
Wer das hat kommen sehen, dem dürften auch im Glücksspiel die Karten gewogen sein: Die für ihr Experimentalkino gefeierte deutsche Filmemacherin Ulrike Ottinger („Bildnis einer Trinkerin“, „Freak Orlando“) hat die französische Schauspielikone Isabelle Huppert („Elle“, „Die Klavierspielerin“) davon überzeugen können, in die Rolle der berüchtigten Gräfin Elisabeth Báthory zu schlüpfen — einer realen ungarischen Serienmörderin aus dem 16. Jahrhundert. An die Seite der ‚Grande Dame‘ des Gegenwartskinos gesellt sich mit Lars Eidinger („Sterben“, „Babylon Berlin“) zudem einer der größten Stars Deutschlands. Dies berichtet das Branchenmagazin Variety exklusiv.

Ottinger, die in ihrer Karriere immer wieder die Grenzen des Absurden austariert hat, besitzt in der Tat das, was heutzutage überall händeringend gesucht wird: eine wiedererkennbare Handschrift. Und zeigt sich überzeugt von ihrem Projekt: „Dies ist der richtige Zeitpunkt für die Blutgräfin, aus ihrem tiefen Schlaf zu erwachen", wird die Regisseurin in Variety zitiert. Schließlich stehe die Welt Kopf, so die Altmeisterin.
Nobelpreisträgerin am Drehbuch beteiligt
Für das Drehbuch fand Ottinger in der österreichischen Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek („Die Klavierspielerin“) eine passende Kollaborateurin. Neben Eidinger und Huppert sind unter anderem Birgit Minichmayr („Das weiße Band“, „Alle anderen“), Thomas Schubert („Roter Himmel“) und Karl Markovics („A Hidden Life“) zu sehen.
Mit dem preisgekrönten Kameramann Martin Gschlacht („Des Teufels Bad“) und der renommierten Kostümbildnerin Christina Schaffer („Das Mädchen mit dem Perlenohrring“) ist auch hinter der Kamera für Expertise gesorgt.

Vom Ungarn des 16. Jahrhunderts ins heutige Wien — darum geht es in "Die Blutgräfin"
Beschrieben wird der Vampirfilm als die Geschichte der "Blutgräfin" Báthory (gespielt von Huppert), die nach jahrhundertelangem Schönheitsschlaf im modernen Wien erwacht. Gemeinsam mit ihrer treuen Dienerin begibt sie sich auf eine barocke Suche nach dem roten Lebenselixier. Dabei werden beide von einer skurrilen Gruppe verfolgt: einem vegetarischen Neffen, seinem Psychotherapeuten und zwei Vampirologen.
Wer frühere Ottinger-Filme gesehen hat, dem dürfte diese skurrile Art der Figurenkonstellation nicht gänzlich fremd vorkommen. Von Seiten des Studios wird der Film als „höchst visuelle, narrative Schnitzeljagd“ bezeichnet, die „spielerisch mit Geschichte, Moderne, Humor und Stil“ umgehe.
Wer war die Blutgräfin?
Und für die Geschichtsinteressierten, die sich näher mit der historischen Elisabeth Báthory vertraut machen wollen, bleibt festzuhalten, dass die mitunter auch als ‚Blutgräfin‘ bekannt gewesene ungarische Adlige Mitte des 16. Jahrhundert geboren wurde und Zeit ihres Lebens allerhand Geschichten (oder Legenden?) inspirierte, deren Wahrheitsgehalt umstritten ist. So soll sie zwischen 1590 und 1610 zusammen mit vier Dienern etwa Hunderte junger Frauen gefoltert und ermordet haben. Nach ihrer Verhaftung 1610 wurden ihre Diener hingerichtet, während sie selbst bis zu ihrem Tod 1614 unter Hausarrest gestellt wurde.
Unter modernen Historikern gilt die Schuldfrage indes alles andere als geklärt. Einige vermuten im Prozess gegen Báthory vielmehr eine politische Intrige, schließlich war sie als protestantische Adlige mit enormem Landbesitz den katholischen Habsburgern ein Dorn im Auge. Die berühmte Legende, sie hätte zur Bewahrung ihrer Jugend etwa in Jungfrauenblut gebadet, tauchte erst über hundert Jahre nach ihrem Tod auf. Inwieweit sich auch die „Die Blutgräfin“ mit dieser Legendenbildung befasst, bleibt abzuwarten.
Ottingers Blutgräfin dürfte somit eine gänzlich andere Richtung als etwa Robert Eggers Erfolgsfilm „Nosferatu - Der Untote“ aus dem Vorjahr einschlagen. Im Rahmen der PR-Tour kam Eggers dann auch genauer auf die Art Filme zu sprechen, die er niemals machen wolle. Mehr dazu hier:
"Es macht mich krank!": Diese Filme will "Nosferatu"-Regisseur Robert Eggers niemals inszenieren