Schon im Vorfeld der im November 2018 ausgestrahlten fünften Folge der neunten Staffel „The Walking Dead“ stand damals fest, dass diese die letzte für Serien-Aushängeschild Andrew Lincoln als Rick Grimes wird. Was jedoch niemand geahnt hat: Rick starb nicht etwa den Serien-Tod und wurde nicht endgültig verabschiedet (selbst wenn seine Mitstreiter*innen innerhalb der Handlung das dachten).
Stattdessen wurde überraschend eine Kino-Trilogie angekündigt, in der Rick im großen Stil zurückkehren sollte und wir auf der großen Leinwand erfahren würden, wie es ihm nach seinem Ausscheiden ergangen ist. Doch daraus wurde in dieser Form nichts. Nach vielen Verzögerungen wurde aus dem Film-Projekt eine sechsteilige Miniserie gemacht, mit der nicht nur Rick, sondern auch die eine Staffel später ausgeschiedene Michonne (Danai Gurira) ihr Comeback geben sollte.
Und nach einem Mini-Teaser darauf im Epilog des „The Walking Dead“-Finales ist „The Walking Dead: The Ones Who Live“ nun endlich da. Aber hat sich die lange Wartezeit wirklich gelohnt? Das können wir nach drei der sechs Folgen, die wir vorab sehen konnten, durchaus bejahen – zumindest größtenteils...
Rick Grimes beim CRM
Nachdem sich Rick im Angesicht einer riesigen Zombie-Horde für seine Freunde und Familie geopfert hat, hat die undurchsichtige Jadis (Pollyanna McIntosh) dafür gesorgt, dass der Schwerverletzte zur mysteriösen Civic Republic gebracht wurde. Hier muss er seit mehreren Jahren für deren mächtigen Militärarm schuften, ohne eine Chance auf einen Ausweg. Denn das CRM ist auf größte Geheimhaltung bedacht und vereitelt daher jeden noch so ausgeklügelten Fluchtversuch Ricks.
Währenddessen ist Ricks große Liebe Michonne auf Hinweise darauf gestoßen, dass der Ex-Polizist doch noch am Leben ist. Und so hat sie sich auf den Weg gemacht, ihn ausfindig zu machen – koste es, was es wolle...
Viele Antworten auf brennende "Walking Dead"-Fragen
Warum ist Rick in all den Jahren nicht zu seiner Gruppe zurückgekehrt? Was sind das für Leute, auf die Michonne bei ihrem Serien-Ausstieg gestoßen ist? Und was hat es denn nun eigentlich mit der rätselhaften CRM-Einteilung von Überlebenden in die Kategorien A und B auf sich? „The Walking Dead: The Ones Who Live“ liefert Antworten auf Fragen, die sich Franchise-Fans seit mehreren Jahren stellen – und das erstaunlich schnell und (meistens) recht befriedigend!
Schon nach der ersten Folge des neuesten „Walking Dead“-Spin-offs sind wir um einiges schlauer und bekommen vor allem ein Gefühl für Ricks hoffnungslose Lage. Nicht nur sehen wir direkt zum Einstieg, wie der einst so unerschrockene Anführer mit dem Gedanken spielt, Selbstmord zu begehen. Auch dürfen wir nach dem erwähnten Gastauftritt in der letzten „Walking Dead“-Folge einem weiteren (erfolglosen) Fluchtversuch beiwohnen, für den Rick zu extremen Mitteln greift. Bald drängt sich somit eine neue Frage auf: Wie zur Hölle soll Rick diesen Ort jemals verlassen?
Wie nach Hause kommen
Dabei wird in „The Ones Who Live“ gar kein so großes Ding daraus gemacht, dass Rick nun endlich zurück ist, sein Auftreten nach der langen Abwesenheit wird nicht etwa besonders spektakulär in Szene gesetzt. Er ist einfach wieder da, so als ob sein Abschied erst in der „Walking Dead“-Folge der Vorwoche stattgefunden hätte. Der Ableger kann somit völlig nahtlos an den Ausstieg anknüpfen und fühlt sich ein wenig so an, als würde man nach Hause kommen… in ein trostloses, postapokalyptisches Zombie-Zuhause mit einem einnehmenden Andrew Lincoln an der Eingangstür.
