Sowohl Publikum als auch Kritiker waren begeistert, nachdem „Manchester By The Sea“ am Samstag, dem 23. Januar 2016, seine Premiere auf dem renommierten Filmfestival in Sundance feierte. Regisseur und Autor Kenneth Lonergan („Margaret“) und seine anwesenden Darsteller Casey Affleck, Kyle Chandler und Lucas Hedges wurden gefeiert. Sofort setzt auch der Oscar-Buzz für den Film ein. Viele der anwesenden Experten der Branchenblätter von Variety bis Deadline prognostizieren, dass die Geschichte eines Mannes, der sich nach dem Tod seines Bruders um dessen 16 Jahre alten Sohn kümmern muss, ein gewichtiges Wort bei den Oscars 2017 mitsprechen wird. Vor allem Hauptdarsteller Casey Affleck („Gone Baby Gone“), der die Rolle ganz kurzfristig für Matt Damon übernahm, wurde gefeiert und neben Film, Regie und Drehbuch mit reichlich Oscar-Erwartungen beladen. Aber auch die Nebendarsteller Kyle Chandler sowie Michelle Williams bekamen viele Lorbeeren. Casey Affleck wurde übrigens von Damon persönlich empfohlen, nachdem dieser selbst aus Termingründen absagen musste. Der „Bourne“-Star blieb dem Projekt aber als Produzent erhalten.
Es ist logisch, dass sich viele Filmverleiher um ein solches Projekt reißen und so berichten die Kollegen auch, dass sie alle Schlange standen – von Fox über Sony bis Universal. Jeder hätte gerne die US-Kinorechte für „Manchester By The Sea“ in Sundance erworben. Doch das Rennen macht kein klassischer Filmverleih. Online-Versandhändler Amazon stach Hollywood aus. Wie Deadline berichtet, erwirbt Amazon die US-Rechte wahrscheinlich für einen Betrag von rund zehn Millionen Dollar. Der mit seinem Instant-Video-Dienst immer stärker ins Filmgeschäft drängende Versandhändler soll zudem den Produzenten um Regisseur Lonergan und Matt Damon zugesichert haben, „Manchester By The Sea“ groß in die amerikanischen Kinos zu bringen und eine Oscar-Kampagne zu fahren.
Der Deal passt zu jüngeren Aussagen von Amazon. So verkündete Unternehmenschef Jeff Bezos Ende Dezember 2015, dass man möglichst bald einen Oscar gewinnen wolle. Dazu will das Unternehmen scheinbar nicht nur rund 16 Filme pro Jahr selbst produzieren, sondern auch die Rechte an unabhängig produzierten Filme erwerben. Auch Amazon-Konkurrent Netflix fährt eine ähnliche Strategie und erwarb zum Beispiel die Rechte an „Beasts Of No Nation“ in der Hoffnung, das Kriegsdrama mit Idris Elba im Oscarrennen platzieren zu können. Daraus wurde aber nichts. Bei der Auswertung verfolgen beide Unternehmen momentan allerdings noch eine unterschiedliche Strategie. Während Netflix seine Filme weltweit seinen Nutzern gleichzeitig zur Verfügung stellt und im Einzelfall noch in ausgewählten US-Kinos startet, um zum Beispiel die Oscar-Regeln zu erfüllen, bringt Amazon seine Filme bislang noch vorab und erst einmal exklusiv in die Kinos. Amazon will deswegen für „Manchester By The Sea“ nun noch einen Kinopartner finden, der diesen Teil der Auswertung in den USA übernimmt. Für Deutschland ist ohnehin noch unklar, ob der Deal Auswirkungen hat. Denn Amazon erwarb zunächst nur die US-Rechte. Die internationalen Rechte werden separat veräußert, so dass es gut möglich ist, dass „Manchester By The Sea“ hierzulande nicht bei Amazon, sondern bei einem klassischen Filmverleih landet.
„Margaret“ von Kenneth Lonergan - ein herausragender Film, der aber 2012 bei den Oscars keine Rolle spielte.