Memphis, da tauchen unmittelbar Assoziationen wie Rock’n Roll und das Musikbusiness mit all seinem Glanz und all seinem Elend auf. Den Mythos vom Underdog, der über die Musik einen Weg zum Ausdruck der eigenen Lebenslage und zu Selbstwertgefühl, lässt Autor und Regisseur-Neuling Draig Brewer in seiner Ode an den Hip-Hop aufleben. Selbstredend baut das Drama „Hustle And Flow“ dabei auf die treibende und raue Musik selbst als wesentliches Element.
Der Schwarze DJay (Terrence Dashon Howard) ist ein Zuhälter aus Memphis, der seinem Klischée nur zum Teil gerecht wird. Seine Frauen behandelt er mit einer Mischung aus lakonisch-weiser Vaterhaltung und geschäftsmäßiger Abgebrühtheit, schwimmt aber weder im Geld, noch genießt er ein Jet-Set-Leben. Die traurige Realität sieht so aus, dass er seine kleine Familie gerade so über Wasser halten kann und mit seinen Träumen von einem besseren Leben nur Lacher erntet. Als ein Gläubiger ihn mit einem klapprigen Keyboard bezahlt, fängt DJay an zu klimpern. Mit der Begegnung mit seinem alten Freund Kay (Anthony Anderson) wird aus dem Spiel nach und nach Ernst. Der in der Kirche aktive Tontechniker fängt nach anfänglicher Abneigung rasch Feuer und bringt den jungen Keyboarder Shelby (D.J. Qualls) mit an Board. Fortan wird aus DJays Bruchbude mit viel Energie und begleitet von nervenaufreibenden Auseinandersetzungen mit den beteiligten Frauen ein Tonstudio, in dem Musik entsteht, die den Atem der Straße in sich trägt. Um Prostitution geht es in den Songs, um die Aussichtslosigkeit der Lebenslage in den Unterschichten, eben um alles, was die Musiker bewegt und umtreibt. Beflügelt von der Begeisterung in seinem unmittelbaren Umfeld aktiviert DJay seine Kontakte, um seine Demotape in die Playlist der Sender zu lancieren. Mit herber Enttäuschung muss er feststellen, dass seine früheren Vorbilder nun nicht mehr als solche taugen und das Business hart und rücksichtslos ist. Ehe er es sich versieht, hat er einen Menschen auf dem Gewissen und die Gitterstäbe des Knasts um sich herum. Ein neuer Gangsta-Rapper hat die Bühne betreten.
Regisseur und Autor Craig Brewer kennt die Musikszene, besonders die des Hip-Hop. Aus den ärmeren Vierteln der amerikanischen Großstädte hat dieser Stil als ungeschliffene und raue Sprache der Unterprivilegierten inzwischen seinen Weg zum millionenschweren Popgeschäft gemacht. In dieser Hinsicht kommt der Film also etwas zu spät, um die Entdeckung der gesellschaftlichen Bedeutung eines popkulturellen Phänomens zu machen. Dafür gibt er Einblicke in eine Subkultur, die für Außenstehende nicht immer leicht zu verstehen ist und dabei inzwischen die amerikanische und in immer stärker werdenden Anklängen auch die europäische Gesellschaft prägt. Schade nur, dass Brewer sich dann doch immer wieder vom uramerikanischen Pathos des „Jeder kann es schaffen“ verführen lässt und seine Charaktere in allzu bekannte Rollenbilder schlüpfen.
Seine Hauptfigur DJay steht handfest zwischen zwei Welten, die sich kaum vereinbaren lassen: In seinen Träumen ist er ein philosophisch angehauchter Künstler, in seinem wahren Leben geht er mit den Prostituierten, die für ihn anschaffen, nicht gerade zimperlich um. Dass er trotz allem ein fühlendes Herz hat, zeigt er durch ungelenke Vorträge darüber, dass man aus seinem Leben etwas machen sollte – und ist es doch selbst, der „seine“ Frauen daran hindert. Wer ihm bei seinen kreativen Bestrebungen allzu sehr in die Quere kommt, wird kurzerhand vor die Tür gesetzt. Unverständlicher Weise liebt ihn seine Frau Shug (Taraji P. Henson) fast unterwürfig, obwohl sie seine raue Art schwer ertragen kann. Statt sich selbst nach ersten erfolgreichen Gesangsversuchen zu entwickeln, tut sie alles, um seinen Erfolg zu fördern, wie später übrigens auch die aufmüpfige Nola. Taryn Manning gibt diesem naiven Mädchen mit sicherem Überlebensinstinkt eine glaubwürdige Mischung aus angestauter Wut, Hilflosigkeit und Respektlosigkeit. Die Haltung aller gezeigten Frauen mag typisch für die Welt des Hip-Hop-Business sein, von großem Einfallsreichtum der Filmautoren zeugt die simple Wiedergabe dieser insgesamt asymmetrischen Geschlechterwelt nicht gerade. Mit der Zwiespältigkeit seiner Rolle hat Terrence Dashon Howard durchaus seine Probleme. Selten wird nachvollziehbar, was in ihm vorgeht, wenn er Entscheidungen trifft, die sein Leben bewusst ändern sollen.
Mit dem steinigen Weg, den sein Held gehen muss, um zum Ziel zu gelangen, gibt „Hustle & Flow“ einen Einblick in ein Business, das auf keiner Ebene zimperlich ist. Dies wird an vielen kleinen Ereignissen deutlich, die das Bild stimmig machen. Mit Key und vor allem mit dessen Frau wird ein Kontrapunkt gesetzt, der sich zunächst gegen das Hip-Hop-Milieu wehrt. Letztlich erkennt jedoch auch diese Dame aus der besseren Gesellschaft den authentischen, mitreißenden Charakter dieser Musik. Die spielt selbstverständlich eine tragende Rolle im Film, man kann zusehen und zuhören, wie sie sich entwickelt. Das bringt dem Zuschauer die Musik nahe, auch wenn man kein Fan davon ist. Bei allen ungeschönt dargestellten Milieucharakteristika, die mit dem Hip-Hop verbunden sind, schlägt sich Brewer doch ziemlich eindeutig auf die Seite der Männer, die diese Musik produzieren. Intelligent und zielstrebig verfolgen sie ihr hehres Ziel, sich selbst zum Ausdruck zu bringen und ihrem Leben einen Sinn zu geben. In der Musik nivellieren sich die Unterschiede, die wie DJay schwarzen Gefängniswärter sind von stillem Einverständnis gekennzeichnet, als sie von den kreativen Leistungen des Insassen hören. Zum Mörder wurde er durch widrige Umstände, denn bei aller Härte wird er denn doch als hilfsbereiter Mensch porträtiert, der für seine Freunde da ist.
Hip-Hop ist mehr als Musik, ist unverblümter Ausdruck einer Schicht, die kaum Chancen hat und die dafür kaum zur Verantwortung gezogen werden kann. Deshalb die dort vorherrschenden Strukturen gut zu heißen, ist eine andere Sache. Mit der Ausblendung der Tatsache, das inzwischen viele Hip-Hop-Musik gleichgezogen hat mit den anderen Stilrichtungen des Pop und die gleichen Marktmechanismen herrschen, überzieht Brewer die Realität die er zeigt mit einem verklärerischen Mythos und zeigt sich damit als braver Amerikaner.