Trotz seines wahren Hintergrundes, wodurch Handlung und Ausgang natürlich nicht viel Überraschungspotenzial bieten, liefert Rescue Dawn’ ein gutes Beispiel, wie mit minimalem technischen Aufwand, aber unter absolut authentischen Bedingungen ein Ergebnis maximaler Intensität erzielt werden kann. Werner Herzogs Inszenierung verzichtet gänzlich auf effekthascherische Spielereien, sowohl dramaturgisch, als auch visuell. Kameramann Peter Zeitlinger unterstützt Herzogs beinahe dokumentarischen Stil durch eine situative Bildgestaltung. Statt die Einstellungen und Szenen aufwendig zu komponieren (sie einzuleiten, ihnen einen Höhepunkt zu verschaffen, sie ausklingen zu lassen…) und ihnen somit etwas Artifizielles beizumengen, bildet Zeitlinger nur ab, was ihm vor die Linse kommt. Dieser von Herzog bewusst vermiedene Effekt einer „künstlichen Ästhetik“ (wie der Regisseur es nennt) verleiht dem Film seine ganz eigene Wirkung. Alle elementaren filmischen Zutaten, wie Charakterzeichnung, Geschichte, Atmosphäre und Gestaltung der Schauplätze, können sich so voll und ganz entfalten, ohne von Zweit- und Drittrangigkeiten (Special Effects, klischeehafte Nebenfiguren, Sublots,…) in den Hintergrund gedrängt zu werden.
Die entscheidende Komponente des Films ist die gnadenlose Authentizität, die Herzog seinen Darstellern und auch sich selbst während der Dreharbeiten und seinem Publikum während des Betrachtens zumutet. Besonders Christian Bale werden hier Abscheulichkeiten und Martyrien zugemutet, die der Ausnahmeschauspieler nicht unter Protest, sondern vielmehr mit dem ihm eigenen Willen zum Ausloten seiner physischen und psychischen Grenzen entgegennahm. Ob beim Vertilgen von Maden, kopfüber hängend mit einem Ameisennest vor das Gesicht gebunden, barfuss durch dichten Dschungel watend, nichts erschien Bale als zu große Zumutung, um die Gefangenschaft des Dieter Dengler so hautnah und eindringlich wie möglich zu portraitieren.
Bei all den offensichtlichen Qualen und Strapazen wird Dengler jedoch nie zu einem Charakter, der sich von diesen Umständen diktieren lässt. Das viel geschundene, später ausgehungerte Äußere kontert Bale mit nicht minder ausgeprägter innerer Kraft und einem grundsatzoptimistischen Lebenswillen, mit dem wohl auch der echte Dieter Dengler damals im Stande war, dieses Abenteuer’ zu überleben. Dabei lässt der Waliser seine Darstellung mehr als einmal und besonders im Zusammenspiel mit seinen Mitgefangenen am nackten Wahnsinn kratzen. Diesem schon beinahe gänzlich zugewandt zeigt sich Gene DeBruin, gespielt von Jeremy Davies, der bereits seit über zwei Jahren in dem Lager gefangen gehalten wird. Davies Spiel erinnert dabei etwas an seine Rolle in Steven Soderberghs Solaris’, als Konterpart zum enthusiastisch Fluchtpläne schmiedenden Dengler sorgt sein manisch auf Freilassung hoffender DeBruin aber für einige der spannendsten Momente des Films. Außerdem erkennt man an ihm, mehr noch als später an Christian Bale, die körperlichen Auswirkungen der Gefangenschaft. Der ohnehin sehr dünne Davies hungerte sich für die Rolle weitere 15 Kilo vom Körper. Ein nahe gehender, beängstigender, gleichwohl mitreißender Anblick. An DeBruins Charakter lässt sich im Übrigen bei der späteren Fluchtsequenz mit am treffendsten festmachen, inwieweit Herzog eine konventionelle Dramaturgie umgeht.
Getragen wird der Film nicht zuletzt auch von einer starken musikalischen Untermalung durch Klaus Badelt. Sein zumeist subtiler, in den passenden Augenblicken ausschweifender Score ermöglicht oft den emotionalen Zugang, an dem es der Inszenierung durch Herzogs nüchternen Stil manchmal zu deutlich fehlt, um mit dem Geschehen wirklich mitfiebern zu können.
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