Als vor wenigen Wochen zum ersten Mal nach außen drang, dass Disney womöglich den Konkurrenten 20th Century Fox übernehmen könnte, klang das im ersten Moment wie eine illusorische Schnapsidee. Aber dann wurde schnell klar: die Beteiligten, allen voran Fox-Besitzer Rupert Murdoch und Disney-Chef Bob Iger, meinen den Mega-Merger todernst. Nun ist es laut Variety und Hollywood Reporter tatsächlich so weit – ein historisches Ereignis, von dem sich erst in den nächsten Jahren zeigen wird, ob es für den gemeinen Kinogänger oder Fernsehzuschauer nun eher Vorteile (X-Men und Avengers in einem Film) oder Nachteile (weniger Konkurrenz ist für den Verbraucher selten gut) bringt.
Insgesamt hat der Deal einen Wert von 52,4 Milliarden Dollar (es wird alles über einen Aktienumtausch abgewickelt, es fließt also kein Bargeld). Dafür übernimmt The Walt Disney Co. das Hollywoodstudio 20th Century Fox mitsamt seiner TV-Produktionssparte – die übrigen Unternehmensteile der 21st Century Fox (also vor allem die TV-Sender wie Fox, Fox News oder Fox Sport) bleiben hingegen wie bisher im Besitz von Rupert Murdochs News Corp.
Warum der Deal für Disney Sinn macht
Bob Iger hat im Zuge des Mergers auch direkt seinen eigenen Vertrag bis 2021 verlängert, um die Übergangsphase vollständig betreuen zu können. Der Disney-Chef kommentierte den Deal heute folgendermaßen: „Wir fühlen uns geehrt und dankbar, dass uns Rupert Murdoch die Zukunft seines Unternehmens anvertraut, das er sein Leben lang aufgebaut hat. Zugleich freuen wir uns auf diese außergewöhnliche Chance, unser Portfolio an beliebten Franchises und Marken signifikant aufstocken zu können.“
Die auffälligsten Auswirkungen des Zusammenschlusses für die Kinozuschauer (und Freizeitparkbesucher) dürften freilich sein, dass plötzlich noch mehr (Comic-)Marken in einer Hand (nämlich der von Disney) liegen: Nachdem zuletzt schon ein Deal mit Sony über die Rückkehr von Spider-Man ins MCU geschlossen werden konnte, erlangt Marvel nun auch die Rechte über die X-Men (und damit auch Deadpool) zurück. Die Zukunft der Fantastic Four ist hingegen noch nicht 100-prozentig sicher, weil 20th Century Fox an Mister Fantastic & Co. wohl nicht allein alle Rechte gehalten hat. Zudem dürfte es sich Disney kaum entgehen lassen, in Zukunft auch vermehrt Fox-Marken wie „Avatar“ oder „Die Simpsons“ in ihre weltweiten Freizeitparks mit zu integrieren.
Der große Verlierer: Netflix
Aber natürlich gibt Disney keine 52 Milliarden nur für ein paar extra Marvel-Helden aus. Als Haupüberlegung dahinterstecken soll wohl vielmehr, dass Disney bereits seit längerem an einem eigenen Streaming-Portal und damit einem direkten Konkurrenten zu Netflix arbeitet (der wohl sogar schon 2018 starten soll). Mit dem Kauf von 20th Century Fox kommen dabei eine Menge attraktiver neuer Filme, aber eben auch die komplette Content-Bibliothek des Studios in den Besitz von Disney – und all diese zusätzlichen Filme und Serien würden ein Abo für einen Disney/Fox-Streaming-Service natürlich deutlich attraktiver machen. Zumal im selben Moment wohl auch die meisten Produktionen der beiden Studios von Netflix verschwinden würden.
Ein weiterer Effekt ist, dass Disney die Produktionshoheit über viele der Fernsehserien erlangt, die eh schon auf ihren Sendern laufen. So wurde die ABC-Hitserie „Modern Family“ bisher etwa von 20th Century Fox hergestellt und nur auf dem von Disney betriebenen TV-Sender ausgestrahlt. Insgesamt soll die Zusammenführung der Geschäftsfelder beider Studios allein in den ersten zwei Jahren Kosteneinsparungen von zwei Milliarden Dollar mit sich bringen.
Ach ja, das Beste kommt natürlich zum Schluss – zumindest für Freunde einheitlicher Blu-ray-Boxsets: Mit dem Kauf von 20th Century Fox hält Disney nun die Rechte an allen (!) „Star Wars“-Filmen – einer alle Teile umfassenden Sammleredition steht zukünftig also nichts mehr im Wege. Wobei dem Mäusekonzern mit den Einspielzahlen des Startwochenendes von „Star Wars 8: Die letzten Jedi“ am kommenden Sonntag direkt die nächsten fantastischen Neuigkeiten ins Haus stehen dürften.