Martin Scorsese zählt zu den großen Erzählern Amerikas: Aktuell läuft im Kino sein „Killers Of The Flower Moon”, in dem er sich (wieder) an einem dunklen Kapitel amerikanischer (Siedlungs-)Geschichte abarbeitet. Und auch zuvor waren es immer Geschichten aus Hexenkesseln, Geschichten aus dem Schmelztiegel, Geschichten von Korruption und Gewalt, die er erzählte, unter anderem in „Taxi Driver” oder „Goodfellas”.
Heute Nacht um 00.10 Uhr könnt ihr im hr mit „Gangs of New York” eine weitere vergessene Geschichte Amerikas erleben – die der Entstehung New Yorks und im Grunde auch die der Entstehung amerikanischer Gesellschaft.
New York, der Sündenpfuhl Amerikas
„Gangs of New York” spielt im New York Mitte des 19. Jahrhunderts. Während der Bürgerkrieg bereits tobt, landen in New York noch Einwanderer aus Übersee, die von einem neuen Leben träumen. In den „Five Points”, dem ruchlosen Elendsviertel der Stadt, sind Bandenkriege zwischen rivalisierenden Gangs bereits lange im Gange.
Der „Butcher”, William Cutting (Daniel Day-Lewis) regiert das Viertel gewaltsam. Nachdem 1846 während eines Aufstandes der irische „Priest” Vallon (Liam Neeson) von ihm umgebracht wird, wächst sein Sohn in einer Besserungsanstalt auf. 16 Jahre später kehrt Amsterdam (Leonardo DiCaprio) wieder in die Five Points zurück. Er schließt sich Cutting zunächst an, doch wartet er nur auf die richtige Gelegenheit, um endlich Rache zu nehmen …
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Massive Kürzungen und immer noch epochal
100 Millionen Dollar kostete die Produktion von „Gangs of New York” und das Ergebnis sind epische, bildgewaltige 166 Minuten voller Details. Doch tatsächlich wäre der Film noch eine Stunde länger gewesen: Denn Harvey Weinstein, damals Produzent des Films, forderte ordentliche Kürzungen. Diese Aussparungen sind an einigen Stellen zu spüren, was den Film dennoch nicht weniger epochal macht. Einen Director’s Cut gibt es aktuell leider noch nicht, dafür aber eine Remastered Deluxe Version der Blu-ray mit einigen interessanten Features, wie einer Führung durch die Kulissen mit Martin Scorsese, und Hintergründe über die Geschichte der „Five Points”.
Trotz einiger erzählerischer Schwächen ist „Gangs of New York” ein Film, der auch beinahe 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung nichts an seiner Wirkung eingebüßt hat. Grund hierfür sind nicht nur die großartige Ausstattung und das Set-Design, sondern vor allem Daniel Day-Lewis, der für seine Rolle für einen Oscar nominiert wurde. Er spielt den „Butcher” mit einer skrupellosen Intensität und schillert gerade im Kontrast zu Leonardo DiCaprio, dem man den Bösen nicht zur Gänze abkaufen möchte.
Und ein Scorsese wäre kein Scorsese, wären da nicht die Ausbrüche von Gewalt und das Blut. Blut auf den Straßen, Blut im Schnee, Blut an Schweinekadavern, Blut, das auf der Klinge bleibt. Blut an den Händen der Urväter Amerikas, wenn man so will. Heute stehen Gerichtsgebäude, wo sich einst die Brauerei, das Zentrum der „Five Points”, befand – und das Blut, das Amerika seine Geburt kostete, scheint längst vergessen.
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