„Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“… wer diesen berühmten Einleitungssatz noch nie gehört hat, ist wahrscheinlich jünger als 29 Jahre – und wird nun von ProSieben-Sat1-Vorstand Conrad Albert als Argument ins Feld geführt, warum auch Privatsender künftig etwas von dem Geld abbekommen sollen, das in Deutschland von den Beitragszahlern an den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk fließt, also an ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (via faz.net) forderte Albert einen Systemwechsel: Das Geld solle an alle Sender fließen, die gesellschaftlich wichtige Inhalte liefern – wie es z. B. ProSieben mit seinen Nachrichten für die Zielgruppe 14-29 tue.
Mit den Öffentlich-rechtlichen Sendern, die teils aus den Rundfunkbeiträgen, teils aus Werbung finanziert werden, will der Staat eine mediale Grundversorgung sicherstellen – eine Leistung, die laut Conrad Albert auch von den Privaten übernommen werde. ARD und ZDF würden ihrem Auftrag nicht mehr in vollem Maße nachkommen: „Nur fünf Prozent der Zuschauer von ARD und ZDF sind unter 30 Jahre alt. In der Zielgruppe von 14 bis 29 Jahren erreichen wir mit „Pro7 News“ deutlich mehr Zuschauer als ‚Tagesschau‘ und ‚heute‘ zusammen,“ so Albert.
ARD und ZDF werden immer wieder dafür kritisiert, nicht genug junge Zuschauer zu erreichen. 2016 betrug das Durchschnittsalter des ZDF-Publikums 62 Jahre, Zuschauer des Ersten waren durchschnittlich 61 Jahre alt. Das ist ein deutlicher Unterschied zu ProSieben (37 Jahre) und Sat1 (50 Jahre, Zahlen via DWDL).
Update
Gegenüber DWDL widersprach ZDF-Sprecher Alexander Stock der Behauptung von Conrad Albert, „ProSieben Newstime“ erreiche mehr Zuschauer zwischen 14 und 29 Jahren als „Tagesschau“ und „heute“ zusammen. Stock nach hätte ProSieben mit seiner Sendung zwischen Januar und Mai 2017 durchschnittlich 240.000 junge Zuschauer erreicht, die Hauptausgaben der „Tagesschau“ und von „heute“ aber gemeinsam 430.000 Zuschauer. Das Branchenmagazin DWDL vermutet, dass Conrad Albert die Reichweite der Dritten Programme nicht in seine Berechnung einbezogen habe.
Mit Blick auf das Alter der Zuschauer verwies ZDF-Sprecher Stock auf einen Marktanteil von 19,8 Prozent, den die öffentlich-rechtlichen Sender in der Gruppe drei bis 29 Jahre haben würden. Und er hob einen Unterschied zwischen den Nachrichten bei Sat.1 und ProSieben und denen im ZDF und den ARD-Programmen hervor: „Sat.1 und ProSieben bieten in ihren Regelprogrammen lediglich eine Nachrichtensendung pro Tag an. Bei ZDF und ARD gibt es eine Vollversorgung rund um die Uhr.“ Die Nachrichten im „Frühstücksfernsehen“ sind dann allerdings nicht mitgezählt.
Der Informationsanteil bei ProSieben sei laut Alexander Stock auf ca. acht bis neun Prozent zurückgegangen, habe vor gut zehn Jahren aber deutlich über 20 Prozent betragen.