+++ Meinung +++
Wirft man einen Blick auf die Filmografie von Christian Bale, drängt sich einem eine Vielzahl an grandiosen Performances auf, an die man sich gerne zurückerinnert. Einige darunter bleiben aus ganz unterschiedlichen Gründen besonders im Gedächtnis: Bruce Wayne aus der „Dark-Knight"-Trilogie, Captain Joseph aus „Hostiles", Trevor Reznik aus „Der Maschinist". Dazu gehört sicher auch Patrick Bateman aus „American Psycho".
Hier gelingt es ihm, absolute Künstlichkeit zu verkörpern, der man ihre Überzeugungskraft abnimmt, aber die man dennoch als gänzlich aufgesetzt begreifen kann. Diese etwas verstörende Ambivalenz markiert Bateman eindeutig als Psychopathen und betont den kritisch-satirischen Ton des Werkes, der scheinbar in Teilen noch immer missverstanden wird. Damit ist der Film nicht alleine, sondern reiht sich bei Werken wie „Fight Club", „Wall Street" oder „The Wolf of Wall Street" ein.
Eine Kritik des Zeitgeists der 80er-Jahre
Der im Jahre 2000 erschienene Film spielt in den 80er-Jahren in New York und erzählt uns vom Leben Patrick Batemans, der als erfolgreicher Broker ein auf der Oberfläche perfektes Leben führt: Sein schönes Apartment, seine Geliebten und seine perfekt sitzenden Anzüge spiegeln sein optimal geregeltes Leben wider. Bald schon stellen die Zuschauer*innen jedoch fest, dass es unter dieser Fassade ordentlich brodelt.
Der vielleicht anfangs noch „cool“ wirkende Charakter, verliert seine „Coolness“ immer spätestens dann, wenn die Brutalität aus ihm herausbricht und wir ihn als Gewalttäter erleben. Bale gelingt es auch ikonische Momente so zu spielen, dass die innere Leere deutlich wird, die Bateman in sich trägt. Er wirkt nie wie ein Mensch, stets wie ein perfektes Produkt, dessen Gewalt Ausbruchsversuche einer tief verinnerlichten Entfremdung sind.
Statt Bill Murray: Dieser Kult-Schauspieler sollte eigentlich den Cameo-Auftritt in "Zombieland" übernehmen!Sein Umfeld nimmt davon kaum Notiz, weil es selbst davon getrieben ist, sich die Symbole anzueignen, die sie als reich markieren (Uhren, Anzüge, teure Reservierungen). „American Psycho“ lässt sich als Kritik an der amerikanischen Wirtschaftspolitik unter Ronald Reagan lesen, die aus einem Optimierungszwang heraus das Soziale zurückdrängte. Er lässt sich auch als Film über Männlichkeit deuten, die versucht, ihre eigene Identität in der Gewalt wiederzufinden. Ganz allgemein lässt er sich auch als Kritik an der Herrschaft des Materiellen über uns sehen. Sicherlich legt er jedoch nicht nahe, dass Batemans Leben ein erstrebenswertes wäre.
Patrick Bateman als Kultfigur
Dass Bateman eine kritisch zu betrachtende und partiell bemitleidenswerte Figur ist, machte Regisseurin Mary Harron klar, als sie angab, dass sie Christian Bale unter anderem deshalb gecastet hätte, weil er nicht so wirkte, als sähe er in Bateman ein Idol. Dies bestätigt sich, wenn man sich das Gespräch ansieht, das Bale kürzlich mit der GQ über „kultige Rollen“ seiner Filmografie führte. Als das Gespräch auf Patrick Bateman fällt, berichtet er von einer Anekdote, die sich bei seiner Recherche zum Film auf der Wall Street ereignete:
„Wissen Sie, ich habe alle verschiedenen Arten von Leuten an der Wall Street besucht. Aber als ich noch vor dem Filmdreh bei den Jungs auf dem Börsenparkett ankam, meinte ein Haufen von ihnen: 'Ahh Patrick Bateman' und klopfte mir auf den Rücken und sagte: 'Oh ja, wir lieben ihn!' Und ich sagte: 'Ja, auf ironische Weise, oder?' Und sie sagten: 'Was meinst du damit?'“
Dieses unreflektierte Abfeiern der Figur bereitet Bale augenscheinlich Sorge. Zu Recht, wird der Film hier doch von denjenigen missverstanden, an die er sich potenziell richtet. Es ist ein Problem, wenn ambivalente Figuren aus dem Kontext ihres Werkes gerissen und glorifiziert werden. Man sieht das nicht zuletzt an der Internet-Präsenz von Figuren wie Patrick Bateman, Tyler Durden oder Jordan Belfort, die als Memes wiederkehren und mit ihren zentralen One-Linern zitiert werden. Durch die Loslösung vom Film spiegeln und intensivieren sich genau die Gedanken, die die zugrundeliegenden Filme eigentlich kritisieren wollen. Da ist es gut, wenn ein Schauspieler diese Loslösung vom Werk selbst thematisiert.