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    Die Fortsetzung dieses Grusel-Kultfilms ist leider total misslungen – heute läuft das viel bessere Original im TV!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sidneys Lieblingsfigur ist Donald Duck, sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“ und bereits in der Grundschule las er eine Walt-Disney-Biografie. Wenn er könnte, würde er ins Disneyland auswandern, aber da das nicht geht, muss ihn seine Disney-Sammlung bei Laune halten.

    Seit über zwei Jahrzehnten ist „Hocus Pocus“ ein Hexen-Kultfilm: Stimmungsvoll und beschwingt zelebriert die Disney-Komödie Halloween und das schaurige Hexenwerk. Das Sequel, das es im Streaming gibt, kann da nicht mithalten...

    Manche Filme muss man erlebt haben, um ihren Reiz zu begreifen, idealerweise im richtigen Alter oder in der perfekten Gesellschaft. „Hocus Pocus“ ist solch ein Film: Für mich und viele Gleichgesinnte ist die schrille, manchmal dezent gruselige Hexenkomödie der Halloween-Film schlechthin! Harte Splatter-Spektakel, verstörende Horror-Thriller und Co. lassen sich das ganze Jahr über gleichermaßen schauen. Doch einen in herbstlichen Farben gehaltenen Streifzug durch das verfluchte Salem, in dem zur Halloween-Nacht herrlich-fiese, fabelhaft singende Hexen ihr Unwesen treiben? Das ist für mich die filmische Essenz des Oktobers!

    Obwohl „Hocus Pocus“ Anfang der 1990er in den Kinos auf die Nase geflogen ist, denken viele Filmfans so wie ich – sofern sie den Film in ihrer Kindheit, während ihrer frühen Jugend oder dank ansteckend-begeisterten Fans entdeckt haben. So wurde aus einem Misserfolg ein Kultklassiker, den das Maushaus mit Themenpark-Shows, massig Fanartikeln und einer Streaming-Fortsetzung auf Disney+ hochleben lässt. Die ist leider grausig geraten, wie ihr in unserer FILMSTARTS-Kritik nachlesen könnt, in der wir nur 1,5 von 5 möglichen Sternen vergeben haben. Doch der unvergleichliche Original-„Hocus Pocus“ läuft heute Abend, am 2. Mai 2024, ab 22.40 Uhr im Disney Channel.

    Damit könnt ihr euch schon im Frühling eine Dosis Herbststimmung verpassen. Oder ihr versteht diesen TV-Termin als leicht verspäteten Nachklapp zur Walpurgisnacht. Und wenn ihr zeitlich etwas flexibler planen wollt: Alternativ könnt ihr den mit Wortwitz, Situationskomik und einer glamourösen Gesangseinlage gespickten Kampf zwischen drei Hexen und zwei Jugendlichen, einem Kind, einem sprechenden Kater sowie einem Zombie bei Disney+ streamen. Mehr Unterhaltung als beim Sequel ist euch da gewiss!

    Gut zu wissen: Auf Disney+ könnt ihr die verdammt unterhaltsame Halloween-Eskapade nicht nur in der regulären Fassung schauen. Unter „Extras“ versteckt sich ein spaßiges Special: Während des Films werden Behind-the-Scenes-Material und (ganz in der Tradition der „Rocky Horror Picture Show“) süffisante Kommentare eingeblendet. Inklusive eines „Jungfrau“-Zählers – schließlich ist „Hocus Pocus“ nicht gerade Disney-Alltag...

    "Hocus Pocus": Eine Jungfrau und drei lustig-böse Hexen

    Seit seine Familie von Los Angeles ins beschauliche Salem gezogen ist, grantelt sich Max (Omri Katz) durch den Tag. Die Beziehung zu seiner jüngeren Schwester Dani (Thora Birch) ist angespannt, und die örtliche Obsession mit Gruselmythen geht ihm auf den Zeiger. Bloß sein heimlicher Schwarm Allison (Vinessa Shaw) kann ihm wenigstens halbherzige Begeisterung für sämtlichen Hokuspokus entlocken. Dass die örtliche Sage über die tödlichen Sanderson-Schwestern wahr ist, und Max daher seine Attitüde dringend überdenken sollte, bekommt er in der Halloween-Nacht denkbar deutlich vorgeführt:

    Denn als Max eine schwarzflammige Kerze entzündet, obwohl er noch Jungfrau ist, absolviert er leichtsinnig ein Ritual, das zur Rückkehr der fiesen Hexen Winifred (Bette Midler), Mary (Kathy Najimy) und Sarah Sanderson (Sarah Jessica Parker) führt. Nun obliegt es Max, Dani und Allison sowie deren übernatürlichen Gefährten in Form des sprechenden Katers Thackery und des freundlichen Zombies Billy Butcherson (Doug Jones), das Trio aufzuhalten...

