Die Mitglieder der US-Gewerkschaft der der Drehbuchautor*innen dürfen ab sofort wieder arbeiten. Über den vorgeschlagenen Deal mit den Studios müssen sie zwar erst noch abstimmen, aber dennoch wurde der Streik bereits jetzt beendet – und zwar in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um Mitternacht US-Westküstenzeit. Das ist in Deutschland 9 Uhr morgens.
Nachdem am vergangenen Wochenende nach 146 Tagen Streik eine Einigung zwischen den Gewerkschaftsvorsitzenden und den Studio-Verantwortlichen erzielt wurde, aber noch keine Details zum als „außergewöhnlich“ bezeichneten Deal bekanntgegeben wurden, gibt es nun erste Informationen. Zudem erfolgt die Wiederaufnahme der Arbeit der Drehbuchautor*innen nun auch etwas schneller als gedacht – nämlich bereits vor der endgültigen Abstimmung über den neuen Vertrag, der bisher nur vorläufig gilt.
Anfang Oktober wird abgestimmt
Die 11.500 Mitglieder der US-Autorengewerkschaft Writers Guild of America (WGA) werden Anfang Oktober 2023 über die Annahme des Angebots abstimmen. Wird der Vertrag abgelehnt, würde der Streik wieder aufgenommen werden – davon gehen Branchenexpert*innen allerdings nicht aus.
Die neuen Absprachen zwischen der Gewerkschaft und den Filmstudios würden dann bis Mai 2026 gelten. Der Deal sieht unter anderem eine Regelung für den Umgang mit KI im Autorengeschäft vor – dieser Punkt gehörte zu den wichtigsten Themen in den Verhandlungen. Denn die Drehbuchautor*innen sahen (vereinfacht gesagt) ihre Jobs bedroht, wenn nun Künstliche Intelligenzen statt Menschen Skripte schreiben oder überarbeiten würden.
Branchenmagazine wie Variety berichten nun, auf welche Punkte sich der WGA-Vorstand mit den Studios geeinigt hat. Wir geben euch einen kurzen Überblick über die wichtigsten Absprachen:
Einsatz von KI beim Drehbuchschreiben
Das wohl Wichtigste aus dem vorläufigen Deal direkt vorneweg: KI (im Original AI, Artificial Intelligence) kann kein literarisches Material schreiben oder umschreiben. Von einer KI erschaffenes Material wird nicht als Ursprungsmaterial betrachtet – es kann also nicht benutzt werden, um die Ansprüche eines Autors oder einer Autorin zu untergraben.
Autor*innen dürfen selbst darüber entscheiden, ob sie bei der Ausführung ihrer Arbeit KI einsetzen, solange das auftraggebende Unternehmen damit einverstanden ist und dessen Richtlinien befolgt werden. Das Unternehmen darf den Einsatz von KI beim Ausführen des Schreibauftrags zwar verbieten, jedoch nicht verlangen.
Die WGA behält sich vor prüfen zu dürfen, ob die Arbeit eines WGA-Mitglieds benutzt wurde, um eine KI zu trainieren, und dann die entsprechende Autorenschaft des Textes auf den Prüfstein zu stellen – der Credit würde gegebenenfalls dem Menschen zufallen.
Bessere Beteiligung an Streaming-Auswertungen
Die sogenannten Residuals, also die monetäre Beteiligung am z. B. Streaming-Erfolg von Filmen und Serien, an denen Autor*innen mitgewirkt haben, waren ebenfalls ein großer Streitpunkt. Es wurden nun neue Bonuszahlungen vereinbart, wenn Filme und Serien, die für Streamingdienste geschrieben wurden, erfolgreich werden. Das bezieht auch Streaming-Erfolge bei der internationalen Auswertung der Filme und Serien mit ein.
Die Auszahlung der Boni und deren Höhe ist daran gebunden, wie hoch das Budget für einen Film oder Serie war und ob in den ersten 90 Tagen nach Veröffentlichung eine bestimmte Zuschauer*innenschwelle überschritten wurde.
Team-Größe bei "Writers Rooms"
Gerade bei Serien arbeiten oft ganze Drehbuchautor*innen-Teams an den Skripten zu den jeweiligen Episoden – die sogenannten Writers Rooms. Hier wurde ein Minimum für die Besetzung festgelegt. Fortan müssen mindestens drei Autor*innen auf Senior-Level für eine Serienstaffel mit bis zu sechs Folgen angestellt werden, der Showrunner selbst kann mitgezählt werden. Enthält die Staffel 7 – 12 Episoden, müssen es fünf Autor*innen sein, bei einer Länge von 13 Episoden und mehr sind mindestens sechs Anstellungen notwendig.
Eine Ausnahme bilden Serien, an denen kein Writers Room arbeitet, sondern ein Solo-Autor die kompletten Drehbücher schreibt – dazu gehören Serien wie „Big Little Lies“ und „The White Lotus“. Dass der Autor*in von Anfang an alle Episoden allein schreibt, muss vor Aufnahme der Arbeit vertraglich festgehalten werden. Nur dann entfällt die obige Regel für die Mindest-Anzahl von Autor*innen bei einer Serie.
Bessere Bezahlung, längere Verpflichtung
Weitere Punkte, die im neuen Deal enthalten sind, sind zum Beispiel die Garantie eines „zweiten Schrittes“ für eine*n Autor*in, wenn er oder sie an einem Projekt arbeitet. Unter bestimmten in der Vereinbarung festgelegten Bedingungen gibt dies den Autor*innen mehr Sicherheit, wenn sie beschäftigt werden. Wenn sie einen Auftrag bekommen, muss das Studio sie auch für den nötigen zweiten Schritt anheuern. Wer zum Beispiel ein sogenanntes Treatment (eine Art Story-Entwurf) schreibt, darf auch das Drehbuch schreiben, wer direkt für ein Skript angeheuert wird, die erste Überarbeitung übernehmen. Sollte das Studio hier doch jemand anderen anheuern, ist der oder die Originalautor*in trotzdem so zu bezahlen, als hätte sie den zweiten Schritt gemacht.
Und auch neue Prozentsätze für Gehaltserhöhungen innerhalb einer langen Vertragslaufzeit (zum Beispiel für mehrere Serienstaffeln) wurden festgelegt. Im jährlichen Abstand gibt es zunächst eine Erhöhung von mindestens 5 Prozent, dann von 4 Prozent und anschließend von 3,5 Prozent.
Wie geht es nun weiter in Hollywood?
Dass der Streik der Drehbuchautor*innen beendet wurde und in Kürze über die Annahme der neuen Verträge abgestimmt wird, heißt aber noch lange nicht, dass jetzt Normalität ins Filmgeschäft zurückkehrt. Denn die Schauspieler*innen sind immer noch im Streik. Somit können sie nicht nur keine neuen Filme und Serien drehen, sondern sie auch nicht bewerben, was von den Studios als Begründung benutzt wurde, warum Kinostarts von Blockbustern wie „Dune 2“ verschoben wurden.
Und wie Nachrichtenagenturen wie Reuters berichten, könnte sich auch ein Streik der Synchronsprecher*innen und Performance-Capture-Künstler*innen anbahnen – was dann nicht nur die Produktion von Filmen und Serien betreffen würde, sondern auch von Videospielen.
Einigung beim großen Autorenstreik – doch darum steht Hollywood weiter still