Bei diesem Ekel-Film werden viele direkt abschalten – und das ist schade: Netflix-Tipp für Fans von "Sonne und Beton"
Tobias Mayer
Tobias Mayer
-Redakteur
Tobias mag Netflix vor allem für Serien, darunter „Bojack Horseman“, „Noch nie in meinem Leben“ und „Black Mirror". Aber Kino geht immer vor.

Der Roman „Feuchtgebiete“ schockte große Teile der deutschen Leser*innen. Die Verfilmung (aktuell auf Netflix) ist ebenfalls drastisch und beginnt mit einer Szene auf einer schmutzigen Toilette. Hinter dem Ekel aber steckt ein sensibles Jugenddrama.

Mit seiner aktuell in den deutschen Kinos laufenden und gefeierten Verfilmung von Felix Lobrechts „Sonne und Beton“ ist David Wnendt gerade ein weiterer Coup gelungen. Der Filmemacher etabliert sich damit auch immer mehr als Spezialist und Experte für die Adaption viel diskutierter Erfolgsbücher. Vor „Sonne und Beton“ gelang es ihm schließlich schon „Er ist wieder da“ und vor allem „Feuchtgebiete“ auf die große Leinwand zu bringen. Letzteren gibt es aktuell auf Netflix zu streamen – eine unbedingte Empfehlung!

„Feuchtgebiete“ ist dabei weder ein pornographischer Film noch eine provokante Ekel-Komödie der Sorte „Greasy Strangler“: Die Romanadaption, die aktuell im Abo von Netflix enthalten ist, hat den Anspruch, sowohl einen gewissen Schock-Effekt auszulösen, als auch eine Geschichte über eine 18-Jährige zu erzählen, die nach Halt sucht und die ihr Umfeld ganz bewusst herausfordert.

Die erste Szene kann täuschen

Nach einer sehr cleveren Nahaufnahme, die erst aussieht wie eine Poritze und sich als Bein entpuppt, watet die 18-jährige Helen Memel (Carla Juri) alsbald auf einem öffentlichen Klo durch Fäkalwasser, um sich schließlich die juckenden Hämorrhoiden mit einer Salbe einzucremen und einen eklig beschmutzten Toilettendeckel zu inspizieren. So beginnt „Feuchtgebiete“, und damit das an dieser Stelle gleich klar ist, halten wir fest, dass die Buchverfilmung auch anschließend noch diverse Ekelszenen um Körperflüssigkeiten und -öffnungen enthält.

Allerdings zeigt bereits die täuschende erste Nahaufnahme der vermeintlichen Poritze: Dieser Film ist nicht das, was man von ihm erwarten könnte, jedenfalls nicht nur das. Genau wie in Charlotte Roches Roman von 2008 werden hier zwar allerhand Details ausgestellt, die mit Körperfunktionen zu tun haben. Die damit einhergehende Provokation zielt aber eher darauf ab, gesellschaftliche Tabus zu brechen.

Darüber hinaus nehmen Charlotte Roche und Regisseur David Wnendt ihre Figur Helen Memel ernst. Die Protagonistin ist eine – durchaus egozentrische – junge Frau, die nach familiärem Halt sucht und von einer Gesellschaft angekotzt ist, die sich nicht schambefreit mit ihren eigenen Körpern beschäftigen kann.

David Wnendt findet die richtigen Bilder!

In der 3,5-Sterne-FILMSTARTS-Kritik zu „Feuchtgebiete“ kommt Autor Björn Becher zu diesem Schluss: „David Wnendt findet die richtigen Bilder für Charlotte Roches ;Feuchtgebiete' und verdichtet den Bestseller gekonnt auf 109 Film-Minuten mit nur wenig unnötigem Beiwerk. Wer schon die Vorlage widerwärtig fand, überlegt es sich besser zweimal, ob er ins Kino geht, aber wer das Buch mochte, wird vom Film begeistert sein und alle anderen sollten auch einen Blick wagen.“

Im Kino läuft „Feuchtgebiete“ nun zehn Jahre später natürlich nicht mehr. Dank Netflix-Abo könnt ihr nun aber risikofrei einfach mal einen Blick wagen und – falls es euch doch deutlich zu eklig wird – jederzeit wieder ausmachen.

Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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