Dieser Film ist eine Anomalie in der modernen deutschen Kinogeschichte: Das Historien-Abenteuerdrama „Der Medicus“ ist eine monumentale Filmproduktion aus Deutschland, die jedoch mit dem globalen Markt im Hinterkopf entworfen wurde. Daher wurde die Adaption des gleichnamigen Weltbestsellers von US-Schriftsteller Noah Gordon in englischer Sprache gedreht – selbst wenn sie hierzulande mit deutschsprachiger Synchro ins Kino kam.
Mit einem Budget von 26 bis 32 Millionen Euro ist „Der Medicus“ zudem eines der kostspieligsten Wagnisse des Filmstandorts Deutschlands. Das ist der Großproduktion dank schwelgerisch ausgestatteter Schauplätze und aufwändigen Massenszenen auch anzusehen. Heute Abend, am 26. April 2024, läuft „Der Medicus“ ab 20.15 Uhr bei 3sat – also ohne Werbeunterbrechung!
"Der Medicus": Prächtig-mächtiges Kino aus Deutschland
Es ist der Beginn des Hochmittelalters: Rob Cole (Tom Payne) kann körperliches Unheil bei anderen Menschen erahnen. Als der fahrende Bader (Stellan Skarsgård) dem einsamen jungen Mann begegnet, nimmt er ihn bei sich auf und bringt ihm Taschenspielertricks sowie Heilkunde bei. Robs Neugier ist geweckt, allerdings erahnt er, dass Baders Methoden enge Grenzen gesteckt sind. Daher beschließt Rob, ins persische Isfahan zu reisen, wo er beim „Arzt aller Ärzte“ Ibn Sina (Ben Kingsley) in die Lehre gehen möchte. Aber diese Reise ist widerrechtlich und gefährlich...
Zwar ist „Der Medicus“ in zahlreichen Ländern ein Bestseller, doch in Deutschland ging der Roman regelrecht durch die Decke – über sechs Millionen Exemplare wurden in der Bundesrepublik verkauft! Das dürfte auch die Erklärung sein, weshalb sich hiesige Filmschaffende energisch und erfolgreich um die Adaptionsrechte bemüht haben. Zumindest hierzulande wurde das auch mit Erfolg entlohnt:
Über 3,6 Millionen Kinotickets wurden für Philipp Stölzls Regiearbeit gelöst, womit das durch magischen Realismus angereicherte Historienepos in den Jahrescharts 2013 unter anderem die US-Blockbuster „Hangover 3“, „Fast & Furious 6“ und „Iron Man 3“ ausgestochen hat. Dennoch ist die frühzeitig in Aussicht gestellte Fortsetzung noch immer nicht da.
Glücklicherweise gingen Regisseur Stölzl und Drehbuchautor Jan Berger einem Kniff aus dem Weg, der im Hollywood-Kino gang und gäbe ist: „Der Medicus“ erzählt in den 155 Minuten seiner Kinofassung eine opulente, in sich abgeschlossene Geschichte, statt am Ende noch ungelenk auf eine Fortsetzung hinzuleiten.
Im Mittelpunkt dieses Geschehens überzeugt der spätere „The Walking Dead“-Star Tom Payne mit einer bodenständigen Performance: Glaubhaft mimt er den Protagonisten als gleichermaßen sensible wie sture Person, die sich nicht unterkriegen lässt und gegen alle Widrigkeiten darum kämpft, zu lernen und zu helfen.
Nach dem Ende von "The Walking Dead: The Ones Who Live": Kommt doch noch eine 2. Staffel oder war's das schon mit dem Rick-Comeback?Ben Kingsley, der sich im „Der Medicus“-Kinojahr zudem im Marvel-Hit „Iron Man 3“ von einer ganz anderen Seite zeigte, punktet wiederum als weiser Mentor. Es ist eine Rolle, die Kingsley locker aus dem Ärmel schütteln könnte, hier aber mit Würde und Wärme verkörpert. Mit „Thor“- und „Pirates Of The Caribbean: Am Ende der Welt“-Nebendarsteller Stellan Skarsgård verhält es sich ähnlich:
Der seit Jahrzehnten mühelos zwischen Arthouse und Kinoeskapismus springende Mime wurde hier, wie öfters in Big-Budget-Produktionen, als etwas kauziger, gleichwohl bedächtiger Charakterkopf besetzt. Sein Bader ist in „Der Medicus“ trotzdem keine routiniert-unmotivierte Figur, sondern eine willkommene, faszinierende Präsenz, die dem jungen Rob Cole sowohl Vorbild als auch menschliche Mahnung ist.
Die deutschen Stars Elyas M'Barek und Fahri Yardım sind in ihren prägnanten Nebenrollen ebenfalls Bereicherungen für dieses mit ruhig anschwellender Spannung erzählte Epos. Die bildhübschen Landschaftsaufnahmen wecken Fernweh, die Ausstattung ist opulent und die Massenszenen wecken Erinnerungen an klassische Hollywood-Epen wie „Lawrence von Arabien“. An dessen Güte reicht Stölzls Film nicht heran, trotzdem ist er ein stattliches Abenteuer mit Dramatik und großen Schauwerten. Sowie, womöglich, bald mit einer Fortsetzung:
Über 10 (!) Jahre nach Teil 1: Einer der teuersten deutschen Filme aller Zeiten soll doch noch eine Fortsetzung bekommenDies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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