Nach dem Informationsfreiheitsgesetz kann in Deutschland jeder von Verwaltungsbehörden Auskunft über amtliche Aufzeichnungen verlangen, solange keine wichtigen Gründe einer solchen Auskunftserteilung entgegensprechen. In den USA gibt es eine vergleichbare Anspruchsgrundlage, nämlich den sogenannten Freedom Of Information Act. Die Sachbuchautoren Tom Secker und Matthew Ford haben sich über diesen Weg Tausende von militärischen und geheimdienstlichen Dokumenten besorgt, die allesamt mit der Einflussnahme des Pentagons auf die amerikanische Film- und TV-Produktion zu tun haben. Ihre Ergebnisse haben sie in ihrem Buch „National Security Cinema: The Shocking New Evidence of Government Control in Hollywood“ zusammengefasst.
Natürlich war schon vorher bekannt, dass es im Pentagon ein extra Büro gibt, das sich speziell um die Kooperation mit Medienproduktionen kümmert (gerade patriotische Krachbumm-Filmemacher wie Michael Bay oder Jerry Bruckheimer prahlen ja auch gerne mal mit ihren guten Verbindungen zum US-Militär). Allerdings wurde bisher immer angenommen, dass das Pentagon bisher lediglich bei etwa 200 Kinofilmen seine Finger im Spiel gehabt hätte (die allerhöchste Schätzung lag bei 600). Die wahren Zahlen liegen allerdings viel höher – nämlich bei mindestens 800 Filmen und mehr als 1.000 TV-Formaten.
Das umfasst auch Produktionen, bei denen man solch eine Verbindung nun wirklich nicht erwartet hätte – darunter die Ben-Stiller-Komödie „Meine Braut, ihr Vater und ich“ sowie den Fernseh-Backwettstreit „Cupcake Wars“.
Aber nicht nur die Zahl der Kooperationen übertrifft die Erwartungen, auch die Art der Einflussnahme reicht weiter als bisher bekannt: So war man oft (naiv) davon ausgegangen, dass Michael Bay halt einfach eine seiner typischen Hochglanz-Zeitlupen der Militärjets in den Film einbaut – und dafür stellt ihm das Pentagon die Dinger nach Belieben vor die Haustür.
Zensur und Propaganda sind offenbar ganz normal
Doch die Militärverantwortlichen (allen voran Phil Straub, der sich im Department Of Defense um die Hollywood-Verbindungen kümmert) geben sich keinesfalls damit zufrieden, dass ihre Kriegsspielzeuge auf der Leinwand hübsch aussehen. Sie verlangen auch, dass das Skript vorher zur Abnahme eingereicht wird, woraufhin dann von beiden Seiten ein sogenanntes Production Assistance Agreement unterzeichnet wird.
Das hat übrigens nicht nur zur Folge, dass das Pentagon schon im Skriptstadium auf die Filme Einfluss nimmt, es sorgt auch dafür, dass die Filmemacher am Set stark eingeschränkt sind: So kann vor Ort eben nicht locker improvisiert und Dialoge können nicht kurzfristig angepasst werden, ohne dass Straub und seine Leute zustimmen. Widersetzt sich eine Produktion dem, packen die Militärs ihre Sachen zusammen und verlassen das Set.
So gab es beim Dreh von „Iron Man“ auf der Edwards Air Force Base etwa einen Moment, in dem Regisseur Jon Favreau eine Figur mit Militärhintergrund den Satz sagen lassen wollte: „Menschen würden sich umbringen, um die Möglichkeiten zu bekommen, die ich habe.“ Straub legte sein Veto ein und beschrieb die Situation anschließend so:
Jon Favreau wurde immer roter und roter im Gesicht und ich war genauso genervt. Es war ziemlich unangenehm und dann sagte er wütend: ‚Wie wäre es, wenn er sagt, dass sie über heiße Kohlen laufen würden.‘ Ich sagte: ‚Fein.‘ Er war überrascht, dass es so einfach ging.
Dass Straub mit der ersten Version nicht einverstanden war, liegt übrigens daran, dass das Pentagon allgemein keine Bezüge zwischen dem Militär und Selbstmorden in Hollywoodfilmen sehen will. Schließlich sind während des War On Terror mehr amerikanische Soldaten durch Selbstmorde als durch Taten des Feindes ums Leben gekommen.
Letztendlich ist der Satz – egal in welcher Form - gar nicht in die finale Fassung von „Iron Man“ gekommen.
Eine weitere vielsagende Änderungsanforderung gab es in dem James-Bond-Film „Der Morgen stirbt nie“. Als Bond darin über Vietnam mit einem Fallschirm aus einem – vom Pentagon zur Verfügung gestellten – Transportflugzeug abspringt, sollte sein CIA-Sidekick eigentlich den Spruch bringen: „Du weißt was passieren wird. Es wird Krieg geben – und vielleicht gewinnen wir diesmal sogar.“
Die Zeile wurde ersatzlos gestrichen. Das Pentagon ist offenbar kein guter Verlierer.