Drei Jahre hintereinander lockte Peter Jackson ein Millionenpublikum in die Kinos, um Mittelerde zu erkunden, während sich außerhalb des Lichtspielhauses der Winter breit gemacht hat. Kein Wunder, dass die „Herr der Ringe“-Trilogie für zahllose Menschen zur Weihnachtstradition geworden ist.
Deutsche Programmredaktionen wissen das, und daher wird es heute im Free-TV magisch: ProSieben zeigt heute, am 22. Dezember 2023, ab 20.15 Uhr „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ und im Anschluss (ab ca. 23.55 Uhr) „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“. Die fantasiereichen Spektakel laufen in der Kinofassung – dauern also inklusive Werbung über sieben Stunden. Wer werbefrei ein sogar noch längeres, bombastisches Fantasy-Abenteuer erleben will, greift jedoch lieber zu den Extended Editions.
Die sind beispielsweise via Amazon Prime Video als VOD erhältlich. Am besten fängt man natürlich mit Teil eins an...
...selbst wenn der Verfasser dieses Textes das Gefühl nicht los wird, dass der zweite Teil* viel zu selten die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält. Dabei wechselt die Reihe darin nach ihrem erst beschaulichen, dann verzauberten Auftakt auf faszinierende Weise die Gangart:
Das anfängliche Zusammenwachsen der Gefährten liegt hinter uns, ebenso das erstaunte, erstmalige Erkunden von Mittelerde. Stattdessen ist dies quasi der „Ritterfilm“ der Trilogie und umfasst unter anderem die virtuos gefilmte Schlacht von Helms Klamm.
"Der Herr der Ringe: Die zwei Türme" ist mehr als "nur der Mittelteil"
Zwei Oscar-Gewinne und sechs Nominierungen, darunter eine als „Bester Film“. Ein Kinoeinspiel von weltweit über 945 Millionen Dollar. Allein in Deutschland wurden mehr als 10,6 Millionen Tickets verkauft. Und bei FILMSTARTS gab es für das Fantasy-Epos perfekte fünf von fünf Sterne. Anders gesagt: „Die zwei Türme“ als filmischen Underdog zu bezeichnen, wäre ziemlich übertrieben. Um aber einmal auf hohem Niveau zu meckern:
Teil zwei hat es innerhalb der „Herr der Ringe“-Trilogie überraschend schwer! Und obwohl es unvermeidlich ist, dass innerhalb einer Trilogie ein Film den Kürzeren zieht, ist es schade, mit welcher welcher Zuverlässigkeit „Die zwei Türme“ die rote Laterne in die Hand gedrückt bekommt. Im FILMSTARTS-Ranking der besten Fantasyfilme aller Zeiten steht der Trilogie-Mittelteil etwa „nur“ auf Platz 13, während „Die Rückkehr des Königs“ auf Platz 8 und „Die Gefährten“ sogar auf Platz 2 steht.
Diese Reihenfolge deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen: Ich kenne „Herr der Ringe“-Fans, die „Die Gefährten“ als ihren Favoriten bezeichnen. Ich kenne Fans, die auf das große Finale schwören. Aber Fans, die „Die zwei Türme“ an die Spitze stellen, sind mir bislang nicht begegnet. Und das, obwohl er die Sequenz umfasst, die Peter Jackson in einem Interview als sein persönliches „Der Herr der Ringe“-Highlight bezeichnete – eine Szene, bei der nicht er Regie führte, sondern seine Schreibpartnerin Fran Walsh:
"Der Herr der Ringe": Das ist Peter Jacksons Lieblingsszene aus der gesamten Trilogie„Die zwei Türme“ hat nicht nur die Gollum-Szenen innerhalb der Trilogie, die mit ihrer Unberechenbarkeit für die größte Gänsehaut sorgen, sowie das größte „Mittelalter-Epos“-Feeling der Trilogie. Der Film umfasst auch Sams berührenden Monolog darüber, wie sehr es sich lohnt, für das Gute zu kämpfen, den Sean Astin wahnsinnig einfühlsam und inspirierend abliefert. Obendrein webt diese Passage behutsam einen Hauch von Metafiktionalität in die Saga ein.
Immerhin spricht hier eine Figur ganz nachdenklich darüber, Teil einer Geschichte zu sein. Es ist ein Augenblick mit großem erzählerischen Echo, aber auch ein riskanter: Die Sequenz hätte schnell einen Bruch mit der Erzählfarbe darstellen können. Doch Astins Darbietung und Jacksons Regieführung wissen das gekonnt zu vermeiden.
Eine Schlacht für die Ewigkeit
Vor allem aber ist „Die zwei Türme“ der „Herr der Ringe“-Teil, in dem eine der atemberaubendsten Schlachten der Filmgeschichte stattfindet – die bereits besagte Schlacht um Helms Klamm! Im Laufe von mehr als drei Monaten Drehzeit entstanden, ist diese Sequenz ein selbst nach 20 Jahren ungebrochen beeindruckendes Stück filmisches Handwerk. Jackson, die Effektschmiede Weta Digital und die Filmeditoren Michael Horton und Jabez Olssen lassen die realen, stimmungsvollen Nachtaufnahmen von Kameramann Andrew Lesnie, die computeranimierten Elemente und die detailverliebten Modellbauten nahtlos miteinander verschmelzen.
Doch noch denkwürdiger ist das erzählerische Können hinter der Schlachtsequenz: Der in kühler Nacht spielende Kampf ist ein dramaturgisch stark ausgefeilter, wichtiger Etappensieg für Legolas (Orlando Bloom), Gimli (John Rhys-Davies) und Aragorn (Viggo Mortensen). Er fesselt als Action-Moment, und im Gesamtkontext der Erzählung treibt er die individuelle Charakterisierung der Helden voran, genauso wie er ihren Rapport miteinander verfeinert.
Die Sequenz ist daher sowohl ein wuchtiges Gefecht mit großer Fallhöhe, gut platzierten Gags, knackigem Sounddesign und stimmungsvoller Lichtsetzung, als auch ein aus turbulentem Chaos geborener, wohlverdient erkämpfter Triumph. Ein Triumph, der uns die Figuren noch näher bringt. Und zu diesem Zeitpunkt der monumentalen Trilogie ist das ein perfekt platzierter Energieschub, der die Vorfreude auf den Rest der Geschichte in die Höhe schnellen lässt.
Nach Klage gegen Amazon wegen "Die Ringe der Macht": "Herr der Ringe"-Fortsetzung muss zerstört werden!Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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