Es ist eine wahre Geschichte, die einem die Haare zu Berge stehen lässt: Anfang der 2000er ermordete der als „Spinnenkiller“ bekannte Saeed Hanaei im iranischen Mashhad mindestens 16 Sexarbeiterinnen, um die Stadt „von dem Unreinen“ zu säubern. Der in Teheran aufgewachsene Ali Abbasi, Regisseur des skandinavischen Arthouse-Horror-Hits „Border“, hat die Geschichte nun unter dem Titel „Holy Spider“ verfilmt – als europäische Koproduktion, die erzählerisch stark an klassische Serienkiller-Thriller aus Hollywood angelehnt ist, aber über einen frischen Aspekt verfügt:
Denn „Holy Spider“ folgt zwar den typischen Abläufen des Genres, präsentiert sie aber in einem Setting, das man so bisher selten zu Gesicht bekam: Hier mordet der Frauenhasser eben nicht in einer westlichen Großstadt, sondern in einem Land, in dem Frauen sich nicht nur vor psychopathischen Straftätern fürchten müssen, sondern oft auch vor den Gesetzeshütern selbst. Journalistin Rahimi (Zar Amir-Ebrahimi), deren Rolle für den Film erfunden wurde und die den Killer entlarven will, indem sie sich selbst als Prostituierte ausgibt, wird so zum Beispiel von einem Polizisten bedrängt – und auch von ihrem Chefredakteur, was sie letztendlich den Job kostet.
Am Ende gibt's eine böse Überraschung
Das platziert die Jagd nach dem Serienkiller in einem ganz besonderen gesellschaftlichen Spannungsfeld. Und die ganze Brisanz des Themas entfaltet sich so auch erst nach der Festnahme von Saeed (Mehdi Bajestani) – also zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten klassischen Mörderhatz-Thriller enden. Der Bösewicht ist geschnappt, alles ist gut. Oder etwa doch nicht? Das Gerichtsverfahren in „Holy Spider“ entwickelt sich nämlich in eine unerwartete Richtung …
… und endet mit Szenen, die einem einen direkten Schlag in die Magengrube versetzen, auch wenn Regisseur Abbasi diesen fast schon ein wenig zu sehr abmildert. Spoilern werden wir an dieser Stelle natürlich nicht. Wenn ihr aber neugierig seid, könnt ihr in unsere Kritik reinlesen, wo es natürlich eine extra Spoiler-Warnung gibt. Wir haben „Holy Spider“ nämlich schon bei den Filmfestspielen in Cannes 2022 gesehen und gute 3,5 von 5 Sternen vergeben – die Autorin dieser Zeilen sieht den Film sogar bei 4 Sternen.
Die FILMSTARTS-Kritik zu "Holy Spider"
Das liegt neben den tollen Schauspielleistungen auch an der extrem dichten und atmosphärischen Inszenierung von Ali Abbasi. Viele der Bilder des nächtlichen Mashhad, das von Lichtadern wie von einem Spinnennetz durchzogen ist, sind einfach eine Wucht und drücken einen zusammen mit der intensiven Sound-Kulisse geradezu in den Kinosessel. Und schwarzhumorige Szenen und gnadenlose Brutalität wechseln sich dermaßen gekonnt ab, dass man nie weiß, ob man jetzt erleichtert auflachen oder lieber direkt weiterweinen soll.
Wenn ihr euch selbst ein Bild von „Holy Spider“ machen wollt, der von Dänemark übrigens als Kandidat für die Oscars 2023 in der Kategorie „Bester internationaler Film“ eingereicht wurde, dann markiert euch den 12. Januar 2023 in eurem Kalender. Dann startet „Holy Spider“ nämlich bundesweit in den Kinos.
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