Licht und Schatten des Nimmerlands...
Ah ja, Peter Pan. Die berühmte Figur aus J. M. Barries legendärer Geschichte. Bis 1991 war es vor allem Disneys Zeichentrickfilm von 1953, der den Leuten Peter und das Nimmerland näher gebracht hatte. Und es gab praktisch keine großen Realverfilmungen des Stoffes. Und das sollte auch noch eine Weile dauern, denn der große Steven Spielberg entschied sich die Fortsetzung des Stoffes zu verfilmen: „Peter und Wendy“. Diese stammt auch tatsächlich noch von Barrie, wurde also nicht viel später dazu gedichtet. In dieser Geschichte ist Peter bereits erwachsen, was an und für sich eine spannende Idee ist. Und wer wenn nicht Spielberg würde sich anbieten solch eine Geschichte zu verfilmen. Man denke nur an „E.T.“ von 1982, der perfekte Beweis, dass Spielberg ein Händchen für emotionale Familienfilme hatte. Und die 90er waren sicherlich ein großartiges Jahrzehnt für den berühmten Regisseur, immerhin folgten „Jurassic Park“, „Schindlers Liste“ und „Der Soldat James Ryan“. Doch leider wurde sein Fantasy-Film „Hook“ von Kritikern zerrissen. Zurecht? Nun ja, irgendwie schon und irgendwie nicht… Wie viele andere bin ich mit dem Film ein Stückchen aufgewachsen. Ich sah ihn im Fernsehen und mochte ihn. Doch seitdem sind viele Jahre vergangen. Wie Peter im Film, bin auch ich erwachsen geworden und muss leider gestehen, dass der Film viele Probleme hat, aber auch einige wirklich magische.
Peter ist erwachsen, hat eine Familie mit zwei Kindern und ist Anwalt. Von dem frechen, verspielten Jungen ist nichts mehr übrig geblieben und das bekommen vor allem seine Kinder zu spüren. Doch eines Tages kehrt der finstere Hook zurück und entführt Peters Kinder ins Nimmerland. Peter will seinen Nachwuchs retten, doch benötigt dafür die Hilfe von Glöckchen und den verlorenen Jungs. Er muss sich wieder daran erinnern, wer er einmal war…
Wie gesagt hat die Story spannende Ansätze. Doch wenn ich ehrlich bin, kann ich nur wenig Gründe finden, warum dieser Film eigentlich existiert. Im Grunde ist es „Peter Pan“ nur mit einem alten Peter. Klar gibt es Unterschiede, zum Beispiel Hook, der nun einen liebenden Vater mimen will, um die Kinder auf seine Seite ziehen zu können. Wendy ist nun eine alte Dame und Peter eben ein erwachsener Mann, der seine Kindheit vergessen hat. Doch „Hook“ fühlt sich ansonsten wie eine Realverfilmung des Originalstoffes an, was aber auch sicherlich an der Vorlage liegt…
Aber ok, wenn die Story schon nicht sehr originell ist, dann ist er doch wenigstens gut inszeniert. Ja und nein. Ein großer Kritikpunkt ist für mich die teils gehetzte Erzählweise, wenn wir mit Peter Nimmerland betreten. Alles geht so schnell, dass man kaum mitkommt. Der Film ist fast zweieinhalb Stunden lang, nimmt sich aber oftmals nicht die Zeit seine Figuren und Szenen atmen zu lassen. Ein weiteres großes Problem ist der alberne Humor. Ja, es geht um Kinder (eigentlich nur Jungs), die verrückt seien und spielen wollen. Aber der Witz im Film ist oftmals zu slapstickhaft, zu plump und zu… na ja, kindisch. Gerade wenn es um einen älteren Peter Pan geht, würde es doch passen der Story etwas mehr Reife zu verpassen. Stattdessen ist „Hook“ in meinen Augen eher ein hübscher, wenn auch manchmal zu rasanter Film für Kinder. Auch die Message, die der Film rüber bringen will, wird nur selten mit subtiler Feinfühligkeit übermittelt. Deswegen empfinde ich bei den emotionalen Kitschszenen gegen Ende auch nicht das, was der Film eigentlich gern erreichen möchte.
Vielleicht bin ich auch zu unemotional, wer weiß… Auch logische Fehler gibt es leider zuhauf. Ja, Logikfehler in einem Film über Feen und Meerjungfrauen, wer hätte es gedacht. Aber trotzdem frage ich mich, was das Ende mit dem Krokodil soll. Ist es nun tot oder lebendig? Weiterhin finde ich es schade, dass der Film die fantastischen Ereignisse als ganz klar wahr bezeichnet. Nimmerland und Co gibt es wirklich. Die mehrschichtigen Metaphern und Symbole der Originalstory sind damit leider futsch.
Ich würde diesen Film so gerne lieben, denn es gibt ja auch wirklich tolle Aspekte. Da wären zum Beispiel Robin Williams und Dustin Hoffman in den großen Hauptrollen. Eine perfekte Besetzung! Williams ist der geborene Peter Pan und Hoffman ein charmanter Hook. Auch Bob Hoskins ist als Smee einfach genial gecastet. Maggie Smith spielt die alte Wendy mit viel Herz und Julia Roberts als Glöckchen stimmt ebenfalls, auch wenn ihre Perücke furchtbar ist… Nur die Kinderdarsteller sind leider ziemlich schlecht, bis auf ein paar wenige Ausnahmen bei den verlorenen Jungs.
Die Sets sind wirklich beeindruckend und die Kostüme prachtvoll anzusehen. Spielberg schafft es auch dem Film immer wieder eine schöne Energie zu geben. Der Film kann sehr verspielt sein und beeindruckt mit tollen Spezialeffekten für die Zeit. Gerade wenn man sich die mit CGI zu gekleisterten Disney-Remakes ansieht, ist ein Film wie „Hook“ rein optisch eine willkommene Abwechslung!
Das Highlight ist aber für mich John Williams und seine fantastische Musik. Was für ein themenreicher und prächtiger Fantasy-Score das ist! Diese Filmmusik ist so wundervoll und magisch, dass ich mich immer wieder wundere, warum sie nie so populär geworden ist, wie andere Williams-Kompositionen… Wenn man auf etwas nicht verzichten sollte bei diesem Film, dann ist es die großartige Filmmusik, denn die trägt und rettet den Film immer wieder.
Fazit: „Hook“ ist sicherlich einer von Spielbergs schwächeren Filmen und hätte so viel mehr sein können. Technisch brillant und mit einem (größtenteils) wunderbaren Cast, bietet diese Verfilmung des Stoffes wirklich einige tolle Momente, gerade in Verbindung mit dem herrlichen Soundtrack. Doch für mich überschatten leider viele Probleme im Drehbuch das Endergebnis… Denn erst das macht für mich oftmals die wahre Magie eines Films aus!