Mein Konto
    Erbitterter Hollywood-Konflikt gefährdet neue Blockbuster: Jetzt wird es richtig hässlich
    Julius Vietzen
    Julius Vietzen
    -Redakteur
    Julius ist bei FILMSTARTS zwar hauptsächlich für Superhelden, Science-Fiction und Fantasy zuständig, liebt aber auch Filme und Serien aus jedem anderen Genre.

    Hollywood befindet sich aufgrund des Streiks der Drehbuchautor*innen ohnehin schon im Krisenmodus, nun droht auch noch ein Streik der Schauspieler*innen. Angesichts dieser Aussichten wird der Ton ruppiger – und es wird mit harten Bandagen gekämpft...

    Disney und seine verbundenen Unternehmen

    Seit dem 2. Mai 2023 streiken in Hollywood die Mitglieder der Writers Guild Of America (WGA), also der Gewerkschaft der Drehbuchautor*innen. Die Auswirkungen dieses Streiks sind bereits überall zu spüren, selbst hierzulande: Tagesaktuelle Formate wie Late-Night-Shows können keine neue Sendungen mehr produzieren und viele große Hollywood-Serien und -Filme können nicht (weiter-)gedreht werden, weil sie entweder von der WGA bestreikt werden oder schlichtweg die Drehbücher fehlen. Betroffen sind etwa die Marvel-Filme „Blade“ und „Thunderbolts“.

    Eine Einigung zwischen der WGA und der Alliance Of Motion Picture And Television Producers (AMPTP), die die großen Studios, Streamingdienste und TV-Sender repräsentiert, ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Der Konflikt zwischen Gewerkschaft und Studios wird immer hässlicher.

    Autoren "ausbluten lassen", bis sie obdachlos werden

    Gerade erst hat das US-Branchenmagazin Deadline eine Artikel veröffentlicht, in dem zahlreiche Quellen aus Studiokreisen zitiert werden. Der Tenor der unterschiedlichen Insider: Die AMPTP sowie die Studios, Sender und Streamingdienste planen, den Streik noch über Monate weitergehen zu lassen, um die Autoren und Autorinnen „ausbluten“ zu lassen, wie es ein natürlich anonym bleibender Hollywood-Veteran ausdrückt.

    Erst Ende Oktober möchte die AMPTP die Verhandlungen wieder aufnehmen – beziehungsweise eigentlich erstmalig aufnehmen, denn wie Deadline schreibt, hat es seit Anfang Mai überhaupt keine Diskussionen zwischen Gewerkschaft und der AMPTP gegeben, obwohl die WGA mehrfach zu Treffen aufgerufen habe. Die AMPTP wiederum behauptet, dass es keine offiziellen Anfragen für Verhandlungen gegeben habe.

    4,19 von 5 Sternen! Das ist der (bisher) beste Film 2023 – laut den deutschen Zuschauern

    Laut den Quellen von Deadline lautet der Plan jedenfalls, dass viele Mitglieder der WGA im Herbst 2023 nach einem knappen halben Jahr des Streikens allesamt pleite sind und ihre Wohnungen und Häuser zu verlieren drohen. Das sei zwar grausam, aber ein „notwendiges Übel“, heißt es dazu.

    Denn natürlich können die Drehbuchautor*innen während des Streiks kein Geld mit ihrem Handwerk verdienen – und ein Hauptgrund für den Streik ist ja, dass sie besser bezahlt und gerechter am Gewinn von Filmen und Serien beteiligt werden möchten. Fast niemand in der WGA dürfte also große Rücklagen haben. Denn was gerne unterschätzt wird: Es gibt zwar einige prominente Namen in der Branche, die Millionensummen aufrufen können, doch diese sind die krasse Minderheit. Das Gros der Drehbuchautor*innen kämpft ohnehin schon darum, mit den oft nur sehr unregelmäßigen Einnahmen die Miete im teuren Los Angeles bezahlen zu können.

    Im Herbst sollen die WGA-Mitglieder nach Sicht der Studios dann aber so verzweifelt sein, dass sie selbst Druck auf die WGA-Führung ausüben. Die AMPTP hätte bei den folgenden Verhandlungen dann die Oberhand und könnte der WGA ihre Bedingungen diktieren. Gleichzeitig hätte die WGA kaum ein Druckmittel, um ihre eigenen Forderungen durchzusetzen. Man wolle die WGA „brechen“, wird ein Insider zitiert.

    Alles nur Studio-Propaganda?

