München ist ein hoch-intensiver, perfekt ausgestatteter Polit-Thriller von Steven Spielberg.
Zunächst mal motiviert der Film dazu, mich 50 Jahre danach noch einmal intensiver mit dem schrecklichen Terror, der sich während der Sommer-Olympiade 1972 in München zugetragen hat, zu beschäftigen. Ich war damals noch ein kleiner Junge. Aber ich erinnere mich, dass ich nach dem München Attentat zum zweiten Mal in kurzer Zeit - das erste mal habe ich den RAF-Terroristen zu verdanken - Fragen gestellt habe und wirklich bewusst reflektiert habe, in was für einer Welt wir leben. Das war ernüchternd.
Der Film beruht zwar auf wahren Begebenheiten, Spielberg bedient sich aber auch fiktiver Elemente. Nicht alles im Film hat sich wirklich so zugetragen. Die Ereignisse von München, die als Grund für die kommenden Eskalationen in Form verdeckter und äußerst blutiger Operationen herhalten mussten, werden in verschiedenen Sequenzen eingeblendet. Wenn man allein diese Sequenzen aneinanderreihen würde, kommt man auf 30 Minuten Brutalität, die ihresgleichen sucht. Aber das war es ja auch. Ein brutales und blutiges Massaker. Es gibt nichts zu beschönigen.
Die Israelis gründen, nachdem 11 ihrer Landsmänner von der Terror-Zelle „Schwarzer September“ in München ermordet wurden, eine verdeckt agierende Spezialtruppe, die ausgeschickt wird, alle an dem Attentat beteiligten Palästinenser zu erledigen. Auge um Auge. Das hat sich ja weitestgehend so zugetragen, aber Spielberg bedient sich hier trotzdem der Kunstfreiheit, von der ja bekanntlich alles gedeckt ist. Die israelische fünfköpfige Spezialtruppe,, die sich auf Palästinenserjagd begibt, hat es zumindest so nicht gegeben.
So kann Spielberg aber diesem ganzen Wahnsinn und den ganzen Wahnsinnigen zumindest ein paar Gesichter mit menschlichen Zügen verleihen. Speziell Eric Bana in der Hauptrolle als verdeckt agierender Mossad-Agent Avner Kaufman, der Kopf der israelischen Spezialeinheit, verleiht dieser Verzweiflung über nie enden wollende Missetaten, perfekt Ausdruck. Beängstigend, wie er am Ende auf dem Weg zu einem Orgasmus die Brutalitäten des München-Massakers an sich vorüberziehen lässt und sein Gehirn nach Rechtfertigungen für sein nicht minder schändliches Handeln sucht - nach Rechtfertigungen dafür überhaupt noch etwas Schönes erleben zu dürfen.
Ein aus meiner Sicht ist München ein wirklich eindringliches Plädoyer für die Unfähigkeit des Menschen, unseren Planeten zu einem friedlichen Platz zu machen. Gnadenlose Brutalität, religiöser Fanatismus, politische Unfähigkeit auf allen Ebenen, Mord und Totschlag und die bittere Erkenntnis, dass es keine Unschuldigen gibt, machen diesen Film aus. Deprimierend, aber leider nicht von der Hand zu weisen.
Und so endet der Film in seiner letzten Einstellung in New York am Ufer des East River. Mossad-Agent Avner Kaufman (Eric Bana) trifft sich mit Geheimdienst-Chefstratege Ephraim (Geoffrey Rush). Die beiden sprechen über Sinn und Unsinn der ganzen blutigen, nie enden wollenden Aktionen, die Avner immer mehr in Zweifel zieht. Avner lädt Ephraim zum Abendessen ein, um mit ihm in Frieden das Brot zu brechen. Der lehnt ab und geht. Alles vor dem Hintergrund der New Yorker Türme, die Jahre später dem ganzen Wahnsinn eine noch hässlichere Fratze geben sollten, als es die München-Atentate schon angedeutet haben. Beeindruckendes Schlussbild eines beeindruckenden Filmes.