Zwei Jahre in Folge wurden nur weiße Schauspielerinnen und Schauspieler für den bedeutendsten Filmpreis der Welt nominiert. Das bringt der für die Oscars zuständigen Academy viel Kritik ein. Unter dem Hashtag #OscarsSoWhite gibt es einen Proteststurm in den Sozialen Netzwerken, mehrere Schauspieler und Regisseure kündigten bereits an, der Verleihung fernzubleiben. Zuletzt machte auch der nominierte Mark Ruffalo Schlagzeilen. Auch er weiß noch nicht, ob er die Verleihung besucht, und überlegt, ebenfalls zu Hause zu bleiben. Auch wir von FILMSTARTS haben bereits unsere Meinung zu der Debatte veröffentlicht.
Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs, die Chefin über die Oscars, kündigte bereits Veränderungen an: „Die Academy wird drastische Schritte unternehmen, die Zusammenstellung unserer Mitgliederschaft zu verändern. Für 2016 geht es um Inklusion in allen Facetten: Geschlecht, Abstammung, Ethnizität und sexuelle Orientierung.“
Es ist bekannt, dass sich in den kommenden Tagen die 51 Entscheidungsträger der Academy treffen und dabei sicher auch weitere Schritte diskutieren werden. Die New York Times vermeldet, bereits Informationen zu haben, was für Änderungen im Gespräch sein sollen. So sollen angeblich fest zehn Filme in der Hauptkategorie um den Goldjungen für den besten Film konkurrieren. Momentan liegt diese Zahl flexibel zwischen fünf und zehn, wobei die finale Anzahl nach einem komplizierten Modus errechnet wird. In diesem Jahr sind zum Beispiel acht Filme nominiert. Bei zwei weiteren Nominierungen wären vielleicht „Creed – Rocky’s Legacy“ und/oder „Straight Outta Compton“ ebenfalls in dem illustren Kreis gelandet.
Vor allem regt sich aber Widerstand, weil nur weiße Schauspieler nominiert sind. Damit dort die Chance steigt, dass das Feld vielfältiger wird, gibt es angeblich auch die Forderung nach einer Vergrößerung. So berichtet die New York Times, dass es einzelne Stimmen in der Führungsriege gibt, die fordern, dass man die Zahl der Nominierten in den Schauspielerkategorien auf acht oder zehn Namen erhöhen solle. Allerdings berichtet die New York Times, dass diese Änderung eher unwahrscheinlich ist, weil die feste Anzahl von fünf Nominierten eine sehr große Tradition habe.
Deutlich wahrscheinlicher ist dagegen, dass man sich die Mitglieder selbst vorknöpft. Schließlich kündigte Isaacs ja an, dass man „die Zusammenstellung der Mitglieder“ verändern wolle. Die Mitgliedschaft in der Academy wird auf Lebenszeit verliehen, so dass man die Diversität nur sehr langsam durch die Aufnahme neuer Mitglieder erhöhen kann. Das versuchte man von 2014 auf 2015. Es wurden nie zuvor so viele Frauen, so viele Filmschaffende aus dem Rest der Welt und so viele Menschen verschiedenster Hautfarben eingeladen. Doch genützt hat es wenig. Daher will man wohl an die Alten ran. So werde diskutiert, dass man das Wahlrecht wieder verlieren könne, wenn man sich zum Beispiel nicht regelmäßig an den Abstimmungen beteilige. Bei diesem Vorschlag ist allerdings fraglich, wie das zu einem besseren Ergebnis führen soll: Denn wer nicht abgestimmt hat, hat auch nicht zum jetzigen Ergebnis beigetragen. Wahrscheinlicher ist dagegen ein Vorschlag, der laut New York Times von Isaacs selbst stammt. Diese will angeblich dafür sorgen, dass Academy-Mitglieder, die nicht mehr in der Filmindustrie tätig sind, ihr Wahlrecht verlieren. Als mögliche Grenzen sind hier zehn oder 20 Jahre im Gespräch. Sollte man über diesen Zeitraum hinweg nicht mehr an einem Film gearbeitet haben, darf man nicht mehr wählen. Der Schritt wäre aber gewagt. Viele ältere Academy-Mitglieder, die nicht mehr arbeiten können, daher nicht mehr wählen dürften, würden auf die Barrikaden gehen. Die New York Times spricht sogar von möglichen Klagen. Schließlich kostet die Mitgliedschaft in der Academy viel Geld. Es gibt sicher einige Mitglieder, die dieses Geld Jahr für Jahr nur bezahlen, weil sie bei den Oscars mitentscheiden wollen.
Eigentlich ist es nicht unbedingt zu erwarten, dass es zu einer zeitnahen Entscheidung kommt. Das Meeting der Academy-Mitglieder in der kommenden Woche ist bereits länger geplant und keine direkte Reaktion auf die #OscarsSoWhite-Debatte. Diese wird aber beim Meeting sicher diskutiert werden und wer weiß: Vielleicht lässt sich die Academy zu einer Schnellschuss-Reform hinreißen, um die erhitzten Gemüter vor der Verleihung am 28. Februar 2016 zu beruhigen.