Lincoln ist hier nämlich sofort wieder in seinem Element und spielt Rick so, als wäre er niemals fort gewesen, selbst wenn die Figur von den Geschehnissen der vergangenen Jahren sichtlich gezeichnet ist. Allein in seinem Gesicht lässt Lincoln uns den in Rick tobenden Konkurrenzkampf von Tatendrang und verzweifelter Resignation ergreifend greifbar werden ...
... und ganz Ähnliches lässt sich für Danai Guriras Michonne sagen. Egal, ob man mit der Liebesbeziehung der beiden in „The Walking Dead“ so richtig warm geworden ist oder nicht (der Autor dieser Zeilen gehört eher zum letzteren Lager): Dass die Schwertschwingern selbst nach all der Zeit bereit ist, so ziemlich alles zu tun, um einen ihr nahestehenden Menschen zu retten, nimmt man ihr definitiv ab und sorgt dann besonders am spektakulären Ende von Folge 1 für einen besonders emotionalen Moment.
Kinoreif – zumindest meistens
Generell sind gerade die ersten beiden „The Ones Who Live“-Folgen in einigen Szenen so intensiv, wie es die Hauptserie in ihren letzten Jahren nur noch selten war. Das ist zum einen auch der Inszenierung zu verdanken, bei der dank der stolzen Produktionskosten (die einzelnen Folgen sollen jeweils rund 14 Millionen Dollar verschlungen haben) an vielen Stellen mehr aufgefahren wird, als man es in vielen Teilen des Franchises gewohnt ist.
Die Ausmaße der Civic Republic etwa werden hier wesentlich anschaulicher als die des ebenfalls gewaltigen, aber selten wirklich so veranschaulichten Commonwealth in „The Walking Dead“. Und tatsächlich hätte sich so manche Einstellung wohl wirklich gut auf der großen Leinwand gemacht – zumindest solange es nicht zu ausgiebigem CGI-Einsatz kommt. Denn die Qualität der Computereffekte lässt wie schon bei „The Walking Dead“ oftmals zu wünschen übrig (viel vom Budget dürfte dann doch auch für die beiden Hauptdarsteller*innen draufgegangen sein).
Starke Neuzugänge, schwächere 3. Folge
„The Walking Dead: The Ones Who Live“ punktet aber auch mit starken neuen Nebenfiguren – allen voran der rätselhafte CRM-Befehlshaber Okafor (Craig Tate) und Michonnes Nomaden-Begleiter Nat (Matt Jeffries). Getragen durch starke (und stark geschriebene) Performances, schert man sich schon nach wenigen Szenen um diese mehr als um viele der belanglosen Charaktere, die die Mutterserie über die Jahre neu eingeführt hat. Und das ist für die Wirkung von allem, was im weiteren Verlauf noch kommt, ganz entscheidend.
Und trotz allem fällt in Folge 3 das so hoch vorgelegte Erzähltempo dann leider doch ein Stück weit ab. Während es in den ersten zwei Episoden im allerpositivsten Sinne zu Entwicklungen kommt, die man so und schon gar nicht so schnell, wohl kaum erwartet hätte und somit durchaus vielversprechende Weichen für den Rest der Miniserie gestellt werden, tritt man in der dritten Folge etwas auf der Stelle. Bleibt nur zu hoffen, dass das keinen Abwärtstrend für die verbleibenden drei Episoden einläutet. Ein ordentlicher Cliffhanger lässt zumindest Gegenteiliges hoffen.
Fazit: Ein Geschenk für "Walking Dead"-Fans
„The Walking Dead: The Ones Who Live“ ist vor allem in den ersten zwei Folgen für langjährige „Walking Dead“-Fans, die so sehnsüchtig auf Ricks große Rückkehr gewartet haben, ein mitreißendes Geschenk, das viele Fragen beantwortet. Ob die zweite Hälfte der Miniserie in dieselbe Kerbe schlägt oder es eher der schwächeren dritten Episode gleichtut, bleibt allerdings abzuwarten...
„The Walking Dead: The Ones Who Live“ ist in Deutschland ab dem heutigen 26. Februar 2024 beim Telekom-Streamingdienst Magenta TV zu sehen. Die sechs Folgen erscheinen im Wochenabstand immer montags.
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