Mit seiner „Halloween“-Trilogie konnte David Gordon Green („Ananas Express“) zwar nicht alle Fans und Kritiker*innen glücklich machen, am Box Office aber haben sich die direkten Sequels zu John Carpenters „Halloween – Die Nacht des Grauens“ mehr als rentiert. An diesen Erfolg soll nun auch „Der Exorzist: Bekenntnis“ anknüpfen, der den Startschuss für eine neue Trilogie gibt, die sich als direkte Fortschreibung von William Friedkins Meilenstein „Der Exorzist“ versteht.
Nach der Sichtung von „Der Exorzist: Bekenntnis“ wünsche ich David Gordon Green und Blumhouse alles, aber keine schwarzen Zahlen. Der Grund ist nicht, dass der Film verstärkt auf Jump Scares setzen würde, uninspiriert inszeniert ist oder dem Exorzismus-Thema per se nichts Neues abzugewinnen weiß. Nicht einmal der Umgang mit Rückkehrerin Ellen Burstyn ist unbedingt ausschlaggebend für meine Wut auf diesen Film. David Gordon Green und Co. begehen hingegen den Fehler, das Original gnadenlos zu vereindeutigen. Und das tut weh.
Darum geht’s in "Der Exorzist: Bekenntnis"
Nachdem seine Frau bei einem Erdbeben in Haiti ums Leben gekommen ist, kümmert sich Fotograf Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) allein um seine inzwischen 12-jährige Tochter Angela (Lidya Jewett). Eigentlich ist er übervorsichtig, was das Wohl seines Kindes angeht, aber als er ihr dann doch erlaubt, nach der Schule seine Freundin zu besuchen, passiert es: Angela und Katherine (Olivia Marcum) verschwinden – und werden erst drei Tage später wieder aufgefunden.
Was genau ist in der Zeit passiert, in der die Mädchen verschwunden waren? Da sich Angela zunehmend so merkwürdig verhält, dass medizinische Untersuchungen irgendwann einfach nicht mehr ausreichen, wendet sich Victor nicht nur an einen katholischen Priester (E.J. Bonilla) und eine Voodoo-Priesterin (Okwui Okpokwasili), sondern darüber hinaus auch an die Bestsellerautorin Chris MacNeil (Ellen Burstyn), die mit ihrer Tochter Regan (Linda Blair) vor einigen Jahren bereits Ähnliches durchstehen musste...
Was für eine Frechheit!
Keine Frage, William Friedkin geht den Konflikt von Wissenschaft und Kirche mit heiligem Ernst an. Allerdings hat sich der oscarprämierte Filmemacher bis zum Ende eine spannende Ambiguität bewahrt, die „Der Exorzist“ eben nicht zu einem Hohelied auf den Katholizismus erklärt, sondern Reibungsfläche bietet. Nach William Friedkins Meisterwerk wird es wohl keinen Zuschauer und keine Zuschauerin gegeben haben, die sich durch den Film dazu bewogen gefühlt hat, nun unbedingt der Kirche beitreten zu wollen.
Denn auch wenn am Ende ein Exorzismus die Antwort scheint, um Regan vom Bösen zu befreien, setzt „Der Exorzist“ stetig auf Brüche, die die Kirche – im Gegensatz zu David Gordon Green durch und durch tumbem Sequel – keinesfalls als sonnendurchfluteten Ort der Begegnung erheben. Die beiden Priester, die den Exorzismus an Regan durchführen (gespielt von Max von Sydow und Jason Miller), sind lebensmüde, gebrochene Charaktere. Zwei Männer, die sich noch einmal aufraffen, um sterben zu dürfen. Sie schöpfen keine Kraft aus ihrem Glauben, sondern gehen daran zugrunde.
Werbung in Sachen Frömmigkeit
Das passt auch ins tonale Gesamtbild von „Der Exorzist“, in dem jeder Charakter mit einer alles durchdringenden Verlorenheit konfrontiert wird. „Der Exorzist: Bekenntnis“ hingegen darf sich schon fast als christliche Propaganda bezeichnen lassen. Nicht nur, weil Ellen Burstyn zwischenzeitig einen völlig absurden Monolog auf die alles überstrahlenden Bedeutung des religiösen Zusammenhalts anstimmt (was David Gordon Green dann auch völlig unironisch in grellen Farben und Zeitlupe als Werbevideo inszeniert).
Die einzige Funktion des Protagonisten, Victor Fieldings, ist es, bekehrt zu werden. Der Gott, Kirche und Glaube anfangs eher zweiflerisch gegenüberstehende Mann wird von seinem strenggläubigen Umfeld in den gottesfürchtigen Schwitzkasten genommen, um zu erkennen, dass das titelgebende Bekenntnis zur Kraft Gottes der einzige Ausweg ist, um seine Tochter zu retten. Das ist nicht nur fragwürdig, sondern in dieser Unzweideutigkeit auch eine Beleidigung für das deutlich subtilere und deswegen umso heftiger unter die Haut kriechende Original.
„Der Exorzist: Bekenntnis“ sträubt sich vor Zweifeln und passt damit in eine Zeit, in der eindeutige Antworten bevorzugt werden. Er ist erzreaktionär, wird bei einem evangelikalen Publikum (sehr) großen Zuspruch finden und ist damit alles, was William Friedkins „Der Exorzist“ niemals sein wollte: eindimensional, einfältig und ein Schlag ins Gesicht für alle, die mit der Erwartungen in den Film gegangen sind, ein würdiges Sequel geboten zu bekommen. Stattdessen haben David Gordon Green und Co. nicht verstanden, worum es Friedkin wirklich ging.
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