Stanley Kubrick hat 1968 mit seinem Opus Magnum „2001: Odyssee im Weltraum“ das Science Fiction Genre im Weltall revolutioniert wie kein anderer. „Ad Astra - Zu den Sternen“ hat jedoch von all den Neuproduktionen, die uns in die Weiten des Universums entführen, die meisten Gemeinsamkeiten mit dem Klassiker. Ähnlich wie bei Kubrick kommen auch hier viele praktische Effekte und echte Standbilder zum Einsatz, um die Oberfläche von Planeten darzustellen. Gerade dafür, dass im Gegenzug verhältnismäßig wenig CGI vorkommt, kann sich der Weltraum-Trip echt sehen lassen.
Bevor es losgeht, der Hinweis, dass „Ad Astra“ aktuell im Sortiment von Netflix und (!) Disney+ vorhanden ist. Wer den visuellen Science-Fiction Trip durch den Kosmos noch nicht kennt, sollte dies spätestens jetzt nachholen.
Darum geht es in "Ad Astra – Zu den Sternen"
Major Roy McBride (Brad Pitt) tritt als einer der besten Astronauten der Welt eine langwierige und nervenzehrende Reise zum Rand des Sonnensystems an. Grund dafür ist die überraschende Erkenntnis, dass sein Vater H. Clifford McBride (Tommy Lee Jones) vermutlich noch lebt und für eine mysteriöse Bedrohung verantwortlich ist, die das Sonnensystem erschüttert.
Roy macht sich damit auf die längste Reise seines Lebens, die bis zum Neptun reicht. Dabei weiß er weder, ob sein Vater überhaupt noch lebt, noch ahnt er, dass ihm viele Informationen von seinen Vorgesetzten verschwiegen werden. Alsbald wird er mit einer Hürde nach der anderen auf den Zwischenstationen auf dem Mond und Mars konfrontiert. So setzt er alles daran, um zum Rande des Universums zu gelangen.
Ästhetisches Science-Fiction Kino
Regisseur James Gray, der zuletzt „Zeiten des Umbruchs“ drehte, hat mit seinen Werken schon mehrfach gezeigt, dass ihm Ästhetik wichtig ist. Man denke nur einmal an das atmosphärische Dschungel-Abenteuer „Die versunkene Stadt Z“ zurück, in dem er den wilden Urwald in einer Intensität einfängt, die ihresgleichen sucht. In „Ad Astra“ wiederum überträgt er dies in den Weltraum und zeigt uns nicht nur den Mond und Mars in seiner ästhetischen Rauheit, sondern auch eins der überwältigendsten Intros im Science-Fiction Genre.
Während „Gravity“ von den explosiven und theatralischen Momenten lebt und „Ad Astra“ in der Hinsicht mühelos mithalten kann, besticht Grays Film besonders durch seine generelle Optik und Farbgestaltung. Es hat nämlichen einen guten Grund, warum die Reise durch den Kosmos so anders (und damit so viel viel schöner) wirkt als in vergleichbaren Filme. Gray setzte einerseits vermehrt auf praktische Effekte, wie beispielsweise Modelle und Requisiten für die Außenaufnahmen der Raumschiffe und andererseits auf echte Standbilder von den Planeten. Es ist wirklich faszinierend, wie viel Unterschied dies in der Gesamtheit ausmacht.
Perfekt abgerundet wird dies durch die Orange- und Blautöne, die immer wieder das Geschehen bestimmen. Gray macht keinen Hehl darum, dass ihm Farben wichtig sind, besonders dann, wenn wir farbintensivere Szenen vorgesetzt bekommen als in „Blade Runner 2049“.
Immersives Spitzen-Kino
Wie es schon in der FILMSTARTS-Kritik heißt, profitiert die Filmperle besonders von den spannungsgeladenen Stellen, beispielsweise bei der „Mad Max“-artigen Mond-Rover-Verfolgungsjagd. Das Gute dabei: Gray setzt in diesen Momenten nicht auf zu viel Spektakel und dröhnende Töne à la Hans Zimmer, sondern auf ruhige Stücke von Max Richter, der schon mit seinem melancholischen Stück „On the Nature of Daylight“ Filme wie „Shutter Island“ und „Arrival“ ordentlich aufpeppte. Doch nicht nur das.
Gray fokussiert sich narrativ besonders auf Lösungsansätze, die Pitts Figur finden und tun muss, um sich aus brenzligen Situationen heraus zu manövrieren. Dies ist erfrischend und sorgt auch für eine tolle Figurentiefe, die im Sci-Fi Genre gern einmal untergeht, wenn Filmemacher sich nur auf die Optik fokussieren. „Ad Astra“ kann man dadurch alles andere als „Style over Substance“ vorwerfen, da Pitts Figur immer wieder im Mittelpunkt steht und eine fast schon spirituelle Reise in den Weiten des Weltalls erlebt.
"Ad Astra" ist ein ruhiger Film über den Menschen
Gray beweist mit seinem Werk ganz deutlich, dass er weiß, wann er welche Knöpfe drücken muss und wann nicht – nicht nur bei Musikentscheidungen, sondern auch bei der Theatralik, die an keiner Stelle über das Ziel hinausschießt. Pitt liefert mit seiner konstanten Wehmütigkeit eine seiner emotionalsten Performances ab, die sich mit den Voice-Overs, die seine Gedanken festhalten, perfekt ergänzen.
Das Weltraumabenteuer bedeutet in der Gesamtheit damit mehr als nur reine Science-Fiction. Hier geht es nicht nur um eine nervenzehrende Reise durch den Kosmos und komplizierte Vater-Sohn-Beziehung, sondern in der Gesamtheit um die Bewältigung von – metaphorisch gesprochen – astronomischen Traumata. Gegen Ende hin wird es daher umso poetischer, wenn Pitts Figur feststellt, dass die Größe des Universums in Relation zu den existenziellen Ängsten gar nicht so erschreckend ist.
Da „Ad Astra“ mehr einem Kunstfilm als Mainstream-Blockbuster gleicht, sind Parallelen zu Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltall“ zu Recht angebracht. Man darf hier also nicht zu viel Action erwarten und schon gleich gar nicht in den Sessel gedrückt zu werden. Die größte Stärke liegt hier vielmehr an anderer Stelle. Anders als in „Interstellar“ wird gezeigt: Physik und Weltraumforschung mögen sicherlich sehr komplizierte Themengebiete sein, jedoch weit weniger komplex als menschliche Gefühlswelten.
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