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    Offset
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Offset
    Von Jonas Reinartz

    1978 kam sie als Tochter einer Sprachwissenschaftlerin und des Schauspielers Valentin Platareanu, der das dort ansässige renommierte Staatliche Theater leitete, in Bukarest zur Welt - Alexandra Maria Lara (bürgerlich: Alexandra Platareanu). Bereits fünf Jahre später musste die Familie vor dem Ceauşescu-Regime flüchten und kam nach Deutschland. Nach ihrer Schulausbildung besuchte sie drei Jahre lang die Schauspielschule, die ihr Vater ins Leben gerufen hatte. Beharrlich erspielte sich Lara einen guten Ruf in der deutschen Filmszene, trat zunächst in kleinen Fernsehrollen auf, die mit der Zeit stetig größer wurden, so trat sie bereits 2001 in Roland Suso Richters Mehrteiler „Der Tunnel“ an der Seite von Heino Ferch und Nicolette Krebitz auf. In der Folgezeit wurden auch die Kinoangebote zahlreicher, so spielte sie u.a. unter der Regie von Joseph Vilsmaier („Leo und Claire“, 2001) und Doris Dörrie (Nackt, 2002), wobei sie einem breiten Publikum mit ihrer beeindruckenden Verkörperung von Hitlers Sekretärin Traudl Junge in Oliver Hirschbiegels 2005 entstandenem Der Untergang bekannt wurde. Es war ihr stets ein Wunschtraum, einmal in ihrer Heimat vor der Kamera zu stehen, Didi Danquarts „Offset“ bot ihr diese Möglichkeit. So sehr der Schauspielerin die Dreharbeiten der europäischen Co-Produktion auch gefallen haben mögen, zumal sie in ihrer Geburtsstadt arbeiten konnte und ihr Vater ebenfalls mitspielte, das Endergebnis ist eine unausgegorene Dreiecksgeschichte, die, anstatt ironisch mit Länder- Klischees zu spielen, diese nur bedient und genüsslich auswalzt, was einen üblen, europafeindlichen Eindruck hinterlässt.

    Die rumänische Übersetzerin Brindusa (Alexandra Maria Lara) arbeitet als Sekretärin in einer kleinen Druckerei, dort hat sie auch den deutschen Druck-Ingenieur Stefan (Felix Klare) kennen und lieben gelernt. In wenigen Tagen will das junge Paar vor den Traualtar treten. Aus Angst vor ihrem gemeinsamen Chef Nicu Iorga (Razvan Vasilescu), mit dem Brindusa einst eine Affäre hatte, wissen nur einige enge Freunde und die jeweilige Familie von dem bevorstehenden Ereignis. Doch schon ohne diese Kenntnis macht der extrem eifersüchtige Iorga seinem Konkurrenten das Leben schwer, er gibt ihm die Schuld, dass eine für die Zukunft der Firma enorm wichtige Druckerstraße nicht ordnungsgemäß arbeitet. Da seine französischen Investoren langsam unruhig werden, setzten sie dem cholerischen Machtmenschen den ebenfalls deutschen Gutachter Peter Gross (Bruno Cathomas) vor die Nase, was dieser mit kaum verborgener Verachtung straft. Zufällig erfährt er von den Heiratsplänen seiner ehemaligen, weitaus jüngeren Geliebten und macht sich, trotz Ehefrau und Kindern, immer noch große Hoffnungen, sie zurück gewinnen zu können, doch ohne Erfolg. Zudem attestiert Gross seinem Landsmann eine absolut fehlerfreie Arbeitsweise, der Fehler liege bei der Papierwahl. Dieser müsste eigentlich in guter Stimmung sein, doch seine extrem kritische Familie ist soeben angereist. In einer privaten und geschäftlichen Krise steckend, sieht Iorga inzwischen in der Verhinderung der Eheschließung von Brindusa und Stefan die Lösung all seiner Probleme, koste es, was es wolle.

