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    "Ich glaube, so oft werde ich das nicht mehr machen": FILMSTARTS-Interview mit Tom Schilling zum Netflix-Start von "Achtsam Morden"
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Pascals Lieblingsserien sind „The Wire“ und „Sons Of Anarchy“. Bei "Hör mal wer der hämmert" und "Eine schrecklich nette Familie" bleibt er aber auch regelmäßig hängen.

    Mit „Achtsam Morden“ ist auf Netflix kürzlich die Adaption des gleichnamigen Bestsellers von Karsten Dusse erschienen. FILMSTARTS-Redakteur Pascal Reis hatte das Vergnügen, ein Interview mit Hauptdarsteller Tom Schilling zum Serien-Start zu führen.

    Mit der Serie „Achtsam Morden“ hat sich Netflix dem gleichnamigen Bestseller-Roman von Karsten Dusse angenommen. Im Mittelpunkt steht hier der Staranwalt Björn Diemel, der eher widerwillig an einem Achtsamkeitsseminar teilnimmt – und danach tatsächlich eine unverhoffte Veränderung in seinem Leben erkennt. Denn wie Björn schon bald feststellt, kann er innere Ruhe und äußere Harmonie auch durch das Morden erfahren!

    Anlässlich des Starts von „Achtsam Morden“ hat FILMSTARTS-Redakteur Pascal Reis Hauptdarsteller Tom Schilling („Werk ohne Autor“) zum Interview getroffen. In ihrem Gespräch geht es nicht nicht nur um die Gründe, warum sich der Schauspieler für das Projekt an sich begeistern konnte, auch wird die Frage geklärt, wie Tom Schilling zum Seriengeschäft im Allgemeinen steht...

    FILMSTARTS: Bist du im Zuge der Vorbereitungen auf die Rolle oder während der Dreharbeiten zu einem achtsameren Menschen geworden?

    Tom Schilling: Ich fürchte nicht (lacht).

    FILMSTARTS: Weil du vorher schon achtsam warst?

    Tom Schilling: Nein (lacht). Weil ich vorher schon genauso faul war wie jetzt auch. Es braucht ja auch ein bisschen Arbeit, diese Achtsamkeit. Das ist wie eine Art Workout. Da gibt es einfach so viele andere Dinge, die mich interessieren oder die ich für mich als wichtiger erachte. Oder mit anderen Worten: Mir geht es noch nicht schlecht genug, dass ich die Tools aus der Serie ausgraben müsste, um ein bisschen besser zu mir selbst zu finden.

    Tom Schilling im Interview mit FILMSTARTS.de Netflix
    Tom Schilling im Interview mit FILMSTARTS.de

    FILMSTARTS: Du hast in unserem letzten Interview gesagt, dass du es liebst, Komödien zu drehen, dass du es liebst, Thriller zu drehen und dass du es liebst, mit Kindern zusammenzuarbeiten. „Achtsam Morden“ verbindet ja jetzt all das. War das für dich der Hauptgrund, die Serie zu machen?

    Tom Schilling: Ja, doch, das kann man schon so sagen. Dinge, die eine komödiantische Note haben, machen mir schon unglaublich viel Spaß. Wobei ich gar nicht weiß, wie komödiantisch „Achtsam Morden“ denn eigentlich geworden ist.

    FILMSTARTS: Ziemlich komödiantisch.

    Tom Schilling: Ja? Cool. Das freut mich natürlich. Diese ganz schweren Stoffe (atmet angestrengt durch) habe ich schon so oft gedreht. Also zum Beispiel „Woyzeck“, der dann noch seine Frau umbringt...

    FILMSTARTS: Würdest du inzwischen sagen, dass es für dich eine größere Herausforderung darstellt, ernste Stoffe anzugehen? Fallen dir Komödien einfach leichter?

    Tom Schilling: (überlegt) Nein, die fallen mir nicht leichter. Es gibt leider gar nicht so viele lustige gute Komödien-Stoffe, sonst würde ich viel mehr drehen. Nicht viele Regisseure treffen den Ton, den ich mag. Alireza Golafshan von die „Die Goldfische“ ist so einer.

