Eine deutsche Komödie über eine trans Person. Allein diese Prämisse hat im Vorfeld des Kinostarts von „Oskars Kleid” im Dezember 2022 für viel Furore gesorgt – von der einen Seite voller Sorge, wie viel Schaden durch einen unsensiblen Umgang hier möglicherweise für die trans Community angerichtet werden könnte; von der anderen Seite voller Unverständnis, wie so ein Nischen-Thema überhaupt Platz im Mainstream gefunden hat. Dass der Titel des Films bereits mit einer Verletzung einsteigt und seine Protagonistin deadnamed (also mit dem ihr von ihren Eltern zugewiesenen Namen anstatt ihren selbstgewählten Namen anspricht), hat dazu bei den Wenigsten die Hoffnung ausgelöst, dass bei diesem Unterfangen tatsächlich irgendwas Fruchtbares rauskommen könnte - geschweige denn ein guter Film.
Umso überraschender und erfreulicher, dass Florian David Fitz („Wochenendrebellen") hier eine Tragikomödie geschrieben hat, die beide Seiten der Gender-Debatte auf emotionale Weise abholt. Ab sofort neu bei Sky sowie im Abo bei WOW:
Erzählt wird aus der Sicht des Polizisten Ben, gespielt von Fitz selbst, der nur zu gut spiegelt, wie viele Eltern heute noch im ersten Moment reagieren, wenn ihr Kind ihnen sagt, dass es sich mit seiner Geschlechtsidentität nicht wohl fühlt: Mit Irritation und Unverständnis, in dem Glauben, das wäre nur eine von der Gesellschaft eingeredete Phase, die man mit ein paar klischeebehafteten Verhaltensweisen oder Ansichten ganz leicht wieder austreiben könnte.
Darum geht es in "Oskars Kleid" mit Florian David Fitz
So gibt auch Ben seiner hochschwangeren Ex-Frau Mira (Marie Burchard) und ihrem neuen Freund Diego (Juan Lo Sasso) die Schuld, die seiner Meinung nach zu verweichlicht und lasch mit Lili (Lauri) umgehen – denn Lili ist der selbstgewählte Name seines Kindes, das ab sofort im Kleid vor ihm steht. Als Mira ins Krankenhaus kommt, nimmt er Lili zu sich und möchte allen beweisen, was für ein guter Vater er ist. Dabei prallen zwei Welten aufeinander und Ben und Lili nähern sich nur langsam und auf holprigem Wege einander an.
Durch Bens Perspektive wird auch dem Publikum ermöglicht, Lilis Weg nachzuvollziehen, ebenso wie wir lernen zu verstehen, warum Ben sich damit so schwertut: Wenn er seine jüdischen Eltern besucht, die ihm nie verziehen haben, sich in eine deutsche Polizeiuniform zu schmeißen; wenn er seiner Ex-Frau hinterhertrauert, die er immer noch liebt und sein problematischer Alkoholkonsum mehr und mehr an die Oberfläche tritt.
Dass es in „Oskars Kleid” mehr um Ben geht als um Lili, ist dabei Schwäche und Stärke des Films zugleich. Denn obwohl Lilis Perspektive die spannendere und wichtigere in diesem Geflecht ist, braucht es auch im Jahr 2023 immer noch Bens Blickwinkel, um diese Geschichte einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Damit landet der von Hüseyin Tabak inszenierte Film irgendwo zwischen romantischer Komödie, Drama und Comedy und ist eben nicht nur ein deutscher Film über eine trans Person - sondern vor allem ehrliches und emotionales Kino, das mitzureißen weiß. Von FILMSTARTS gab es dafür 4 von 5 möglichen Sternen. Wenn ihr euch selbst eine Meinung bilden wollt, könnt ihr euch „Oskars Kleid” ab heute im Streamingabo von Sky bzw. WOW anschauen.
"Ich hatte mehr mit Hooligans gerechnet!": Florian David Fitz verrät uns, wie er für "Wochenendrebellen" deutsche Fußballstadien entdeckte*Bei diesem Link zu WOW handelt es sich um einen Affiliate-Link. Mit dem Abschluss eines Abos über diesen Link unterstützt ihr FILMSTARTS. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.