+++ Meinung +++
Michael Bay und die Marke „Transformers“: Eine langjährige Bindung, die eigentlich nicht sein sollte. Lobt sich Bay doch üblicherweise dafür, in seinen brachialen Krachbummfilmen möglichst viel haptisches Spektakel zu bieten und digitale Tricks nur in untergeordneter Rolle einzusetzen. Dass so jemand einwilligt, Filme über unzählige computeranimierte Figuren zu machen, ist sonderbar bis irritierend. Obendrein fand Bay nach eigenen Aussagen die Prämisse der „Transformers“-Welt voller Alien-Roboter, die sich als irdische Gerätschaften ausgeben, eingangs total kindisch. Bay musste überredet werden, den ersten „Transformers“-Film zu drehen.
Selbst wenn es kein Konsens-Urteil ist: Meiner Ansicht nach merkt man ihm das an. Der Film ist auf eine Weise öde und lustlos, die krachendes Verwüstungskino niemals sein dürfte. Aber Bay scheint dabei Blut geleckt zu haben, schließlich reichte er vier weitere „Transformers“-Filme variierender Qualität nach. Während Teil zwei etwa reinste Tortur ist, ist Teil fünf auf eine Art sonderbar, die man erlebt haben sollte. Etwa heute im Free-TV: Sat.1 zeigt am heutigen Sonntag, dem 13. November 2022, „Transformers: The Last Knight“ ab 20.15 Uhr.
"Transformers: The Last Knight" – Eine Action-Attacke des Sci-Fi-Irrsinns
Optimus Prime, der Anführer der Autobots, erfährt, dass seine Heimat Cybertron zerstört wurde und ein jahrhundertealtes Artefakt benötigt wird, um sie in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Besagtes Artefakt wurde zu Zeiten von König Artus (Liam Garrigan) auf der Erde versteckt. Wie sich andeutet, wird sie zu Grunde gehen, sollte das Artefakt genutzt werden, um Cybertron zu retten. Daher müssen nun Erfinder Cade Yaeger (Mark Wahlberg), der Transformer Bumblebee, der englische Lord Edmund Burton (Anthony Hopkins), die Geschichtsprofessorin Vivien Wembley (Laura Haddock) und die junge Rebellin Izabella (Isabella Merced) alles dafür tun, das Ende der Erde abzuwenden...
Stanley Tucci als versoffener, krächzender Merlin. Riesige Roboter, die den Rittern der Tafelrunde bei einer entscheidenden Schlacht aushelfen. Eine Rückblende, die zeigt, dass mechanische Aliens den Alliierten geholfen haben, die Nazis zu bezwingen. Ein lebender Planet mit unbequemer Persönlichkeit. Leinwandlegende Anthony Hopkins, der sich in der Rolle eines exzentrischen Gelehrten exakt so unberechenbar-lebensfroh aufführt, wie er sich sonst nur in seinen viralen Social-Media-Clips gibt.
Und dann hat Hopkins auch noch einen Roboter-Butler namens Cogman, der oberflächlich höflich ist, jedoch wiederholt soziopathische Züge zeigt, und sich im Straßenverkehr wie die gesenkte Sau benimmt. All das, während er Rap-Klassiker singt. Jungstar Isabella Merced wiederum klettert mit staunenden Augen und frecher Schnauze durch Ruinen, als sei sie die Heldin eines verloren geglaubten 80er-Jahre-Amblin-Familienfilms – inklusive superknuffigem Robo-Sidekick. Bloß, dass sich ihre Wege mit einem ironisch motzenden Mark Wahlberg kreuzen, der agiert, als sei er vom Set eines „Daddy's Home“-Sequels gestolpert.
Marvel-Star in "Gears Of War" von Netflix? Die Fans sind schon mal begeistertDer reist später mit einer von Laura Haddock gespielten Geschichtsprofessorin, deren Familie sich um ihr Sexleben sorgt, mit einem knarzenden U-Boot zu einem versteckten Raumschiff. Klingt chaotisch? Oh, haltet euch fest, denn das Ganze wird in vier verschiedenen, andauernd wechselnden Bildformaten eingefangen. Kurzum: „Transformers: The Last Knight“ ist kein Film, den man während einer Kopfschmerzattacke schauen sollte. Oder wenn man gerade in Stimmung für Subtilität, Kohärenz und Logik ist.
Weshalb also ist dies hier ein „TV-Tipp“ zu Michael Bays finalem „Transformers“-Film, nicht etwa eine „TV-Warnung“? Weil diese Sci-Fi-Chaosaction, ganz anders als beispielsweise der monoton-lärmende „Transformers 2 – Die Rache“, Spaß macht! Meinetwegen hätte er sogar noch mehr Exzess vertragen können! Doch auch in der dargebotenen Form ist es irrsinnig-kurioses Vergnügen, Michael Bay im „Transformers“-Sandkasten zu sehen und mit einer „Nun ist's ja auch egal!“-Haltung martialisch-monumentalen Trubel zu verursachen.
Sei es die grinsend ins Selbstparodistische driftende Mythologie rund um die stets pathetisch-bedeutungsschwanger schwafelnden Autobots. Oder Mark Wahlbergs Gesichtsausdrücke, die unentwegt einen Spagat zwischen Verwirrung und Begeisterung leisten. Oder halt das total durchgedrehte Gespann Hopkins/Cogman mit seiner Schnellfeuerattacke an Koffeinschock-Humor: Bay weiß, dass er seine Zeit im „Transformers“-Universum überdehnt hat, und zelebriert seine Ehrenrunde mit gepfefferter Megalomanie.
Er stand bis 2021 auf dem Index: Einer der legendärsten Splatter-Filme der 2000er erscheint ungekürzt fürs HeimkinoDie dabei vom Zaun gebrochene Action ist inhaltlich völlig fadenscheinig begründet, was der Spannungskurve leider nicht zuträglich ist. Trotzdem ist die Hochglanz-Zerstörung so voranpreschend-manisch inszeniert und überraschend, dass sie noch immer ein ansehnliches Erlebnis darstellt.
Das Gewitter an sich ändernden Bildformaten fasst „Transformers: The Last Knight“ erschreckend gut zusammen: Die einzelnen Bilder sind beeindruckend, im Zusammenspiel sind sie disharmonisch. Nicht so sehr, dass es wieder genial wird. Aber das in diesem Chaos gezeigte Wirrwarr ist auffällig genug, um unerwartet positiv in Erinnerung zu bleiben – mit etwas Kopfweh und Bauchgrimmen.
Bay war zweifelsohne schon besser, doch auch wiederholt schlechter – daher lautet mein Tipp: Eine Packung Nacho-Chips aufreißen, im Ofen mit Käse überbacken und das Ergebnis in Schüben wegknuspern, wenn Bays Exzess zwischendurch in völlig durchgeknallte Sphären abdriftet. Es wird für Hirn und Cholesterinspiegel kein gesunder Abend – aber auch ein sündig-vergnüglicher.
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