Alle Jahre wieder zum Fest der Liebe laufen im TV und bei den Streamingdiensten lieb gewonnene (Familien-) Filme, von denen einige längst Kultstatus erlangt haben. Weihnachtsklassiker, auf die man sich jedes Jahr aufs Neue freut und die sich wunderbar zur Einstimmung auf die Adventszeit eignen. Zu diesen Werken zählt für mich die turbulente Weihnachtskomödie „Schöne Bescherung“ des kanadischen Regisseurs Jeremiah S. Chechik.
Pünktlich zum Fest startete die Produktion am 1. Dezember 1989 in den US-Kinos, während er in Deutschland stattdessen gleich auf VHS erschien. Der Film ist heute vermutlich weniger bekannt als andere Weihnachtsfilme der späten 80er-Jahre – oder solche, die durch die jährliche TV-Wiederholung allmählich zu Adventsklassikern wurden, darunter „Die Geister, die ich rief“ oder auch „Stirb Langsam“. Doch zählt er für mich zu den lustigsten und einfallsreichsten Weihnachtsfilmen überhaupt. Ein Werk, das beweist, dass Weihnachtsfilme nicht mit zuckersüßem Kitschfaktor versehen und übertrieben andächtig sein müssen.
Ihr wollt euch davon auch überzeugen? Dann müsst ihr nur heute Abend den Fernseher einschalten: „Schöne Bescherung“ läuft am 12. Dezember 2024 um 20.15 Uhr bei VOX. Außerdem ist der Film bei WOW* und bei Amazon Prime Video im Abo zu finden:
Komödien-Profis vor und hinter der Kamera
Statt voll auf Kitsch zu setzen, geht es in „Schöne Bescherung“ heiter, klamaukig und auch ein wenig anarchisch zu. Es ist der dritte Film rund um die chaotische Familie Griswold. Schon die beiden Vorgänger „Die schrillen Vier auf Achse“ (1983) und „Hilfe, die Amis kommen“ (1985) hatten eine große Fangemeinde und entwickelten sich zu US-Kassenhits. Die Hauptrolle übernahm erneut Chevy Chase, einer der großen Komiker und Publikumslieblinge im Komödienkino der 80er-Jahre.
Und mit John Hughes verfasste ein echter Experte für familienfreundliche Unterhaltung das Drehbuch. Hughes hatte bereits die Skripte für Filme wie „Ein Ticket für Zwei“ und „Allein mit Onkel Buck“ geschrieben. Ein Jahr nach „Schöne Bescherung“ gelang ihm sein größter Erfolg als Produzent und Autor: „Kevin - Allein zu Haus“. Alle Elemente und Zutaten, die „Kevin - Allein zu Haus“ so stark und an den Kassen so erfolgreich machten, brachten Hughes und Chase ein Jahr zuvor in „Schöne Bescherung“ auf geniale Art zusammen.
Darum geht’s in "Schöne Bescherung"
Clark „Sparky“ Griswold (Chevy Chase) und seine Frau Ellen (Beverly D’Angelo) wollen das diesjährige Weihnachtsfest mit der ganzen Familie feiern. Während der Planungen zum großen Fest geht aber natürlich ebenso viel schief wie an Heiligabend selbst – die weihnachtliche Familienfeier scheint von Beginn an also unter keinem guten Stern zu stehen.
Diese Erfahrung machen die Griswolds bereits bei der Suche nach einem Weihnachtsbaum. Da Clark die Säge vergessen hat, muss die Familie den Baum eigenhändig entwurzeln. Zu Hause stellen sie fest: Der Baum ist viel zu mächtig und riesig, zerbrochene Fensterscheiben und Einrichtungsgegenstände sind die Folge. Später verbrauchen die 25.000 „importierten italienischen Glühlampen“, die Clark am und auf dem Haus angebracht hat, so viel Energie, dass die Stromversorgung der ganzen Stadt zusammenbricht. Nur zwei Beispiele dafür, was während der Vorbereitungen so alles misslingt...
Ein wilder Haufen sorgt für Familienchaos unterm Baum
Unterdessen trudelt die (un)geliebte Sippschaft allmählich im Hause Griswold ein. Darunter Clarks Schwiegervater, die schwerhörige Tante und Cousin Eddie (Randy Quaid), der mit seinem Benehmen den Ärger der anderen auf sich zieht. Was folgt, ist ein schrilles, aus dem Ruder laufendes Weihnachtsfest, beim dem schiefgeht, was nur schiefgehen kann. Ein ungenießbarer Truthahn, ein brennender Weihnachtsbaum, die geröstete Miezekatze und eine Entführung sind dabei nur die Spitze des Eisbergs dieser völlig durchgeknallten Weihnachtsfeier der etwas anderen Art.
