456 Menschen kämpfen in einem tödlichen Wettbewerb um eine große Geldsumme. Das war die so simple wie effektive Prämisse der südkoreanischen Serie „Squid Game“, die 2021 aus dem Nichts zum weltweiten Phänomen und zu einer der profitabelsten Produktionen in der Geschichte von Netflix wurde.
Ein wenig könnte man die Grundgeschichte von „Squid Game“ auch als Metapher lesen: Schließlich wollten auch von den schätzungsweise 900 Millionen Dollar, die der Streaming-Dienst mit der dystopischen Action-Serie verdient hat, alle etwas abhaben – doch während sich die Führungsriege von Netflix die Hände gerieben haben dürfte, musste sich ausgerechnet der Schöpfer, Regisseur und Drehbuchautor des Welterfolges mit einem eher kleinen Stück des Kuchens begnügen...
Hwang Don-hyuk: "Es ist nicht so, dass Netflix mir einen Bonus zahlt"
Als Hwang Dong-hyuk von der britischen Tageszeitung The Guardian gefragt wurde, ob er nun selbst so reich wäre wie ein „Squid Game“-Gewinner, musste er verneinen. „So reich bin ich nicht“, so der 52-Jährige. „Aber ich habe genug, um Essen auf den Tisch zu bringen. Und es ist ja nicht so, dass Netflix mir einen Bonus zahlt. Netflix hat mich gemäß dem ursprünglichen Vetrag bezahlt.“
Eine Kernforderung des andauernden Streiks der Drehbuch-Autor*innen in Hollywood besteht darin, dass sie nicht nur grundsätzlich höher entlohnt, sondern in Form von Streaming-Tantiemen (sogenannten residual payments) auch am Gewinn der jeweiligen Serie beteiligt werden.
Wie seine US-amerikanischen Kolleg*innen wurde auch Hwang lediglich pro Folge bezahlt, was bei den gerade einmal neun Episoden der ersten Staffel nicht allzu viel gewesen sein dürfte – zumal noch niemand ahnen konnte, wie unglaublich lukrativ „Squid Game“ tatsächlich sein würde. Auch auf die geistigen Eigentumsrechte musste der Regisseur und Autor beim Unterzeichnen des Vertrags verzichten. Sprich: Von den 900 Millionen Dollar Umsatz, die Netflix mit der Hit-Serie mutmaßlich erwirtschaftete, hat der Künstler, der sie erst ermöglicht hat, nicht sonderlich viel gesehen.
Deshalb sind Serien wie "Squid Game" für Netflix so lukrativ
Aufgrund der momentan brachliegenden US-Filmwirtschaft hat Netflix angekündigt, fortan noch viel mehr auf den internationalen Markt zu setzen und im Zuge des Erfolgs von „Squid Game“ auch die Investitionen in südkoreanische Produktionen deutlich zu erhöhen. Das lohnt sich für den Streaming-Giganten auch deshalb so sehr, weil eine Folge von „Squid Game“ gerade mal ein Viertel dessen gekostet hat, was zum Beispiel eine amerikanische Serie wie „Stranger Things“ pro Episode verschlingt.
Sollte da nicht eine bessere Bezahlung für die Kreativen drin sein? Hwang räumt im Interview ein, dass „Squid Game“ ohne die Beteiligung von Netflix vermutlich nie zustandegekommen wäre – somit ist das Interesse von Netflix an Filmen und Serien aus Südkorea für viele Filmschaffende auch ein Hoffnungsschimmer, denn der Streaming-Dienst gewährt den Macher*innen nicht nur höhere Budgets als traditionelle Fernsehsender, sondern auch mehr kreative Freiheit.
Das Geschäftsmodell in seiner derzeitigen Form sieht der Showrunner aber dennoch kritisch: „Damit es das nächste ,Squid Game' oder einen neuen ,Parasite' geben kann, muss der Lebensunterhalt der Filmschaffenden gesichert sein“, so Hwang. Die Dreharbeiten zur heiß erwarteten zweiten Staffel von „Squid Game“ haben indes begonnen, wenn sich die Fans auch voraussichtlich bis 2025 gedulden müssen, bis sie das Ergebnis zu sehen bekommen. Hwang hat lange gezögert, auch bei Staffel 2 die Zügel in die Hand zu nehmen – es ist zu hoffen, dass sich die Umstände bis dahin verbessert haben.
Ein ähnlicher Artikel ist bereits bei unserer spanischen Schwesternseite Espinof erschienen.