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    "Als die Tiere den Wald verließen" & "Watership Down": Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Vom Leben der Tiere im Wald

    Concorde

    Ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich hier wirklich einen Film vorstellen und empfehlen sollte, von dem viele meiner Freunde sagen, er habe sie in ihrer Kindheit regelrecht „traumatisiert“ – eine Erfahrung, die wahrscheinlich aus dem sich hartnäckig haltenden Irrtum entsprungen ist, dass Zeichentrickfilme immer auch für kleinere Kinder geeignet sind. Wer allerdings „Watership Down – Unten am Fluss“ mit wachen Augen gesehen hat, der weiß natürlich, dass das keine leichte Unterhaltung für Nebenher ist. Der wunderbare Trickfilm nach dem gleichnamigen Roman von Richard Adams handelt von einer Gruppe Kaninchen, die nach einer beunruhigenden Vision des kleinen Fiver unter der Führung seines großen Bruders Hazel ihre Kolonie verlässt, um sich ein neues Zuhause zu suchen. Dabei stoßen sie auf allerlei Gefahren: Menschen, Raubtiere und eine andere Kaninchen-Kolonie, die von ihrem Anführer General Woundwort streng hierarchisch, fast schon diktatorisch geführt wird…

    Concorde

    In „Watership Down“ geht es nicht niedlich zu: Hier wird gekämpft, verletzt, gestorben, und es gibt eine Menge Szenen, die gruselig oder sogar bedrohlich sind. Obwohl Adams selbst immer verneint hat, ist seine Saga um die – im Vergleich zu anderen Animationsfilmen mit sprechenden Tieren - eher milde vermenschlichten Kaninchen mehr als nur die Geschichte einiger Nager: Sie ist vielmehr eine Allegorie aufs Überleben in schweren Zeiten, auf das Leben in all seiner Schönheit und Grausamkeit. Das ist nichts für Kleinkinder, und selbst sensible Grundschüler werden damit noch ganz schön zu kämpfen haben – auf jeden Fall ein Film also, den man mit seinen Kindern unbedingt gemeinsam sehen sollte.

    Auf den ersten Blick harmloser präsentiert sich „Als die Tiere den Wald verließen“, eine Fernsehserie aus den 1990ern, die jetzt aktuell - wie auch „Watership Down“ - in einer Remastered Version neu auf DVD erschienen ist. Die Handlung klingt hingegen ähnlich: Eine Gruppe von Tieren verlässt ihren angestammten Wald, als dieser von Menschen abgeholzt wird, und begibt sich auf die Suche nach einem neuen, besseren Ort, dem sogenannten „Weißhirschpark“…

    PIDAX

    In „Als die Tiere den Wald verließen“ sind die tierischen Figuren menschlicher und die Natur weniger harsch: „Lass dich nicht von deinen Instinkten überwältigen!“ – „Dafür musst du nicht so schreien, ich bin nicht taub!“ Die Tiere schwören einander einen „Eid zum gegenseitigen Schutz“ und halten sich auch weitgehend daran – zugleich zieht die Serie viel Komplexität und Spannung daraus, dass das einigen Tieren wie Schlange, Fuchs und Eule gar nicht so leicht fällt. Letztlich entwickelt sich auf der Reise aus der Zwangs- und Zweckgemeinschaft durch all die Gefahren (Swimmingpool, Feuer und mehr) eine solidarische Gruppe von Freunden, die füreinander da sind und, wenn nötig, auch umeinander trauern.

    PIDAX

    Denn harmlos ist auch diese Serie nicht. Der Mensch mag für die meisten Übel verantwortlich sein (Umweltzerstörung, Autoverkehr), aber andere Tiere sind auch hier eine Gefahr, vor allem für die Jungtiere. Hasen werden erschossen, Mäusekinder gefressen, Igel überfahren: Das sind in der realen Welt alltägliche Tode, für die kindliche Zuschauer aber womöglich etwas Begleitung benötigen. Ein gutes Ende nehmen letztlich beide Geschichten - aber während das dominierende Thema von „Als die Tiere den Wald verließen“ die Umweltzerstörung ist, erweist sich „Watership Down“ als harsche Parabel über das Leben als Überlebenskampf. Niedlich sind sie beide nicht, aber jeweils auf ihre Weise anspruchsvolle, komplexe Annäherungen an die große, weite Welt da draußen.

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

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