Derzeit dominiert die Fußball-EM der Herren nicht nur die Sportberichterstattung: Sie überrollt das Mediengeschehen in Deutschland. Vielleicht aber haltet ihr trotzdem der Formel 1 die Treue und verfolgt den Großen Preis von Großbritannien. Oder euch geht es wie mir – und ihr findet Bälle tretende Männer genauso öde wie Live-Übertragungen von Leuten, die in Autos herumkurven.
Das Schöne ist: Wenn euch die Storys, die aus sportlichen Wettbewerben entwachsen, sowieso reizen, gibt es denselben TV-Tipp für euch wie im Fall, dass ihr solche Sport-Wettkampf-Muffel seid wie ich. Denn „Rush – Alles für den Sieg“ hat seine dramatische, wahre Geschichte sogar für mich in hochspannendes, bewegendes Kino verwandelt. „Rush“ läuft heute, am 7. Juli 2024, ab 20.15 Uhr bei arte. Zudem ist das brillante Drama als VOD über Amazon Prime Video verfügbar:
Falls ihr CNMA Arthouse* oder Filmtastic* als Prime Video Channel abonniert habt, könnt ihr „Rush“ sogar ohne Zusatzkosten abrufen.
"Rush – Alles für den Sieg": Zwei gegensätzliche Leben kreuzen sich
1970: Bei der Formel 3 geraten der technikaffine, analytische Perfektionist Niki Lauda (Daniel Brühl) und der lässige, den Rennsport als dekadenten Spaß auskostende Lebemann James Hunt (Chris Hemsworth) erstmals aneinander. Beide können nur den Kopf darüber schütteln, wie eigen der jeweils andere tickt. Und doch sind sie gar nicht so unterschiedlich:
Es ist Lauda, der sich kostspielig den Weg in die Formel 1 erkauft – nicht der ständig Geld verprassende Hunt. Allerdings weckt dies Hunts Ehrgeiz: Er tut es Lauda gleich! Eine ungewöhnliche Rivalität zwischen dem disziplinlosen Hunt, der jedoch über Risikobereitschaft verfügt, und dem trocken-zielgerichteten Lauda entbrennt. 1976 erreicht sie ihren unvergleichlichen Höhepunkt...
Obwohl ihn noch immer viele Filmfans auf seinen Marvel-Helden Thor reduzieren: Chris Hemsworth bewies mehrmals, dass er auch andere Rollen beherrscht. Neben seinen schurkischen Auftritten in „Bad Times At The El Royale“ und „Furiosa: A Mad Max Saga“ sticht „Rush“ besonders hervor: Er interpretiert Hunt als Automobil-Rockstar, den Ruhm, Aufregung und die Möglichkeit, ordentlich auf den Putz zu hauen, magnetisch anziehen – und der eine zwiespältige Beziehung zum Risiko hat:
Einerseits treibt ihn der Rausch eines schlagzeilenträchtigen Daseins an, gleichwohl stehen Hemsworths Hunt wiederholt Bedenken ins Gesicht geschrieben, ob er sich damit nicht einschränkt. Das macht ihn zu einem packenden Gegenpol für Brühls Darstellung der österreichischen Formel-1-Legende Niki Lauda: Beide treten ihrem Umfeld wiederholt auf den Schlips, selbst wenn sich ihre Streitbarkeit aus völlig unterschiedlichen Wesenszügen nährt.
Aber diese Persönlichkeiten und Lebensentwürfe kreuzen und beeinflussen sich zwangsweise. Muss Lauda in der Saison 1976 nach einem grauenvollen Unfall doch sich selbst und der Sportwelt vorführen, dass dieser vorsichtig-analytische Kopf genug Mumm aufbringt, weiter seinen Wert im von ihm geliebten Rennzirkus zu beweisen – ohne dabei in Leichtsinn abzugleiten. Derweil findet Hunt neuen sportlichen Ehrgeiz sowie neue, empathische Kollegialität...
Ein fesselnd-rasantes Gänsehaut-Drama – egal, wie man zum Rennsport steht
Hemsworths lebhaft-launige, einfühlsame Facetten gestattende Performance und ein hervorragender, gänzlich in seiner vielschichtigen Rolle verschwindender Brühl verleihen dem in „Rush“ skizzierten Wettstreit massig Charakter: Was für Formel-1-Muffel wie mich sonst ein schlichtes Wettrennen um schnellere Zeiten und höhere Punkte wäre, wird so zum mitreißenden Ringen um Fremdbestätigung, Selbstakzeptanz und gegenseitigen Respekt.
Formel-1-Fans wiederum bekommen von „Apollo 13“-Regisseur Ron Howard eine liebevolle Nachbildung einer unvergesslichen Rennsport-Epoche: Mit fiebrigem Eifer fängt sie ein, wie die Rennen dem TV-Publikum präsentiert wurden, und zugleich stellt sie eine überzeugende Vision dar, wie sie auf zwei faszinierende Schlüsselfiguren gewirkt haben dürfte.
Dank der Dramaturgie, mit der „The Crown“-Drehbuchautor Peter Morgan das aufschlüsselt, gerät dies packend wie ein reißerischer Thriller. Der energetische Score von Hans Zimmer, der in den richtigen Augenblicken große Verletzbarkeit offenbart, das Spiel von Brühl und Hemsworth sowie Howards Gespür für verstohlene Blicke und unterschwellige, vielsagende Gesten sorgen derweil für dramatische Unterhaltung, die in einen Gänsehaut-Schlussakt gipfelt. Sogar noch mehr, wenn man weiß, wie es ausgeht...
Und wenn euch nach „Rush“ der Sinn nach noch stärkeren Emotionen steht, dürft ihr euch folgenden Streaming-Tipp keinesfalls entgehen lassen:
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