Den christlichen Film "Alone Yet Not Alone" hat bisher so gut wie niemand gesehen und so hatte auch kaum jemand den Titelsong auf der Rechnung (wie wir auch in unserem Special über die größten Oscar-Überraschungen schrieben) - und doch wurde das Lied in der Kategorie Bester Song für einen Oscar nominiert. Damit stach es hochkarätige Konkurrenten wie Jay-Z ("100$ Bill" aus "Der große Gatsby"), Lana Del Rey ("Young and Beautiful" aus "Der große Gatsby"), Coldplay ("Atlas" aus "Die Tribute von Panem 2 - Catching Fire"), Ed Sheeran ("I See Fire" aus "Der Hobbit: Smaugs Einöde") oder Taylor Swift ("Sweeter than Fiction" aus "One Chance") aus. Doch nun kam das höchste Gremium (Board of Governors) der Oscar-Academy nach einer Prüfung zu dem Schluss, dass der Komponist des Liedes Bruce Broughton ("Silverado") seine Position als ehemaliger Chef und Mitglied des Komitees der Musikbranche in der Academy auf unlautere Weise ausgenutzt hat.
Schon bald nach Bekanntgabe der Nominierungen waren angesichts von Broughtons Einfluss in der Academy erste Verdächtigungen laut geworden und die Ehrung hatte schnell einen schalen Beigeschmack. Gerüchten zufolge soll eine Agentur dann im Auftrag eines ungenannten nicht-nominierten Konkurrenten Nachforschungen durch einen privaten Ermittler angestellt haben und schließlich hat Broughton selbst zugegeben, dass er weiteren Mitgliedern und Stimmberechtigten eine E-Mail geschrieben und sie darin gebeten habe, sich den Song anzuhören und in Betracht zu ziehen.
Dies veranlasste die Academy, das Lied zu disqualifizieren. "Egal, wie gut [Broughtons] Kommunikation gemeint war, die eigene interne Position auszunutzen, um die eigene Oscar-Einreichung zu bewerben, erschafft den Anschein eines unfairen Vorteils", gab Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs in einer offiziellen Pressemitteilung bekannt. Es wird kein anderer Titel nachrücken (anders als in der Vergangenheit bei vergleichbaren Situationen), womit die Kategorie Bester Song nun nur noch vier Nominierungen umfasst: "Happy" von Pharrell Williams (aus "Ich - Einfach unverbesserlich 2"), "Ordinary Love" von U2 (aus "Mandela: Der lange Weg zur Freiheit"), "The Moon Song" von Karen O (aus "Her") und "Let It Go" von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez (aus "Die Eiskönigin - Völlig unverfroren").
Für die Nominierungen in der Kategorie Bester Song dürfen ausschließlich die Mitglieder der Academy abstimmen, die der Music Branch der Organisation angehören. Sie bekommen eine DVD mit den Szenen, zu denen die wählbaren Songs im jeweiligen Film zu hören sind (dieses Jahr haben es 75 Lieder auf die Short List geschafft). Einzig und allein der Film und der Titel des Liedes werden angegeben, nicht die Interpreten, Komponisten oder Autoren. Die nur 240 stimmberechtigten Mitglieder werden dann gebeten, sich fünf daraus auszusuchen und zu nominieren, unabhängig davon, ob sie den ganzen Film gesehen haben oder nicht.
Mittlerweile hat sich Bruce Broughton zur Disqualifizierung seines Beitrags geäußert. Er sei "erschüttert" und empört, denn die Werbekampagnen der anderen Anwärter für die Nominierungen seien "episch" im Vergleich zu seinen E-Mails gewesen. Er sei nicht nur für sich selbst enttäuscht, sondern auch für Dennis Spiegel, der den Liedtext verfasste (und ebenfalls von der Nominiertenliste gestrichen wurde), sowie für die Interpretin Joni Eareckson Tada, eine von den Schultern abwärts gelähmte, berühmte evangelische Christin.
Nachfolgend könnt ihr euch den disqualifizierten Song "Alone Yet Not Alone" anhören:
Und hier der Trailer zu "Alone Yet Not Alone":