Man könnte durchaus Mitleid mit ihm haben. Alles was er tut, egal mit welchen guten Absichten, wird als Verrat an einem Mythos, Betrug an den Fans oder schlichtweg als schlechter Witz verstanden. Ja, George Lucas fühlt sich missverstanden. Nachdem die Kritik an seinem nahezu zwanghaft scheinenden Veränderungsdrang mit der jüngsten Neuaufführung von "Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung" in 3D (seit Donnerstag in den deutschen Kinos) wieder neuen Nährboden erhalten hat, fragte der Hollywood Reporter beim Schöpfer der wohl beliebtesten Science-Fiction-Saga der Kino-Geschichte über die Gründe einiger – neuer und alter – Änderungen an den Filmen nach.
Die Frage, ob es neben der 3D-Konvertierung und dem neuen CGI-Yoda auf der optischen Ebene auch inhaltliche Änderungen in "Die dunkle Bedrohung" gebe, verneinte der 67-jährige Kalifornier. Allerdings nahm er die Frage als Vorlage zum Statement, dass Änderungen an Filmen ganz normal seien. Schließlich würden Filmstudios regelmäßig Filme umschneiden oder ähnliches, ohne dass der Regisseur ein Mitspracherecht besäße. Im Falle von "Star Wars" wäre das nicht der Fall und so versuche er stetig, den bestmöglichen Film zu machen, den er eben machen könne. Das war vor 13 Jahren ("Episode 1" kam im Mai 1999 in die Kinos) bei dem ersten Teil der Prequel-Reihe nicht möglich.
Yoda sollte schon damals animiert werden, was aber aus Zeitgründen nicht umsetzbar war. Daher wurde auf eine klassische, von Frank Oz gelenkte Puppe zurückgegriffen, die vor dem ausufernden CGI-Universum natürlich deplatziert und statisch wirkte. Dieses Manko wurde in der erneuten Veröffentlichung nun behoben und in der Tat scheint diese Neuerung zur Abwechslung eine wirklich gelungene zu sein. Die Hoffnungen einiger Fans, er würde Jar Jar Binks ein wenig Leinwandzeit nehmen oder ihn möglichst ganz rausschneiden, wurden allerdings nicht erfüllt.
Außerdem bestand Lucas darauf, dass "Star Wars" "kein religiöses Event" sei, sondern "ein Film, einfach nur ein Film", bei dem er mittels der nachträglichen Änderungen Verwirrung entgegenwirken wollte. Das war auch seine Intention, als er Greedo in der berühmten Cantina-Szene mit Han Solo den ersten Schuss abfeuern ließ. In der Original-Version des Films wird Han Solo (Harrison Ford) in einer Bar von dem Kopfgeldjäger Greedo gestellt, kann aber unbemerkt seine Waffe ziehen und den Gegner mit einem Schuss unter dem Tisch hindurch ausschalten. Diese Szene war lange Zeit wesentlicher Bestandteil des Kults um die Filmfigur des Han Solo, zeigt sie doch den charmanten, aber doch skrupellosen und egoistischen Charakter eines Schmugglers, der alles tut um seine eigene Haut zu retten und erst durch die Bekanntschaft mit Luke, Leia und Co. zu einem wirklichen Sympathieträger wird. Seine konsequente, weil kaltblütige Selbstverteidigung wird durch die nachträgliche Änderung der Szene verwässert und teilweise lächerlich gemacht, da Lucas Greedo (der Solo fast 2 Minuten direkt gegenüber sitzt und seine eigene Waffe auf den Tisch gestützt direkt auf den Schmuggler richtet) nun eindeutig zuerst schießen lässt – und das einen halben Meter neben Solos Kopf. Der feuert daraufhin nur in Notwehr und hat seine Waffe wohl zuvor aus blanker Vorsicht gezogen.
Lucas hingegen bekräftigte im Gespräch mit dem Hollywood Reporter, dass Han schon immer nur zweiter Schütze war und er diese Tatsache einfach verdeutlichen wollte, weil die Fans der Filme offensichtlich über die Nicht-Eindeutigkeit der Szene verwirrt waren. Der "Star Wars"-Regisseur hat aber das gute Recht auf inhaltliche und technische Änderungen seiner Filme, immerhin sind sie sein geistiges Eigentum und Lebenswerk. Für ihn stellen diese Updates mit Sicherheit auch tatsächliche Verbesserungen dar. Abgesehen davon sind sie natürlich kommerziell äußerst ergiebig. Für viele Fans sind sie hingegen Ärgernisse, die der Geschichte ihre Vielschichtigkeit rauben, sie verfremden und der finanziellen Ausschlachtung dienen. Das wurde schon in der Dokumentation "The People vs. George Lucas" thematisiert.
Warum er nicht einfach die alte, unveränderte Original-Version der ersten Trilogie (oder wenigstens die erste Update-Variante aus den 1990er Jahren, ohne den jungen Hayden Christensen am Ende von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter") auf DVD und BluRay veröffentlicht, wird wohl sein großes Geheimnis bleiben. Der Markt dafür wäre da und der ewige Frieden mit den Fans wohl auch gesichert.