    Augenscheinlich hatten sich Danquart und seine Co-Autoren Cristi Puiu und Razvan Radulescu viel vorgenommen; eine tragische Geschichte eines Paares vor dem Hintergrund eines sich verändernden Landes sollte geschildert werden, die nicht nur aufgrund einer intervenierenden Person, in Form von Brindusas Chef, sondern auch durch kulturelle Unterschiede an ihrer Entfaltung gehindert wird. Sein Film formuliere „reale Wirklichkeit durch eine fiktionale Erzählstruktur“, so der Regisseur. So ehrenwert der Versuch auch sein mag, die Ausführung scheitert kläglich. Dabei ist die Dreiecksgeschichte für sich genommen ansatzweise aufgrund der unterschiedlichen sozialen Herkünfte nicht gänzlich uninteressant, wenn auch ein wenig redundant. Bereits nach einigen Minuten ist es ersichtlich, Iorga wird Brindusa nicht ohne weiteres ziehen lassen, dementsprechend ist der weitere Verlauf ohne weiteres vorhersehbar. Das nun erfolgende Tyrannisieren von Stefan und die stetige Bemühungen, Brindusa doch noch zu überzeugen, sind prinzipiell recht langatmig. Lediglich der misslungene Versuch, in einer Szene mit einer Gangsterfilm-Parodie zu punkten, überrascht. Ansonsten regiert die Tristesse. Fast scheint es so, als würde sich die wie immer überzeugende Alexandra Maria Lara in einem anderen - besseren - Film befinden, zumal ihr Partner Felix Klare relativ blass bleibt. Um womöglich Frische hineinzubringen und so etwas wie Komik entstehen zu lassen, wurden vermutlich die kauzigen Deutschen, in Form von des Gutachters Gross und Stefans Familie erdacht, was jedoch auch nicht fruchtet. Gerade Bruno Cathomas, Manfred Zapatka („Todesspiel“, 1998; Der freie Wille, 2006), Valentin Platareanu und insbesondere Katharina Thalbach (Die Blechtrommel, 1979; Sonnenallee, 1999) spielen routiniert, sind jedoch mit einseitigen Rollen stark unterfordert. Genüsslich gibt Razvan Vasilescu einen in die Jahre gekommenen Patriarchen, der es nicht verwinden kann, dass ein Jungspund, zudem noch aus Deutschland, ihm „sein“ Mädchen, das, an ihrem Alter gemessen, seine Tochter sein könnte, streitig machen will, doch gerade diese Figur führt zum zentralen Problem, dem der Klischeehaftigkeit.

    Betrachtet man nur diese Aspekte, hat man es mit einem unterdurchschnittlichen Werk zu tun, doch sobald man die angebliche Wirklichkeit, die abgebildet sein soll, in Betracht zieht, so relativiert sich diese Meinung flugs und „Offset“ wird zu einer Katastrophe. Es lag wohl so nicht in seiner Absicht, doch Danquart zeichnet Bukarest als eine rückständige und verarmte Stadt, stellvertretend für ein ganzes Land. Natürlich kann bei einem Dreh „on location“ nur das genutzt werden, was vorhanden ist, und Bukarest ist beileibe keine schöne Stadt, doch es werden nahezu nur negative Eindrücke vermittelt. Abgesehen von Brindusas Umfeld, ihrem Vater und ihrer Kollegin Christina sind alle Rumänen karikaturhaft überzeichnet. Bezeichnend ist eine Szene, in der Stefan seine bestellten Eheringe abholen möchte. Die Verkäuferin hat es nicht fertig gebracht, die richtigen Modelle zu bestellen, zusätzlich wird am nächsten Tag überraschenderweise nicht gearbeitet, so bleibt dem Bräutigam in spe nicht anderes übrig, als die falschen Ringe zu akzeptieren. Unzuverlässig und faul ist es, dieses Volk, so die Aussage dieser Szene. Weitaus schlimmer ist natürlich Iorga, in dem sämtliche Vorurteile über osteuropäische Geschäftsleute zusammenkommen. Von sich selbst vollkommen eingenommen, strotzend vor Rassismus und Machismo und von einer Schlägertruppe umgeben, behandelt er seine gutgläubige Ehefrau wie ein unmündiges Kind und spielt sich gen Ende gar wie der Pate von Bukarest auf. Kriminell sind die Deutschen hier natürlich nicht, jedoch wahlweise schwach, verklemmt, arrogant oder pedantisch.

    Letztendlich bleibt die Frage, welche Zielgruppe „Offset“ eigentlich bedienen will. Wer ein Liebesdrama erleben möchte, dem werden die üblen Klischees äußerst missfallen, die weder vor Rumänien noch Deutschland halt machen. Ob Zuschauer, die Vorbehalte gegen eine EU-Erweiterung besitzen, diese unbedingt in einem derartigen Genre bestätigt sehen wollen, darf auch stark angezweifelt werden. Zweifellos bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Völkern, zumal ein Kulturclash auch einiges an dramaturgischem Potenzial bereithält, trotz erheblicher Stolperfallen, jedoch ist hier ein Fingerspitzengefühl vonnöten, das Didi Danquart fast völlig vermissen lässt. Die von ihm betriebene Kumulation von Klischees und Vorbehalten stellt das genaue Gegenteil einer Annäherung dar und mündet nahezu in einem Affront gegen beide Länder.

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