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    Meg
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Meg
    Von Christoph Petersen

    Jetzt ist er nach all dem Hype also tatsächlich da, der Riesenhai-Actionfilm mit Jason „The Stath“ Statham, dessen augenzwinkernde und kieferschnappende Marketing-Kampagne auch eine Serie von Postern umfasst, auf denen die Nährwerte argloser Strandtouristen aufgelistet werden (heutzutage muss offenbar selbst ein mehrere 100 Tonnen schweres Urzeitmonster auf seine Figur achten). Und es gibt zumindest eine gute Handvoll Szenen, in denen Jon Turteltaubs „Meg“ den durch die Trailer geschürten Erwartungen volle Kanne gerecht wird – und in diesen Momenten wurde selbst in der Berliner Pressevorführung völlig zu Recht laut losgejubelt. Aber rund um den zentralen Kampf Mann gegen Megalodon gibt es auch eine ganze Menge unnötigen erzählerischen Ballast, zumal The Stath sowieso die ganze Zeit wirkt, als würde er in einem ganz anderen Film spielen als der Rest der Besetzung (inklusive des Hais).

    Der US-Investor Morrison (Rainn Wilson) hat eine 1,3 Milliarden Dollar teure Hochsee-Forschungsstation vor der Küste von Shanghai finanziert, um von dieser aus die tiefsten Tiefen des Ozeans zu erforschen (inklusive einer eher hanebüchenen Theorie, warum der Mariannengraben doch nicht der tiefste Punkt der Erde ist). Aber schon der erste Erkundungstrip geht mächtig schief, als das Mini-U-Boot mit drei Wissenschaftlern in mehr als elf Kilometern Tiefe plötzlich von irgendetwas attackiert wird. Nun gibt es eigentlich nur noch einen Mann auf dem gesamten Planeten, der den am Meeresboden gestrandeten Forschern noch helfen kann. Aber der Tiefseeretter Jonas Taylor (Jason Statham) hat sich einst geschworen, nie wieder abzutauchen. Stattdessen macht er es sich lieber mit Strohhut und einem kühlen Bier in Thailand bequem…

    Es gibt vor allem einen Grund, sich „Meg“ anzusehen – und das ist erstaunlicherweise nicht der titelgebende, mehr als 20 Meter lange Haikoloss. Stattdessen stiehlt The Stath komplett die Show, völlig egal wie viele und wie große Zähne der Megalodon hier spazieren schwimmt. Im kommenden Jahr werden Jason Statham und Dwayne Johnson gemeinsam in dem „Fast & Furious“-Spin-off „Hobbs & Shaw“ zu sehen sein – und vielleicht sollte man die Namen im Titel bis dahin noch umdrehen, denn was Statham in „Meg“ abzieht, ist sogar noch sehr viel cooler und testosterontriefender als Johnsons jüngste Auftritte in „Rampage“ und „Skyscraper“. Wenn sein „The Expendables 2“-Co-Star Chuck Norris mal in Rente gehen sollte, dann könnte The Stath ohne Probleme einfach all die Internet-Memes des „Texas Rangers“ übernehmen.

    Der Hai hat da wie gesagt keine Chance. Aber selbst wenn man mal davon absieht, dass The Stath eben keiner das Wasser reichen kann, ist der Megadolon doch eine kleine Enttäuschung, weil er eben einfach nur groß ist. Versteht uns nicht falsch, in manchen Szenen ist die Größe allein mehr als genug, etwa in dem jetzt schon ikonischen Moment aus dem Trailer, als der Hai ins Glas beißt, während ein kleines Mädchen vor der Scheibe steht. Aber darüber hinaus entwickelt das Urzeitmonster einfach keine „Persönlichkeit“ – und das, obwohl der Film und die zugrundeliegende Romanreihe von Steve Alten nach ihm benannt sind. Ein wenig hat das übrigens auch mit einem Twist in der Mitte des Films zu tun, der nicht nur nicht überraschend ist, sondern dem Antagonisten auch noch den Reiz des Besonderen und Übermächtigen nimmt.

    So langsam wird es ja langweilig, bei chinesisch-amerikanischen Blockbuster-Co-Produktionen genau auseinander zu baldowern, welches Element des Films nun für welchen Markt mit eingebaut wurde. Aber bei „Meg“ liegt dieser Gedanke noch mal besonders nahe – denn die Macher haben sich hier leider ganz sicher nicht das Beste aus beiden Welten zusammengesucht: So stammt aus den USA schon mal die Vorgabe, dass „Meg“ unbedingt eine Jugendfreigabe bekommen sollte (übrigens auch einer der Gründe, warum der ursprünglich vorgesehene Regisseur Eli Roth das Projekt wegen kreativer Differenzen wieder verlassen hat).

    Nun ist es nicht so, dass in einem solchen Film unbedingt sehr viel mehr Blut fließen muss. „Meg“ ist ja nicht in erster Linie ein Horror-Schocker, sondern ein Action-Fest – da sind ein abgerissener Arm hier und ein wenig rotes Wasser dort schon okay. Aber offenbar ist es so, dass die Vorgabe den Kreativen ein Stück weit ihren Freiraum genommen hat. Jon Turteltaub selbst hat in einem Interview berichtet, dass es etliche geile Ideen für Szenen mit dem Hai gab, die aber wohl alle mit der Jugendfreigabe nicht vereinbar gewesen wären. „Meg“ mangelt es so nicht an brutalen, sondern an wirklich kreativen Szenen – und wenn den Machern scheinbar nur heftige Sequenzen einfallen, dann hätten wir lieber die genommen als viele der recht austauschbaren Haiattacken, die es jetzt in den Film geschafft haben.

    Mit China gibt es hingegen ein ganz anderes Problem und das hat weder mit den Schauplätzen (es ist nun wirklich völlig schnuppe, vor welcher Millionenmetropole das offenen Meer liegt) noch dem Casting (abgesehen von den chinesischen Stars wie Bingbing Li wurden auch einige der westlichen Schauspieler offensichtlich vor allem deshalb besetzt, weil sie wie Ruby Rose in Filmen mitgespielt haben, die wie „Resident Evil: The Final Chapter“ oder „xXx 3: Die Rückkehr des Xander Cage“ speziell in China besonders erfolgreich waren) zu tun. Stattdessen geht es ums Pathos und die damit verbundene Ernsthaftigkeit des ganzen Unternehmens.

    Da wird sich geopfert und es wird versucht, der Familienehre gerecht zu werden – und all das mit einer erstaunlichen Ernsthaftigkeit, wenn man bedenkt, dass da gerade ein gigantischer Hai herumschwimmt, der eigentlich schon seit mehreren Millionen Jahren ausgestorben sein sollte. „Meg“ ist ein gerade in Anbetracht des Marketings unerwartet wenig selbstironischer Film geworden. Eher funktioniert er die meiste Zeit über wie ein klassischer (und als solcher leider nicht sonderlich origineller) Katastrophenfilm. Nur The Stath hat darauf eben sichtlich überhaupt keinen Bock und macht stattdessen lieber sein eigenes Ding – und erreicht dabei stellenweise sogar „Crank“-Niveau!

    Fazit: Jason Statham rockt, der Hai ist okay, auf den Rest hätten wir auch gern verzichten können.

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