Schon der charmante, animierte Vorspann liefert ein Vorgeschmack auf das, was den Zuschauer in den folgenden 90 Minuten alles erwartet. Darin sehen wir einen tollpatschigen Weihnachtsmann, dem beim Ausliefern der Geschenke allerlei Missgeschicke passieren.
"Schöne Bescherung" profitiert von einem eingespielten Hauptdarsteller-Duo
Im Vorspann stellen sich auch schon jene Fremdschäm-Momente ein, über die sich das Publikum später im Film dank Clark Griswold erneut freuen darf – seiner unbeholfenen, ungeschickten Art sei Dank. Dennoch, oder gerade deshalb, schließt man Clark schnell ins Herz. Man kann diesem schussligen Zeitgenossen, wie gewohnt mit viel Hingabe und vollem Körpereinsatz von Chevy Chase verkörpert, einfach nicht böse sein.
Denn hinter seinen peinlichen Aktionen und all den Missgeschicken stehen ein ehrenwertes Vorhaben und durchweg sympathisches Ziel: Er will seiner Familie ein unvergessliches Fest bereiten. Immer wieder nimmt sich der Film bei all dem Klamauk und der gut getimten Comedy so auch Zeit für stille, nachdenkliche Momente – in denen Chase die Sensibilität und Verletzlichkeit seiner Figur herausarbeitet. Das zeigt sich etwa in den Gesprächen mit seinem Vater und mit Eddies Tochter, in denen sich Clark als empathischer und einfühlsamer Familienmensch offenbart, der für alle nur das Beste will.
So plump und derb Clark und nicht zuletzt Eddie in vielen Szenen auftreten, so zurückhaltend und überlegt agiert Ellen, fantastisch verkörpert von Beverly D’Angelo. Mit subtilem Witz und leiser Ironie ist sie der ruhende Pol der Familie, sie sorgt für Entschleunigung und bringt Ordnung ins Chaos. Zudem steht sie immer an Clarks Seite – selbst wenn er einmal mehr für Turbulenzen sorgt oder während eines cholerischen Anfalls (eine der berühmtesten Szenen des Films) wutentbrannt die Weihnachtsdeko im Garten zerstört. Man merkt Chase und D‘Angelo an, dass sie schon häufiger gemeinsam vor der Kamera standen. Das Zusammenspiel ist wunderbar, die Chemie stimmt.
Liebeserklärung an Klassiker der Filmgeschichte
Drehbuchautor Hughes und Regisseur Jeremiah S. Chechik, für den „Schöne Bescherung“ das Spielfilmdebüt war, verlassen sich abseits der wenigen ruhigen Momente ganz auf den Slapstick-artigen Humor und den ätzenden Sprachwitz der vorherigen Griswold-Filme. Ein Beispiel: In einer Szene verteidigt Tochter Audrey (Juliette Lewis in ihrem zweiten Kinofilm) ihren Vater und sagt: „Dad hat sich doch so viel Mühe gegeben“. Die Antwort des miesepetrigen Schwiegervaters: „Das tun Waschmaschinen auch.“ Rotzige, schnodderige Kommentare wie diese finden sich in „Schöne Bescherung“ reihenweise.
Die körperbezogene Komik wirkt aus heutiger Sicht in machen Szenen vielleicht leicht übertrieben, doch verhält es sich bei Meistern des Slapsticks wie Charlie Chaplin oder Buster Keaton nicht viel anders. Diese Art des Humors setzt bewusst auf Übertreibung und Überspitzung. Sie muss ganz ohne Worte auskommen. Schließlich reicht Slapstick zurück in die Ära der Stummfilmzeit, in der Filme von der Körpersprache der Darsteller, von deren Gestik und Mimik lebten. „Schöne Bescherung“ huldigt dieser Zeit.
Überhaupt ist „Schöne Bescherung“ bei genauerer Betrachtung gespickt mit klug und unerwartet in die Handlung eingebauten Verweisen auf Klassiker der Film- und Kinogeschichte. Von „Ist das Leben nicht schön?“ und „Lethal Weapon“ über „Freitag, der 13.“ bis zum „Texas Chainsaw Massacre“ – Hughes und Chechik verstehen es brillant, mal mehr, mal weniger subtil Anspielungen auf diese und andere Filme in ihr Werk einzubauen. Für Films-Fans und -Kenner ist es eine wahre Freude, sich auf die Suche danach zu begeben. Ebenso wie es für mich eine Freude ist, mir alle Jahre wieder diese schräge und beschwingte, aber im Kern doch so warmherzige und charmante Komödie in Einstimmung auf Weihnachten anzusehen.
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