Francis Ford Coppola bezeichnet „Der Dialog" als seinen persönlichsten Film. Der große Erfolg des legendären Mafia-Epos „Der Pate" erlaubte es Coppola, dieses Herzensprojekt vollkommen unabhängig zu produzieren. Ironischerweise war es unter anderem „Der Pate II", gegen den der 1974 in die Kinos gekommene „Der Dialog" dann beim Rennen um die Oscars unterlag. Und auch beim amerikanischen Publikum fiel der äußerst durchdacht inszenierte und vom europäischen Autorenfilm inspirierte Paranoia-Thriller durch.
Harry Caul (Gene Hackman) ist ein Abhörspezialist und der beste Mann in seinem Fach.. Sein aktueller Auftrag besteht darin ein Paar auf dem stark belebten Union Square in San Franciso zu belauschen. Mark (Frederick Forrest) und Ann (Cindy Williams) wissen um die Möglichkeit einer Überwachung und bleiben deshalb konstant in Bewegung. Trotzdem gelingt es Harry, das gesamte Gespräch aufzuzeichnen. Dabei wird der Satz „Er würde uns umbringen, wenn er es könnte." hörbar, der Harrys schlechtes Gewissen weckt. Normalerweise gehört es zu seiner Arbeitsweise, dass er sich keine Gedanken um den Inhalt der von ihn belauschten Gespräche macht. Doch in der Vergangenheit kamen einmal drei Menschen durch Harrys Arbeit ums Leben. Nun möchte er verhindern, dass sich solch eine Geschichte wiederholt.
Unverkennbar ist „Der Dialog" von Michelangelo Antonionis eine Dekade zuvor entstandenem Arthouse-Thriller „Blow Up" (1966) inspiriert. Doch war es bei Antonioni ein Modefotograf, der zufällig eine Aufnahme von einem mutmaßlichen Mord gemacht hatte, ist der Protagonist bei Coppola ein professioneller Abhörspezialist. Das bedingt unter anderem, dass das entscheidende Rätsel in „Der Dialog" nicht auf der Bild, sondern auf der Tonebene zu finden ist. Trotzdem geht es in beiden Fällen darum, das undeutlich aufgezeichnete Material richtig zu interpretieren. Hauptfigur Harry ist bei Coppola und Hackman ein Nerd, dem jenseits seiner technischen Errungenschaften jede Einbildungskraft fehlt. Er kann nur Dinge aufzeichnen und diese Aufzeichnungen deutlich wiedergeben. So wie er beim Saxophonspielen in seiner Wohnung niemals selbst etwas improvisiert, sondern immer nur Jazz-Aufnahmen auf seinem Instrument begleitet, so mangelt es Harry auch an der nötigen Fantasie zur weiteren Interpretation der von ihm aufgenommenen Gespräche.
Coppola inszenierte „Der Dialog" hochkonzentriert und präzise. Er verzichtet auf spektakuläre visuelle Spielereien, stattdessen treten dem Thema entsprechend oft Geräusche und Tonaufzeichnungen in den Vordergrund – wie das von Harry immer wieder abgespielte Gespräch zwischen Mark und Ann. Die zurückhaltende Inszenierung spiegelt auch Harrys reserviertes, konstant seine Gefühle unterdrückendes Wesen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich „Der Dialog" jedoch auch auf visueller Ebene als stark stilisiert. Beispielsweise suggeriert die oftmals statische Kamera sehr effektiv die ungerührte Zeugenschaft einer Überwachungskamera.
Der Film lief in den Kinos an, als die Watergate-Affäre Amerika noch im Griff hatte. Dabei ist „Der Dialog" eine im Rückblick zeitlose Warnung vor den Gefahren einer drohenden Überwachungsgesellschaft. Und der nachhaltige Einfluss, den Coppolas Thriller auf andere Filmemacher ausübte, zeigte sich spätestens 1981. Da drehte Brian dePalma einen Verschwörungsthriller um einen Tontechniker. Dieser nimmt zufällig mit seinem Mikrophon ein vermutliches Attentat auf und versucht anschließend, seine Tonaufzeichnungen mit den Bildern eines Fotografen zu synchronisieren. Der Tontechniker wird von John Travolta gespielt – und der Film heißt „Blow Out".
Fazit: Zwischen dem epischen Erzählen der „Pate"-Trilogie und dem halluzinatorischen Größenwahn von „Apocalypse Now" gilt es, ein deutlich konzentrierteres Meisterwerk von Francis Ford Coppola neu zu entdecken. „Der Dialog" war in der Schilderung einer Überwachungsgesellschaft seiner Zeit weit voraus und funktioniert doch ebenso gut als dicht inszenierter Thriller.