Denkt man an Episodenfilme, sind es meist prominente Titel wie „Pulp Fiction” oder „Tatsächlich… Liebe”, die einem sofort in den Sinn kommen. Den weitaus weniger bekannten, aber unglaublich klugen deutschen Episodenfilm „Finsterworld” solltet ihr euch ebenfalls nicht entgehen lassen.
Das Spielfilmdebüt von Frauke Finsterwalder, die mit „Sisi & ich” 2022 einen passablen Kinoerfolg hingelegt hat, hat es in sich: Pechschwarzer Humor, gebrochene Tabus und Dialoge auf den Punkt sind hier Programm. Aktuell bekommt ihr den Film zum Beispiel im Amazon-Prime-Video-Channel von MUBI zu sehen.
Wer einen Bibliotheksausweis hat, kann „Finsterworld” sogar komplett kostenfrei bei filmfriend streamen.
Willkommen in „Finsterworld”
Wir befinden uns an einem nicht genauer bestimmten Ort in Deutschland – an einem Ort, an dem immer die Sonne scheint und an dem die Welt scheinbar in Ordnung ist. Doch die Idylle ist trügerisch: Es verbergen sich Abgründe hinter Schuluniformen und Plüschfell, hinter Freundlichkeit im Altersheim und in zwischenmenschlichen Beziehungen sowieso.
Frauke Finsterwalder wurde beim Drehbuch unterstützt von niemand geringerem als ihrem Ehemann und Autor Christian Kracht, bekannt für Romane wie „Eurotrash” und „1979”. Zurecht wurden sie für das Drehbuch mit dem Preis der Deutschen Filmkritik ausgezeichnet und auch für den Deutschen Filmpreis nominiert: Denn in ihrem Film gelingt ihnen nicht nur eine kunstvolle Verwebung verschiedener Episoden, die sich im weitesten Sinne um eine Familie drehen, sondern auch, in ihre Geschichte(n) direkt einen doppelten Boden mit einzubauen.
Sonniger Schein, der trügt
„Finsterworld” lebt nicht nur von bissigen und wahnsinnig gut pointierten Dialogen, sondern vor allem von den unerwarteten Wendungen, welche jede einzelne Handlung bestimmen. Ein Einsiedler im Wald (Johannes Krisch) nimmt eine verwundete Krähe auf, eine Internatsklasse unternimmt einen Ausflug ins KZ, ein Polizist (Ronald Zehrfeld) und seine auf die Arbeit versessene Freundin (Sandra Hüller) schaffen es einfach nicht, über das zu reden, was ihm wirklich wichtig ist.
Die scheinbare Banalität wird finster unterwandert in „Finsterworld” – Mit schwingt stets die Frage nach deutscher Identität. Mit Sarkasmus legen Frauke Finsterwalder und Christian Kracht die Finger in die deutsche Wunde: Ob Schuldfrage oder die Hässlichkeit der Fahne, vor nichts wird hier halt gemacht. Gelungen ist ihnen ein beinahe skurriler Film, der an vielen Stellen den Kopf ungläubig schütteln lässt, der Risse aufzeigt und nachhallt, aber vor allem lachen lässt. Unbedingt sehenswert!
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