    FILMSTARTS: Das war in dem Fall dann ja auch eine reine, klassische Komödie.

    Tom Schilling: Ganz genau! Mit sehr lustigen Leuten am Set, die ein komödiantisches Gespür haben und ein geiles Timing, wie Axel Stein zum Beispiel. Das ist einfach der Knaller.

    Wie viel Björn Diemel steckt in Tom Schilling?

    FILMSTARTS: Die Geschichte von „Achtsam Morden“ funktioniert ja auch nach Genre-Regeln und die ganze Gangster-Sache findet so hoffentlich in den allerwenigsten Leben statt. Dein Björn Diemel bleibt aber trotzdem eine sehr greifbare, lebensnahe Figur mit vertrauten Sorgen und Zivilisationskrankheiten. Wie stark hast du dich in der Figur wiedererkannt?

    Tom Schilling als Björn Diemel in Netflix
    Tom Schilling als Björn Diemel in "Achtsam Morden"

    Tom Schilling: Eigentlich gar nicht so sehr, außer dass wir beide berufstätig sind, ich habe drei Kinder, er hat nur eins, natürlich hat man immer das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben. Aber es stimmt schon, er ist ja irgendwie auch dieser Jedermann, den ich auch total gerne spiele. Diesen Typen, mit dem sich jeder identifizieren kann. Der die Probleme im Büro hat, die wir alle kennen. Der sich wünscht, mindestens einmal im Jahr in den Urlaub zu fahren, und der am Wochenende gerne mit seinen Freunden grillt.

    Solche Figuren spiele ich einfach gerne. Wir dürfen aber trotzdem nicht vergessen, dass der Björn wahnsinnig privilegiert ist. Seine Familie lebt ja nicht einfach nur in einem Haus, sondern in einem sehr, sehr großen Haus, er fährt ein sehr, sehr großes Auto und hat so letztlich auch Sorgen, die ganz viele andere Menschen nicht haben – nämlich diesen hohen Standard zu halten und trotzdem Zeit für die Familie zu haben.

    FILMSTARTS: Ich habe gedacht, dass dieses ganze Thema um Work-Life-Balance und sich Zeitinseln schaffen bei dir aktuell von größerer Bedeutung ist. Auch wegen „Eine Million Minuten“, der ja die gleichen Themen behandelt.

    Tom Schilling: Ich glaube, es beschäftigt eher die Gesellschaft und diese Themen wiederum werden von den Filmemachern aufgegriffen. Und weil die Produktion von Filmen sehr lange dauert, kommt es manchmal auch zu Überschneidungen. Die Serie „Achtsam Morden“ und „Eine Million Minuten“ sollten eigentlich parallel gedreht werden. Ich hätte mich also entscheiden müssen. Netflix hat dann aber mit dem Head-Autor Doron Wisotzky ein halbes Jahr an den Büchern gearbeitet, was sich wirklich gelohnt hat. Deswegen habe ich in diesem Jahr zwei Stoffe gemacht, die eigentlich das Gleiche verhandeln. Ich glaube, so oft werde ich das auch nicht mehr machen.

    FILMSTARTS: Na mal gucken.

    Tom Schilling: (grinst) Stimmt, mal gucken.

    Woher rührt die Liebe zur Literaturverfilmung?

    FILMSTARTS: Wenn man einen Blick in deine Filmografie wirft, stellt man schnell fest, dass du zuletzt vor allem Romanverfilmungen gemacht hast: „Fabian“, „Der Pfau“, „Das fliegende Klassenzimmer“, jetzt „Achtsam Morden“. Wie wichtig ist es für dich, auch mit den jeweiligen Vorlagengebern oder Vorlagengeberinnen zu sprechen? Hast du dich im Fall von „Achtsam Morden“ mit Karsten Dusse getroffen?

    Tom Schilling: Nein. Karsten Dusse wollte gar nicht involviert sein. Ich glaube, er hat die Serie bis jetzt nicht gesehen. Aber ich bin voller Bewunderung und Dankbarkeit für diese tolle Vorlage. Im Roman sind schon ganz viele Sachen angelegt und man kann mit dieser Buchreihe einfach so gut arbeiten, es ist alles so filmisch und dialogstark. Karsten Dusse kann halt echt szenisch schreiben. Es ist ein großes, großes Geschenk.

