Erleben wir eine Wiedergeburt der klassischen Kino-Monster? Zum Kinostart von "Wolf Man" sprechen wir mit Julia Garner & Chris Abbott
Stefan Geisler
Stefan Geisler
-Redakteur
"Tanz der Teufel 2" und ein manisch-lachender Bruce Campbell haben Stefans Horror-Herz gestohlen. Seitdem kann er nicht mehr ohne: "Der Babadook", "Halloween" und "The Lords of Salem" - Horrorfilme gehören für Stefan einfach zu einem guten Filmabend.

Am 23. Januar 2025 ist „Wolf Man“ in den deutschen Kinos gestartet. FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hat mit Julia Garner und Chris Abott über die aufwändige Masken-Arbeit und den aktuellen Schock-Faktor klassischer Filmmonster gesprochen.

Universal Pictures

Nachdem Leigh Whannell mit „Der Unsichtbare“ die radikale Modernisierung eines klassischen Kino-Monsters gelungen ist, knöpft er sich nun mit „Wolf Man“ den nächsten Horror-Klassiker aus dem Hause Universal Pictures vor. Diesmal wird Christopher Abbott („Girls“) zum furchterregenden Werwolf, der Leib und Leben seiner Familie bedroht, die mit ihm in einer Hütte die Nacht verbringen muss. Auf Hilfe können sie nicht hoffen, denn sie befinden sich in einem wenig besiedelten Landstrich, irgendwo im Nirgendwo.

FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hatte die Möglichkeit, das Hauptdarsteller-Duo Julia Garner („The Royal Hotel“) und Chris Abbott zum virtuellen Interview zu treffen. Mit ihnen hat er über die Renaissance des klassischen Monster-Kinos und die handgemachten Spezialeffekte im Film gesprochen. Doch zuerst hat uns Julia Garner mit einer ungewöhnlichen Sichtweise auf das Fressverhalten von Werwölfen beeindruckt. Sind sie vielleicht gar keine Monster, sondern selbst nur Opfer ihres Blutzuckerspiegels?

Müssen gemeinsam irgendwie die Nacht überstehen: Charlotte (Garner) und Blake (Abbott) Universal Pictures
Müssen gemeinsam irgendwie die Nacht überstehen: Charlotte (Garner) und Blake (Abbott)

FILMSTARTS: Sind Werwölfe für euch noch immer furchterregende Kreaturen oder haben Bücher und Filme wie „Twilight“ oder „Harry Potter“ die klassischen Monster ihres Schockfaktors beraubt?

Julia Garner: [lacht] Ich meine, es kommt darauf an, was im Leben des Werwolfs vor sich geht. Sind sie hungrig? Haben sie vielleicht gerade einen geringen Blutzucker und müssen bald wieder fressen? Ich mache natürlich nur Spaß. Für mich haben diese Monster noch immer etwas sehr Cooles an sich. Ich liebe auch die Vorstellung, dass sich ein Mensch in ein unkontrollierbares Monster verwandelt. Auf eine seltsame Art und Weise fühlt es sich doch sehr real an, wenn sich Dinge der eigenen Kontrolle entziehen.

Chris Abbott: Ich bin jetzt älter und zudem im Filmgeschäft tätig. Die Magie eines Films oder der Grusel eines Horrorfilms ist für mich oft verloren, weil ich mir einfach zu sehr bewusst bin, wie sich die Zahnräder drehen. Aber nein, ich glaube nicht, dass diese Monster ihren Grusel verloren haben. Es gibt immer neue Wege, eine Geschichte zu erzählen. Themen wiederholen sich. Es ist nur die Frage, wie man sie erzählt. Es gibt immer Raum, solange es neue Sichtweisen gibt.

FILMSTARTS: Gibt es inzwischen vielleicht sogar so etwas wie eine Renaissance der klassischen Horrorfiguren? Vor ein paar Jahren die Neuauflage von „Der Unsichtbare“. Vor Kurzem erst kam Robbert Eggers „Nosferatu“ in die Kinos und nun Werwölfe in „Wolf Man“.

Chris Abbott: Es hat zumindest den Anschein, nicht wahr? Ich meine, man weiß nie, wann und warum Dinge wieder populär werden. Ich denke immer an die Buddy-Cop-Filme der 90er-Jahre. Es gab einfach so viele Buddy-Cop-Filme. Manchmal passiert im kollektiven Unterbewusstsein etwas und die Leute sind von einer Idee oder einem Thema begeistert. Und manchmal finden sich auch Wege, um ein bekanntes Thema neu zu erzählen. Neben den Vampirfilmen gibt es beispielsweise eine Reihe von Vampirkomödien wie „5 Zimmer Küche Sarg“. Also vielleicht folgt nach diesem Film eine Werwolf-Komödie.

FILMSTARTS: Was hat euch an „Wolf Man“ überzeugt?

Julia Garner: Die Leute, die an dem Film beteiligt waren. Die sind einfach großartig. Und als ich dann das Drehbuch gelesen hatte, wusste ich, dass ich dabei sein möchte. So etwas hatte ich noch nicht auf der Leinwand gesehen. Die Geschichte wird anders erzählt als in den bisherigen Werwolf-Filmen – und es gibt viele Action-Sequenzen.

