was gerade beobachtet werden soll.

    "Twin Peaks"-Anleihen bei Marvel

    Trotz dieser Anfangsschwächen hat „Cloak & Dagger“ seinen Reiz, denn es ist die bislang ungewöhnlichste Produktion von Marvel. Den Humor und die Action der Kinofilme findet man hier nicht und trotz des rauen und düsteren Tons gibt es auch kaum Gemeinsamkeiten mit den Netflix-Serien um die Defenders. Die dritte Folge erinnert mit ihren surrealen Traumsequenzen dagegen an eine ganz andere Serie: Die Episode könnte fast schon aus der dritten Staffel von David Lynchs Mystery-Kult „Twin Peaks” stammen.

    Der liegt stark auf einer sich nur sehr langsam entwickelnden Erzählung, die erst nach und nach durchscheint. So wird mit der Zeit deutlicher, dass die Kräfte der Protagonisten zusammenwirken, ein gemeinsamer Einsatz ihre Stärke erhöht. Doch noch sind diese Momente rar, das einzige wirkliche Aufeinandertreffen von Tyrone alias Cloak und Tandy als Dagger gehört dann aber gleich zu den stärksten Szenen der ersten Folgen.

    Freeform/Alfonso Bresciani

    Fazit

    Es ist schwer, nach drei Folgen ein Urteil über „Marvel's Cloak & Dagger“ zu fällen. Wohin es geht, ist noch unklar. Eine typische Comic-Bedrohung oder irgendeine Art von Gegenpart ist zum Beispiel anfangs nicht in Sicht. Richtige Spannung will sich noch nicht einstellen. Und die beiden Jungschauspieler Olivia Holt und Aubrey Joseph agieren bislang noch eher mit angezogener Handbremse.

    Und trotzdem hat die Serie ihren Reiz allein schon durch ihre Ungewöhnlichkeit. Vorläufig gibt es so - passend zum Konzept - viel Licht und viel Schatten.

    „Marvel's Cloak & Dagger“ ist in Deutschland ab dem 8. Juni 2018 auf Amazon Prime Video zu sehen. Nach zwei Episoden zum Auftakt gibt es wöchentlich jeden Freitag immer eine neue Folge.

     

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