Er prägte das Blockbusterkino mit „Indiana Jones“, „Der weiße Hai“, „Jurassic Park“ und vielen weiteren Kassenschlagern. Er formte mit „E.T.“ Kindheitserinnerungen. Und er machte Geschichte erlebbar, etwa mit dem Kriegsfilmklassiker „Der Soldat James Ryan“. Mit seinem jüngsten Werk aber offenbarte Regisseur Steven Spielberg die Familiengeschichte, die ihn zu dem gemacht hat, was er ist.
Erwartungsgemäß wurde „Die Fabelmans“ für zahlreiche prestigeträchtige Preise nominiert und erhielt passioniertes Lob von der Filmpresse. Doch Spielbergs gewohnter Publikumserfolg blieb an den Kinokassen aus – die Chancen stehen also hoch, dass auch ihr das Drama noch nachholen müsst. Das ist nun jedoch denkbar einfach: Ab sofort ist „Die Fabelmans“ bei Amazon Prime Video abrufbar.
"Die Fabelmans": Ein Meisterregisseur lässt tief in seine Seele blicken
Lasst euch nicht von den Namen täuschen: Die titelgebende Familie in „Die Fabelmans“ ist eine leicht fiktionalisierte Abwandlung der Spielbergs, und das Drama dient dem Filmemacher als Verarbeitung seiner eigenen Kindheit und Jugend. Sein fiktionales Pendant ist der neugierige Sammy Fabelman (Gabriel LaBelle), der seit seinem ersten Kinobesuch vom Medium Film besessen ist.
Seine Eltern Burt (Paul Dano) und Mitzi (Michelle Williams) stehen dieser Begeisterung unterschiedlich gegenüber, doch davon lässt sich Sammy nicht ausbremsen: Mit seinen Schwestern dreht er unablässig Filme, die vom kleinen Zeitvertreib zu immer größeren Unternehmungen heranwachsen, bis letztlich eine komplette Pfadfindergruppe involviert wird. Doch mit Hilfe seiner Kameralinse wird Sammy auch auf schwere familieninterne Probleme aufmerksam...
Die Liebe zum Kino auf der einen Seite, eine bittersüße Beziehung zu seinen Eltern auf der anderen Seite: Spielberg gestattet mit „Die Fabelmans“ einen Blick tief in seine Seele und seine vertrackte Gefühlswelt. Für diese Ehrlichkeit wurde das autobiografische Drama der Hollywood-Ikone mit sieben Oscar-Nominierungen bedacht, darunter in den Sparten „Bester Film“ und „Beste Regie“.
Auch die Filmpresse zeigte sich äußerst angetan von „Die Fabelmans“, so sind 92 Prozent der von Rotten Tomatoes gesammelten Kritiken positiv – und in der FILMSTARTS-Kritik von Redakteur Michael Bendix gab es hervorragende 4,5 Sterne. Dort wird der Film als „zutiefst ehrliche Schmerzbewältigung“ beschrieben.
Doch offenbar war „Die Fabelmans“ manchen zu ehrlich: Obwohl Spielberg üblicherweise selbst mit schwereren Stoffen beim zahlenden Publikum Anklang findet, ging seine neuste Regiearbeit an den Kinokassen baden. In Deutschland beispielsweise wurden nur etwas weniger als 166.000 Tickets verkauft. Und um die kalten Zahlen hinter uns zu lassen und, passend zum Film, zu anekdotischen, großen Gefühlen überzuleiten:
Der Verfasser dieser Zeilen hat es noch nie erlebt, dass bei einem Spielberg-Film die negativ gestimmte Minderheit derart negativ reagiert hat! Üblicherweise fallen die ablehnenden Stimmen auf Spielberg-Regiearbeiten verhalten aus. Doch bei „Die Fabelmans“ reagierten manche geradezu allergisch auf die zuckrig-tragische Sentimentalität, Michelle Williams' großäugig-exzentrische Performance und die getragenen Gefühle.
Dass ausgerechnet ein Spielberg-Drama derart spaltet, kommt überraschend, verleiht „Die Fabelmans“ aber zugleich ein aufregendes Element – wer hätte schon gedacht, dass eine prestigeträchtige Familiengeschichte zugleich eine Art filmische Mutprobe wird? Doch die Aussicht, dass ihr entweder berührt seufzt oder euch als Teil der Minderheit vor Schmerz krümmt, sollte euch nicht davon abhalten, „Die Fabelmans“ nachzuholen.
Denn wer sich für Filme interessiert, sollte sich wenigstens einmal an die psychische Selbstanalyse des Erfinders des modernen Hollywood-Blockbusters wagen – wahlweise, um ihn besser zu verstehen oder um danach wieder verstärkt Lust auf seine anderen Arbeiten zu haben. Vielleicht ja auch auf folgenden Film:
Besser als "Indiana Jones": Steven Spielberg schämt sich nicht für einen seiner größten FehlschlägeDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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