Chris Abbott: Ein paar Dinge. Ich habe das Drehbuch gelesen und dann habe ich mich mit Leigh [Whannell] getroffen und gehört, wie er darüber gesprochen hat. Ich hatte Leighs Filme vorher gesehen und wusste, dass er seine eigene Art entwickeln würde, an das Thema heranzugehen. Und dann zeigte er mir die Masken-Entwürfe von Arjen [Tuiten], dem Prothetik-Designer. So wusste ich, wie die Kreatur aussehen würde, und das war für mich das letzte Argument, weil ich den Look wirklich liebe. Er hat etwas sehr Tragisches an sich und das hat mich irgendwie angezogen. Ich weiß nicht, ob ich dabei gewesen wäre, wenn alles nur digitale Effekte gewesen wären. Aber es so echt zu machen, fand ich toll. Es ist wie eine Ode an die alten Filme.

Eine der heftigsten Szenen des Films: Blake nagt an seinem eigenen Arm Universal Pictures
Eine der heftigsten Szenen des Films: Blake nagt an seinem eigenen Arm

FILMSTARTS: Chris, wie war es, jeden Tag die Verwandlung durchzumachen? Wie viele Stunden hast du in der Maske verbracht?

Chris Abbott: Es gibt verschiedene Stadien der Verwandlung. Je nachdem, in welcher Phase wir waren, irgendwas zwischen zweieinhalb und siebeneinhalb Stunden.

FILMSTARTS: Siebeneinhalb Stunden?!

Chris Abbott: Es ist es ein anstrengender Prozess. Aber so hart es auch war, ist es das wert, weil es praktisch und greifbar ist.

FILMSTARTS: Wie war es, Chris in der Maske zu erleben? Hat das dein Zusammenspiel mit ihm beeinflusst?

Julia Garner: Ich hatte eine Vorstellung davon, wie sie aussehen würde. Aber sie dann das erste Mal real zu sehen, war verrückt. Chris verwandelte sich immer mehr. Am Anfang war noch Blake zu erkennen und am Ende war er dann ein richtiger Wolf. Es war schon seltsam, weil Chris die Prothesen und Haare hatte, aber seine Augen waren immer noch seine. Es waren noch immer die Augen von Chris.

So eine Maske macht das Gefühl am Set immer komplett. Genauso wie das Kostüm oder die Requisiten. All diese Dinge tragen dazu bei. Dann schauspielert man auch nicht so sehr. Und das ist ja immer das Ziel beim Spielen. Dann hat die eine Kamera die Möglichkeit, einen echten Moment einzufangen.

FILMSTARTS: Ist nicht die eigentliche Tragödie des Films, dass Blake und Charlotte die Chance auf einen Neuanfang verwehrt bleibt?

Julia Garner: Es ist eine Tragödie. Ich glaube, es gibt nichts Traurigeres als den Tod eines potenziellen Paares. Manchmal wollen Menschen wirklich eine Verbindung aufbauen, aber sie wissen nicht wie oder ihr Ego steht ihnen im Weg. Als sie begriffen haben, was falsch läuft, war es zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt ist er überhaupt nicht mehr Blake. Er ist nur noch ein Wolf. Und Charlotte ist gezwungen, das zu tun, was für ihre Familie das Beste ist.

Charlotte muss ihre Tochter vor Werwolf-Blake schützen Universal Pictures
Charlotte muss ihre Tochter vor Werwolf-Blake schützen

FILMSTARTS: Ist Blake nicht eine zutiefst tragische Figur? Er ist arbeitslos und auf der Suche nach seiner Rolle im Leben und der Familie und leidet unter der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Ist diese Unzufriedenheit mit sich auch ein Faktor, der das Monster hervorbringt?

Chris Abbott: Das ist eine gute Frage. Wir als Zuschauer verbringen nicht allzu viel Zeit mit Blake, bevor die Dinge anfangen, schiefzulaufen. Wir bekommen einen kurzen Eindruck von seiner Beziehung zu seiner Frau und seiner Tochter. Das ist der Punkt, an dem man ihn wirklich sieht, man erlebt ihn als eine Art liebenden Vater, der sich sehr um seine Tochter kümmert. Und das ist der Grundstein für die unvermeidliche Tragödie, die sich abspielen wird, während er langsam verschwindet.

Es ist eine sehr unwirkliche, fantastische Sache, die da passiert, aber sie doch nachvollziehbar. Denn trotz der Tragödie geht das Leben von allen irgendwie weiter. Jeder hat normale Probleme. Doch was ist, wenn sich eines Tages alles ändert? Wenn eine Krankheit plötzlich zuschlägt? Für Blake ist die Krankheit, dass er langsam zum Wolf wird.

FILMSTARTS: Hat das Ende einen tragischen oder einen hoffnungsvollen Unterton? Trotz all der Tragik dieser dramatischen Nacht hat Blake bis zum Schluss seine Familie beschützt. Er ist also nie vollständig zum Monster geworden.

Julia Garner: Ich denke, ihre Tochter weiß, dass niemand schuld ist. Es ist bedauerlich, dass die letzten Erinnerungen an ihren Vater auf diese Weise entstanden sind, aber sie weiß, dass er krank war. Ich habe es immer so gesehen, als wenn bei jemandem eine unheilbare Krankheit diagnostiziert wird. Das ist etwas, das außerhalb der eigenen Kontrolle liegt. Mutter und Tochter sind am Ende des Films nicht mehr dieselben Personen, die sie einmal waren.

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