    Tom Schilling im Interview mit FILMSTARTS.de Netflix
    Tom Schilling im Interview mit FILMSTARTS.de

    FILMSTARTS: Hast du dich sofort in der Rolle des Björn gesehen, als du das Buch gelesen hast?

    Tom Schilling: Ja, doch. (lacht) Ich würde sagen, dass ich inzwischen weiß, was meine Rollen sein könnten. Und ich würde sagen, die Rolle des Björn war eine, die zu mir passt. 

    FILMSTARTS: Wo liegt der Unterschied, eine Serie zu drehen und einen Film zu drehen. Bei „Achtsam Morden“ hast du ja zum Beispiel mit mehreren Regisseuren und Regisseurinnen an einem Projekt gearbeitet. Macht das einen großen Unterschied?

    Tom Schilling: Ja. Ich weiß gar nicht, wann man dazu übergegangen ist, aber irgendwann haben die Streamer damit angefangen, Serien auf mehrere Regie-Schultern zu verteilen. Es hat natürlich den großen Vorteil, dass ein Regisseur dreht und der andere bereits im Schneideraum arbeiten kann. Dadurch wird die Fertigungsphase verkürzt. Für den kreativen Prozess glaube ich, ist es nicht immer hilfreich. Da muss man schon sehr, sehr eng zusammenarbeiten und genau wissen, wohin man will.

    FILMSTARTS: Gab es beim kreativen Prozess für dich Probleme bei „Achtsam Morden“?

    Tom Schilling: Ja, doch. Hier und dort. Ach, naja. (lacht) Am Ende sieht man der Arbeit die Probleme und Schwierigkeiten nicht an und es interessiert auch niemanden.

    Für diese Serien brennt Tom Schilling

    FILMSTARTS: Bist du denn selber Serienfan und binged dir gelegentlich die Nächte um die Ohren?

    Tom Schilling: Nur von den guten.

    FILMSTARTS: Zum Beispiel?

    Tom Schilling: Ich bin Riesenfan von „The White Lotus“. Das ist genau mein Humor.

    FILMSTARTS: Da kommt ja dann auch die dritte Staffel.

    Tom Schilling: Ach, es kommt eine dritte Staffel? Wie herrlich. Die Serie verbindet wirklich alles, was ich toll finde. Humor, Psychologie, Awkwardness. Das sind drei Komponenten, die ich ganz toll finde. Und dieses sehr genau auf Figuren und Menschen mit ihren liebenswürdigen Eigenheiten zu gucken. Ich mag aber auch sehr gerne die „Ripley“-Serie von Steven Zaillian auf Netflix. Oder die Serie, die er davor gemacht hat, „The Night Of“ mit John Turturro. Also diesen Hyperrealismus. Finde ich supergeil. Oder auch „The Kominsky Method“ mit (überlegt)...

    FILMSTARTS: Mit Michael Douglas?

    Tom Schilling: Genau, Michael Douglas und Alan Arkin.

    Tom Schilling und FILMSTARTS-Redakteur Pascal Reis Pascal Reis
    Tom Schilling und FILMSTARTS-Redakteur Pascal Reis

    Sehen wir Tom Schilling noch einmal als Björn Diemel?

    FILMSTARTS: Jetzt kommt die große Frage.

    Tom Schilling: Oha.

    FILMSTARTS: Bislang umfasst die „Achtsam Morden“-Reihe fünf Bücher. Hast du Lust, noch einmal in die Rolle von Björn Diemel zurückzukehren?

    Tom Schilling: Ja, ich mag ihn sehr gerne. Ich würde das richtig toll finden. Die adaptierten Bücher müssen das natürlich auch tragen. Ich bin kein Freund davon, etwas ewig weiterzuführen, wenn man eigentlich nur auf der Stelle tritt. Deswegen ist „The White Lotus“ ja so ein tolles Beispiel, denn die zweite Staffel ist ja fast stärker als die erste. Es muss also auf dem gleichen Niveau bleiben oder eher noch höher gehen. Das muss der Anspruch der Macher sein, auch für das Publikum.

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