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    Streaming-Tipp: Knallbunt und düster zugleich – dieser Comic-Knaller hat einen bislang ungeschlagenen Rekord aufgestellt
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Er spaltete die Gemüter! Doch nicht zuletzt dank seiner stark stilisierten Optik gelang dem Comic-Krimi „Dick Tracy“ etwas, das keine Sprechblasen-Adaption seither zu überbieten wusste.

    Touchstone Pictures

    Der Disney-Konzern pumpte ein stattliches Budget in diese Comic-Verfilmung – fest im Glauben, somit den Startschuss für ein neues Erfolgsfranchise zu geben. Stattdessen zog aber der Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller sein ganz eigenes Ding durch. Das Ergebnis war zwar kein echter Flop an den Kinokassen, lief aber weit unter den Erwartungen, weshalb Fans seither vergeblich auf einst erhoffte Kino-Fortsetzungen warten.

    Dafür können sie sich daran ergötzen, dass „Dick Tracy“ schleichend vom Gemüter spaltenden Kino-Sonderling zu einer rückblickend mehr und mehr respektierten Kuriosität herangewachsen ist. Und selbst 33 Jahre später bleibt ein von ihr aufgestellter Rekord unübertroffen. Wenn ihr nun Lust auf diesen ebenso kunterbunten wie düsteren Gangsterfilm bekommen habt: „Dick Tracy“ ist unter anderem als Kauf- und Leih-VOD bei Amazon Prime Video erhältlich.

    "Dick Tracy": Jahrelanger Superheldenboom kann hiermit nicht mithalten

    Wir schreiben die 1930er: Dick Tracy (Warren Beatty) ist ein integrer Polizeiermittler, der besonders aufblüht, wenn er in den Kampf gegen die übelsten Gestalten der Unterwelt tritt. Seine Beziehung zur warmherzigen Tess Truehart (Glenne Headly) leidet indes unter Tracys Arbeitseifer. Allerdings könnte der namenlose Junge (Charlie Korsmo), dessen Leben Tracy gerettet hat und der seither seiner Obhut untersteht, diese Dynamik zum Guten verändern.

    Es sei denn, die mysteriöse Bardame und Sängerin Heiserchen Mahoney (Madonna) übt zuvor ihren schlechten Einfluss aus. Denn während Tracy sich gegen immer schwerere Attacken des Gangsters Big Boy (Al Pacino) wehren muss, kristallisiert sich Mahoney als wichtige Zeugin heraus. Die ist jedoch derart lasziv, dass jede Unterhaltung, die Tracys Karriere retten könnte, zugleich seine Treue zu Tess bedroht...

    Während die US-Filmpresse wohlwollend, aber irritiert auf „Dick Tracy“ reagierte, traf Warren Beattys dritte Regiearbeit innerhalb der Hollywood-Branche einen Nerv: Sie sicherte sich stolze sieben Oscar-Nominierungen, unter anderem für die beste Kamera, die besten Kostüme und für Al Pacino als besten Nebendarsteller! In sogleich drei Kategorien gewann „Dick Tracy“ den Oscar sogar: Bestes Szenenbild, bestes Make-up und bester Original-Song.

    Damit stellte dieser mit Musik der Musical-Legende Stephen Sondheim durchzogene Kampf zwischen Gut und Böse den bislang ungeschlagenen Rekord für die Comic-Verfilmung mit den meisten Oscars auf. Bloß einer Comic-Adaption gelang es, wenigstens mit „Dick Tracy“ gleichzuziehen: Marvels 28 Jahre später veröffentlichter Superhelden-Knaller „Black Panther“.

    Optisch einfach außergewöhnlich!

    Das von den „Top Gun“-Autoren Jim Cash & Jack Epps Jr. verfasste Drehbuch ist womöglich die größte Schwäche von „Dick Tracy“: Die Hommage an 30er-Gangsterfilme, Film noir, die überspitzte Logik alter Zeitungscomics und die gefährliche Laszivität verruchter Bars hat eine gemächliche Dramaturgie. Die Thrills sind rar gesät, zugleich wird die Bedeutsamkeit, die Tracys Treue zu Tess beigemessen wird, dadurch untergraben, wie komödiantisch das Drumherum aufgezäumt wird.

    Hat man sich aber darauf eingestellt, dass trotz der markanten Farben und verzerrten Proportionen kein schriller, schneller Bombast zu erwarten steht, ist man bereit, sich von diesem herrlich-sonderbaren Film um den Finger wickeln zu lassen: Pinke Straßen! Gassen in Türkis! Asphalt, der im Schimmer betagter Straßenlaternen gelblich-gülden schimmert!

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    Horizonte, die durch detailverliebte Gemälde erweitert werden und eine ebenso künstliche wie kunstvolle 30er-Jahre-Großstadtnacht-Atmosphäre versprühen! Haufenweise knalliges Rot! Mode, die zugleich exzentrisch und einfach ist, deformierte Nebenfiguren und sonderbar fallende, schneidende Schatten! „Dick Tracy“ lebt von einem knallbunten Design, das jedoch dank schummriger Lichtverhältnisse, grotesker Figuren und skurril-überspitztem Ganovengehabe einen düsteren Eindruck hinterlässt.

    Mit diesem enormen Stilwillen wird „Dick Tracy“ zu einer denkwürdigen Seherfahrung, die nahezu einmalig ist. Am ehesten ließe er sich mit Robert Rodriguez' „Sin City“-Filmen vergleichen – hätte sie jemand mit Wachsmalkreide ausgemalt, ihre sexuelle Direktheit durch sinnlich-gehauchte Zweideutigkeiten ersetzt und die Gewaltexzesse durch Cartoon-Physikgesetze ausgetauscht. Einfach irre, irre faszinierend.

    Z-O-M-B-I-E-S 2

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