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    Gangster-Meisterwerk heute im TV: Das Original ist vielleicht sogar noch besser als Martin Scorseses grandioses Remake
    Daniel Fabian
    Daniel Fabian
    -Redakteur
    Kino aus aller Welt ist wie reisen, ohne vom Sofa aufzustehen. Fremde Kulturen und neue Sichtweisen – davon kann man nie genug haben.

    „Departed - Unter Feinden“ ist eines der großen Gangsterfilm-Epen von Regie-Legende Martin Scorsese. Aber wusstet ihr, dass es sich bei dem vierfach oscarprämierten Thriller um ein Remake handelt? Das ebenso grandiose Original läuft heute im TV.

    Unglaublich, aber wahr: Bei insgesamt 14 (!) Nominierungen bei den Oscars wurde Martin Scorsese erst ein einziges Mal ausgezeichnet. Nicht etwa für „Taxi Driver“ oder „GoodFellas“, „Wie ein wilder Stier“ oder „Casino“ – sondern für das Mafia-Epos „Departed - Unter Feinden“. Das insgesamt mit vier Academy Awards bedachte Ensemblestück avancierte 2006 aber nicht nur zum Kritikerliebling, sondern auch zum Publikums-Hit – sowie zu Scorseses bis dato größtem Kassenschlager (weltweites Einspiel: ca. 290 Millionen Dollar).

    Dem Film mit unter anderem Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Martin Sheen und Vera Farmiga wollen wir seine Qualität auch keinesfalls absprechen, schrammt er mit 4,5 von 5 möglichen Sternen in der FILMSTARTS-Kritik doch auch nur haarscharf an der Höchstnote vorbei. Dasselbe gilt allerdings für die Vorlage...

    Ja, richtig gelesen: „Departed - Unter Feinden“ ist eine Neuverfilmung – des Hongkong-Juwels „Infernal Affairs“ (2002). Ihr hört davon gerade zum ersten Mal oder wolltet den modernen Klassiker, der für den Autor dieses Artikels zu den großen Meisterwerken des Gangster-Kinos zählt, aus Fernost schon immer mal nachholen? Dann habt ihr heute Abend die Möglichkeit dazu: Das Original gibt es am 5. Februar 2024 ab 22.00 Uhr bei arte zu sehen.

    Das Einschalten lohnt sich vor allem auch, weil der Film aktuell gar nicht so einfach in die Finger zu kriegen ist. Kaum noch zu kriegen sind etwa sowohl die Einzel-Veröffentlichung* wie auch die Trilogie* inklusive „Infernal Affairs II“ und „Infernal Affairs III“. Zudem ist der Action-Thriller nicht nur in keinem Streaming-Abo enthalten, sondern derzeit auch auf keiner Plattform als Video-on-Demand verfügbar. Für vergleichsweise kleines Geld bekommt ihr noch die Special Edition auf DVD, die auch der Autor dieses Artikels im Regal stehen hat…

    "Infernal Affairs": Der kleine große Bruder von "Departed"

    Der Krieg zwischen Hongkongs Polizeiboss Wong (Anthony Wong) und Triadenführer Sam (Eric Tsang) spitzt sich immer weiter zu. Mit Chan (Tony Leung) und Lau (Andy Lau) haben die beiden seit Jahren einen Spitzel bei ihrem jeweiligen Gegenspieler eingeschleust. Als die beiden das jedoch erkennen, setzen sie ihre jeweils fähigsten und vertrauensvollsten Gefolgsleute darauf an, den Verräter in den eigenen Reihen ausfindig zu machen. Und so werden ausgerechnet Chan und Lau damit beauftragt, sich gegenseitig auffliegen zu lassen...

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    „Infernal Affairs“ ist klassisches Erzählkino in Reinkultur, das vor allem von seinem herausragenden Drehbuch lebt. Denn auch wenn hier das Who-is-who der Unterhaltungsindustrie Hongkongs aufgefahren wird – etwa mit Tony Leung („Shang-Chi And The Legend Of The Ten Rings“), Andy Lau („Die wandernde Erde 2“) oder Genrefilm-Ikone Anthony Wong („Hard Boiled“) –, ist der Film für ein mickriges Budget von knapp 6,4 Millionen Dollar entstanden. Wie das möglich ist? Das Regie-Duo Andrew Lau und Alan Mak reduziert „Infernal Affairs“ letzten Endes auf das Wesentlichste: eine starke Geschichte.

    Mit einer Laufzeit von knackigen 97 Minuten kommt die Spitzeljagd ganz ohne allzu üppige inszenatorische Ausschweifungen oder Nebenhandlungsstränge aus, die es auch gar nicht braucht. „Infernal Affairs“ konzentriert sich voll und ganz auf seine Figuren, ihre inneren Konflikte sowie ihr nervenaufreibendes Versteckspiel, das immer wieder auf die Spitze getrieben wird – etwa wenn sich der Polizeichef und der Triadenführer gegenüberstehen, wohlwissend, dass ihr Gegenüber ihnen auf der Lauer ist. Was ein Wong mit seinem kalten Blick auszulösen vermag, mit dem er in diversen Genre-Reißern wie etwa „Ebola Syndrome“ seinem Publikum einen kalten Schauer über den Rücken jagt, oder ein Tsang, der mit weit aufgerissenen Augen für Angst und Schrecken sorgt – wenn die Spannungsschraube angezogen wird, nimmt der Eineinhalbstünder schlagartig epische Züge an.

    Infernal Affairs
    Infernal Affairs
    Starttermin 2. September 2004 | 1 Std. 37 Min.
    Von Alan Mak, Andrew Lau
    Mit Tony Leung Chiu-Wai, Eric Tsang, Andy Lau
    User-Wertung
    4,0
    Filmstarts
    4,5

    Denn ja, „Infernal Affairs“ ist ein ebenso komplexes wie kurzweiliges Psychogramm – und damit ein völlig anderer Film als „Departed“, in dem Martin Scorsese als Ur-New-Yorker auf altbewährte Tugenden zurückgreift. Seine Interpretation spielt zwar in Boston, beschäftigt sich aber ähnlich wie seine berühmtesten Mafia-Epen mit gesellschaftlichen Randgruppen und Einwanderern, die in der Unterwelt zu Machtfiguren aufsteigen. Ähnlich wie das Original kommt auch er mit einer Schar an Superstars um die Ecke, macht aus dem Duell zwischen Undercover-Cop und Undercover-Gangster jedoch ein Spektakel – das eine gute Stunde länger geht, unglaubliche 90 Millionen Dollar verschlungen hat und nicht nur zu den besten Remakes aller Zeiten zählt, sondern auch zu jenen, die sich stark genug von ihrer Vorlage unterscheiden, dass sie auch durchaus Daseinsberechtigung haben.

    Wir können die Neuauflage zwar ebenfalls empfehlen. Da diese letztlich aber ohnehin die weit bekanntere Verfilmung sein dürfte, legen wir euch heute vor allem ans Herz, mal das Original nachzuholen – vor allem, weil es die Gelegenheit dazu nur selten gibt.

    Trailer zu Guy Ritchies "The Gentlemen"-Serie auf Netflix: Coole Gangster und britischer Humor

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