Für das Drama „Philadelphia“, in dem sich der Anwalt Joe Miller (Denzel Washington) für das Recht des schwulen, HIV-positiven Andrew Beckett (Tom Hanks) einsetzt, bekam Drehbuchautor Ron Nyswaner eine Oscarnominierung. Bei den 46. Vanguard Awards erhielt er den Rand Schrader Distinguished Achievement Award – er wurde neben anderen als Künstler geehrt, der sich für LGBT-Personen einsetzt, für Menschen also, die nicht der heteronormativen Weltsicht entsprechen (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender). Nyswaner nutze seine Rede, die der Hollywood Reporter zitiert, um der Traumfabrik einen falschen Umgang mit homosexuellen Filmfiguren vorzuwerfen.
Anlass war offenbar Nyswaners Skript zum Biopic „Freeheld“ über die lesbische Polizistin Laurel Hester (Julianne Moore), die vom Sterbebett aus forderte, dass auch homosexuelle Menschen Pensionsansprüche haben, falls ihr Partner stirbt. Dem Hollywood Reporter nach nannte Nyswaner „Freeheld“ – mit Ellen Page als Hesters Partnerin – nicht beim Namen. Es sei aber klar, dass er diesen Film meinte.
„Die von uns, die das Privileg haben, Künstler zu sein, haben auch mit bestimmten Herausforderungen umzugehen. Wir müssen unsere Geschichte und unsere Kultur schützen. Wir müssen aufpassen – wenn wir Mainstream werden –, dass wir nicht vergessen, die Nachkommen von Geächteten und Rebellen zu sein. Wir müssen uns gegen die Tendenz wehren, entschwult zu werden. Eines meiner kürzlichen Projekte mit homosexuellem Thema hatte viel Potential. Aber die Produzenten bekamen Angst. Die homosexuellen Figuren wurden idealisiert. Ihre Ecken wurden geglättet, der Konflikt zwischen ihnen wurde abgeschwächt – trotz meiner heftigen Widersprüche.“
Der Grund für die Änderungen? Laut Ron Nyswaner hatten die Produzenten schlicht Angst. „Gott bewahre: Jemand könnte denken, wir machen einen Film über ein lesbisches Paar. Aus Angst wurden sie normalisiert. Doch homosexuelle Menschen müssen nicht normalisiert werden, um alle Rechte zu haben. Und wir müssen nicht normalisiert werden, um Hauptfiguren in Filmen und Fernsehserien zu werden. Wir können Schwuchteln [sic] und Lesben bleiben. Wir brauchen den Mut, dass unsere homosexuellen Figuren als volle Menschen kreiert werden, mit allen ihren Fehlern. Genau wie heterosexuelle Figuren.“
Ron Nyswaner schloss mit einer Ankündigung: „Ich bin fertig damit, Angst zu haben. Ich werde niemals wieder an etwas arbeiten, bei dem ich nicht ein gewisses Maß an künstlerischer Autorität habe. Ich werde Kunst schaffen, in der homosexuelle Figuren nicht normalisiert werden. Kunst mit LGBT-Figuren, die unerschrocken sind, mächtige und furchterregende Motherfucker [sic].“
„Freeheld“ von Regisseur Peter Sollett („Nick und Norah - Soundtrack einer Nacht“) startet am 7. April 2016 in unseren Kinos.