    „Hocus Pocus“ ist keine rau-grimme Rebellion gegen Disney-Konventionen und will es auch gar nicht sein. Die zeit- und alterslose Stimmung ist sogar Teil seines Reizes! Und trotzdem ist „Hocus Pocus“ einfach anders. Als hätte sich Disney zum Anlass des Gruselfestes ein Kostüm übergestülpt und unter seiner Halloween-Verkleidung genug Mumm, sich gehen zu lassen. Welcher anderer Disney-Film würde einen Mitzähl-Spaß (oder gar ein Trinkspiel) auf das Wort „Jungfrau“ rechtfertigen?

    In „Hocus Pocus“ geht Hexenspaß mit enormer Dichte an beiläufigen Frivolitäten und Doppeldeutigkeiten einher, während das Gewusel und Gehexe des magischen Trios durch mehrere Tonalitäten schwebt: Wenn die Schwestern Kinder in ihr Versteck locken, einem Knirps das Leben aussaugen oder ihre Kräfte verwenden, um Angreifer abzuwehren, kommt altmodischer Grusel zum Vorschein. Den bestärken mehrere schummrige Sets sowie Artefakte wie die im Fett eines Toten gedrehte, magische Kerze oder das in Menschenhaut gebundene Zauberbuch. Und dann ist da noch das fantastisch-widerliche Make-up, mit dem „Shape Of Water“-Hauptdarsteller Doug Jones zum Zombie wird!

    Charmant, staubig und auch etwas ekelhaft: Der freundliche Zombie Billy (Doug Jones), der Motten spuckt. Disney
    Charmant, staubig und auch etwas ekelhaft: Der freundliche Zombie Billy (Doug Jones), der Motten spuckt.

    All das hüllt Kameramann Hiro Narita („Rocketeer“) in herbstlich-kräftige Erdtöne, über die sich gelegentlich stimmungsvoll-theatralische Schatten legen. Regisseur Kenny Ortega, der die Tanzszenen in „Dirty Dancing“ choreografierte und später die „High School Musical“-Trilogie verantwortete, lässt aus diesen Elementen Zoten, Slapstick und schrille Späße entwachsen. Und Ortega lebt sein inszenatorisches Naturell aus, musikalisch eingängig angefeuert von Komponist John Debney („Predators“): Obwohl „Hocus Pocus“ kein Musical ist, ist der Film zu großen Teilen rhythmisch und beschwingt in Szene gesetzt!

    Die von Midler, Najimy und Parker inbrünstig gespielten Chaos-Schwestern bewegen sich im Takt. Sie spielen auf, als müssten sie mit ihrer Persönlichkeit allein die Bühne eines nischigen Theaters füllen. Und sie kabbeln sich untereinander, als seien sie die drei Stooges in Drag: Diese Camp-Attitüde, die Ortega dem Drehbuch von Neil Cuthbert und „Critters 2“-Autor Mick Garris auferlegt, ist die magische Rezeptur hinter „Hocus Pocus“. Der Film ist schrill, schräg-unangepasst und stolz darauf, was er mit einer guten Prise Ironie auslebt, ohne zur Farce zur werden. „Hocus Pocus 2“ versucht, das verkrampft zu imitieren, doch es bleibt bei schwachem Mimikry.

    Der erste „Hocus Pocus“ hingegen lässt seine Flagge freimütig im Wind wehen – und diese Freak-Flagge ist das Banner für Halloween-Festivitäten schlechthin: In dem Film wird gefeiert und geflirtet sowie in auffälligen Kostümen maßlos übertrieben – mit massig Freude daran. Es gibt makabre Späße und der Film steht dafür, mal aus sich herauszugehen. Halloween in filmischer Reinkultur halt! (Oder eben ein verzögerter Walpurgisnacht-Boogie...)

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    Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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