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    Einer der besten Filme 2023 endlich im Heimkino: Für dieses poetische Meisterwerk bin ich gleich dreimal ins Kino gegangen!
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    Mit „Roter Himmel“ hat sich Meisterregisseur Christian Petzold selbst übertroffen. Jetzt gibt es die poetische Mixtur aus Liebesgeschichte, Sommerkomödie und Katastrophenfilm als DVD, Blu-ray und Stream.

    Immer dann, wenn mal wieder jemand behauptet, dass deutsche Filme ja grundsätzlich schlecht seien, kontere ich mit Christian Petzold: Wenn der Regisseur ein neues Werk ins Kino bringt, gehe ich schon vorher davon aus, dass es sich um einen der besten Filme des Jahres handeln muss – und jedes Mal stimmt es!

    Mit seinem jüngsten Werk hat sich der vielleicht beste Filmemacher, den das deutsche Kino aktuell zu bieten hat, allerdings noch einmal selbst übertroffen: Gleich dreimal habe ich mir „Roter Himmel“ im Kino angesehen, weil ich es jedes Mal kaum abwarten konnte, ihn von Neuem zu entdecken – falls ihr ihn auf der Leinwand verpasst habt, habt ihr nun die Möglichkeit, den Film auf DVD, Blu-ray oder beim Streamingdienst MUBI nachzuholen (den ihr als Amazon-Prime-Channel auch kostenlos testen könnt):

    Christian Petzold macht keine klassischen Genrefilme, und doch nimmt er sich mit fast jedem Film ein anderes Genre als Folie, durch die er tief in die Seelen seiner Figuren und (nicht nur) die deutsche Gegenwart blickt: Seine Bandbreite reicht von romantischen Fantasy-Filmen („Undine“) über Geistergeschichten („Yella“) bis hin zum Film Noir („Jerichow“) – und wer der Meinung ist, deutsche Historienfilme seien grundsätzlich bleiern und zentnerschwer, dem seien „Phoenix“ und „Transit“ ans Herz gelegt, die vieles sind, nur keine biederen Geschichtslektionen.

    All diese Filme – und auch „Roter Himmel“ – verbindet etwas, das ich (in Ermangelung eines anderen Begriffs) jetzt einfach mal den Petzold-Touch nenne: Wie keinem anderen Regisseur gelingt es dem 63-Jährigen, selbst beiläufige Gesten und scheinbar banale Alltagsszenarien magisch aufzuladen und mit einem Geheimnis zu versehen.

    Das beginnt schon in der Anfangssequenz von „Roter Himmel“: Die beiden Freunde Leon (Thomas Schubert) und Felix (Langston Uibel) fahren eine prototypische deutsche Landstraße entlang, als der Motor plötzlich zu stocken beginnt. „Irgendwas stimmt nicht“, sagt Felix, und in Verbindung mit dem melancholischen Popsong auf der Tonspur hat man nicht das Gefühl, er würde zuallererst die Probleme mit dem Auto meinen. „Aussetzer“, konkretisiert er, bevor der Wagen endgültig zum Stehen kommt.

    Darum geht es in "Roter Himmel"

    An dieser Stelle könnte „Roter Himmel“ noch immer in Richtung Horrorfilm abbiegen, denn während Leon beim Auto auf ihn wartet, nimmt Felix eine Abkürzung durch den Wald, um zum Ferienhaus seiner Mutter zu gelangen, in dem die beiden für einige Tage an ihren jeweiligen Projekten arbeiten wollen: Felix an seiner Bewerbungsmappe fürs Kunststudium, Leon an seinem zweiten Roman.

    Doch weder verirren sie sich im Dickicht noch werden sie von Hinterwäldlern überfallen, auch wenn sich Petzold einen Spaß daraus macht, mit Genre-Andeutungen zu spielen. Im Haus wartet allerdings eine andere Überraschung auf sie: Sie sind nicht allein – vor ihnen hat sich bereits Nadja (Paula Beer) in dem Ostsee-Domizil einquartiert, was Leon und Felix dazu zwingt, sich ein Zimmer zu teilen.

    Tatsächlich stimmt hier bald einiges nicht mehr: Während Felix offen und neugierig mit der Umgebung (und der fremden Mitbewohnerin) auf Tuchfühlung geht, zieht sich Leon demonstrativ in seine Arbeit zurück – oder gibt es zumindest vor, um von seiner Schaffenskrise abzulenken und den Schein eines in seine Gedankenwelt zurückgezogenen Künstlers zu wahren. Und dann färbt sich der Himmel buchstäblich rot, denn unweit des Hauses toben verheerende Waldbrände...

    "Roter Himmel" ist mehrere Filme in einem – und doch vollends aus einem Guss

    Ein Katastrophenfilm? Eine luftig-leichte Sommerkomödie? Culture Clash? Eine poetische, in letzter Konsequenz tief tragische Liebesgeschichte? Eine satirische Abhandlung über unser Verhältnis zu Arbeit? Oder doch Petzolds augenzwinkernd-kritische Selbstanalyse als männlicher Künstler? „Roter Himmel“ ist all das und gleichzeitig noch viel mehr – und dazu so lässig und lustig, wie es bisher kein Film von Christian Petzold war (das Finale, von dem hier nichts gespoilert werden soll, schlägt nicht zuletzt deshalb umso heftiger ein!)

    Und der Film ist randvoll mit wunderbaren, unvergesslichen Momenten: Wie Nadja nicht ein-, sondern gleich zweimal ein Gedicht von Heinrich Heine rezitiert; wie Leons Lektor ihm aus seinem neuen – misslungenen – Buch vorliest und man sich unweigerlich fragt, wie lange Petzold wohl gebraucht haben muss, um derart glaubhaft unrhythmisch-prätentiös danebengeschossene Sätze zu erfinden; wie Leon die anderen in seinem selbstgewählten Exil beim Spiel mit beleuchteten Federbällen beobachtet und sich hinter seiner Arroganz und Dauer-Angespanntheit plötzlich Verletzlichkeit offenbart – bei jedem Sehen gibt es etwas Neues zu entdecken, erweist sich ein anderer Moment urplötzlich als unwahrscheinlich berührend.

    „Roter Himmel“ ist mit Abstand mein Film des Jahres. Selbst wenn ihr dem deutschen Kino sonst eher skeptisch gegenübersteht, solltet ihr ihm unbedingt bald eine Chance geben!

    4,41 von 5 Sternen! Das ist der beste deutsche Film aller Zeiten – laut den deutschen Zuschauern

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