Erbarmungslos
Fast schon ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Clint Eastwood mit „Erbarmungslos“ seinen bisher letzten Western drehte. Seine düstere Laudatio auf das Westerngenre ist praktisch der Inbegriff des Anti-Western, denn der einstige Westernstar bricht hier mit so ziemlich jeder klassischen Konvention des Genres: Keine endlosen Sonnenuntergangspanoramen bestimmen hier die Bilder, sondern ein kaltes und verregnetes Grau, das jede Lagerfeuerromantik vergessen macht. Es gibt keine offensichtlich inszenierten Tode, die der Zuschauer gleich wieder vergisst; stattdessen wird das langsame und qualvolle Verrecken nach einer geradezu nüchtern abgespulten Schießerei gezeigt. Und vor allem gibt es keine strahlenden Westernhelden voller Edelmut, sondern nur betagte und eingerostete Männer, die ihre besten Zeiten als Pistolenschützen längst hinter sich haben. Gewalt ist in „Erbarmungslos“ nicht mehr länger hehres Mittel zum Zweck, um die zeitweilig gestörte Ordnung der Gesellschaft wiederherzustellen, sondern nur noch destruktiv und zu nichts führend. Das erkennt auch der von Clint Eastwood gespielte William Munny, nachdem er am Ende des Films in einem Saloon eine Gruppe von Männern rachedurstig und kaltblütig niedergeschossen hat. Nicht nur die bodenständige, ungeschönte Inszenierung des Films, sondern auch des Aufbrechen etablierter Westernklischees mittels Ironie und Gewalt machen „Erbarmungslos“ zu dem Anti-Western schlechthin.