    Gleichzeitig mehren sich aus WGA-Kreisen die Stimmen, die den Deadline-Artikel als Studio-Propaganda bezeichnen. Und das ist nicht komplett von der Hand zu weisen: Denn auch wenn sich das alles auf den ersten Blick so liest, als sollen hier die böse AMPTP und ihre Methoden ankreidet werden, wird durch solche Artikel natürlich auch eine gewisse Drohkulisse aufgebaut.

    So schreibt etwa Drehbuchautor David Slack („Teen Titans“, „Law & Order“) bei Twitter, dass die Studios durch den Streik ebenfalls in Geldnöte geraten. Schon bald würden den Studios, Streamingdiensten und TV-Sendern endgültig die Drehbücher ausgehen, was wiederum keine neuen Serien und Filme bedeute und sich in absehbarer Zeit dann auch im sinkenden Aktienkurs der jeweiligen Mutterkonzerne niederschlage. Spätestens dann seien die Studios zu Verhandlungen bereit.

    Schließlich dürften im an einigen kostspieligen Flops und Enttäuschungen nicht armen Jahr 2023 auch die Studios Druck von ihren Aktionär*innen bekommen, wenn sich abzeichnet, dass eine Flautezeit mit weniger oder schlechteren Filmen ins Haus steht – wie beim letzten großen Streik 2007/2008.

    Streiken ab morgen auch die Schauspieler*innen?

    Das sind sicherlich zu einem gewissen Teil auch Durchhalteparolen der WGA und die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Es gibt jedoch eine Entwicklung, die den Drehbuchautor*innen in die Karten spielen könnte: Am 13. Juli 2023 könnte ein Streik der SAG-AFTRA ausgerufen werden, der Gewerkschaft der Schauspieler*innen (und verwandter Berufe) in Hollywood.

    Im Falle eines zweiten Streiks könnten die etwa 160.000 SAG-AFTRA-Mitglieder nicht mehr drehen, was dann auch die verbliebenen Produktionen zum Stillstand bringen würde. Und selbst die aktuellen Titel in der Gegenwart bekämen plötzlich einen harten Schlag.

    Denn die Schauspieler*innen dürften während eines Streiks auch keine neuen Filme und Serien mehr bewerben, was die Box-Office-Aussichten von kommenden Blockbustern beträchtlich schmälern dürfte. Als ein Grund für den „The Flash“-Flop wird ja häufig herangezogen, dass Ezra Miller, der Star des Films, keinerlei Promotion für den DC-Blockbuster absolviert hat. Grund dafür waren die zahlreichen Skandale und Vorwürfe, in die sich Miller verwickelt sah.

    Bei einem weiteren Streik steht Hollywood still

    Sollte es dazu kommen, wäre das ein absoluter außergewöhnlicher Vorgang der Hollywood erschüttern würde. Denn es würde quasi gar nichts mehr gehen. Es können keine neuen Filme und Serien für die ferne Zukunft entwickelt werden – weil die Autor*innen streiken. Und es können keine Titel für die nahe Zukunft gedreht werden – weil die Schauspieler*innen streiken.

    Ein konkretes Beispiel eines Films, den ein weiterer Streik besonders treffen würde ist so „Deadpool 3“. Dieser wird aktuell gedreht, weil das Drehbuch vor dem Autor*innen-Streik fertig wurde und der stark ins Skript involvierte Hauptdarsteller Ryan Reynolds beim Dreh wohl entgegen ursprünglicher Meldungen kleinerer Anpassungen mittels Improvisationen selbst machen darf.

    Vor allem hat er den Vorteil, dass seine Figur einen Großteil des Films eine Maske trägt, daher ohnehin viele Dialoge erst nachträglich aufgenommen und dann in einigen Monaten, wenn der Streik womöglich vorbei ist, angepasst werden können. Mit einem Streik der Schauspiel-Gilde dürfte er aber sofort überhaupt nicht mehr weitermachen.

    Der geplante Kinostart am 1. Mai 2024 wäre in diesem Fall kaum noch machbar, Marvel müsste womöglich erneut viele MCU-Filme verschieben, was dann wiederum Mutterkonzern Disney teuer zu stehen kommen könnte. Dieses Beispiel zeigt, dass auch die Studios ein gefährliches Spiel betreiben, wenn sie die Autor*innen bluten lassen und hoffen, sich mit den Schauspieler*innen noch kurzfristig so zu einigen.

    Es bleibt auf jeden Fall spannend in Hollywood – und der sich zuspitzende Konflikt zwischen der AMPTP und den Gewerkschaften wird zunehmend mit harten Bandagen ausgetragen...

    Rabenschwarzes Jahr für DC: Nach "Shazam 2" floppt auch "The Flash" – und wird zum größten Misserfolg des Superheldenkinos

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top