Tim Burton und die Faszination über den Tod
Dass Tim Burton 2005 eine alte, russische Sage über eine Leichenbraut verfilmen würde, passte wie die Faust aufs Auge. Burton hatte sich gerade in den 90ern zu einem der gefragtesten Regisseure in Hollywood etabliert und durch seine makabre und einzigartige Art viele Menschen angesprochen. Doch sein neuster Film „Corpse Bride“ sorgte besonders für viel Aufsehen, denn das Werk würde durch Stop-Motion-Animation zum Leben erweckt werden. Burtons letzter Film in diesem Stil war der großartige „The Nightmare Before Christmas“ von 1993, auch wenn dieser nicht ganz als Burton-Film kategorisiert werden kann, da Henry Selick die Regie führte. Nun aber führte Burton selbst Regie (ihm zur Seite stand Mike Johnson, ein Stop-Motion-Animateur, der auch an „Nightmare“ mitwirkte) und lieferte ein wirklich charmantes Ergebnis ab, das vor allem optisch überzeugt.
19. Jahrhundert: Victor und Victoria haben sich noch nie gesehen, sollen aber vermählt werden, damit Victorias verarmten Eltern wieder eine finanzielle Stütze haben. Doch obwohl sich Victor und Victoria mögen, vermasselt der tollpatschige Bräutigam die Hochzeitsprobe. Als er im Wald vor sich hin übt, unterläuft ihm ein gewaltiger Fehler und plötzlich ist er mit einer Leiche verheiratet…
Die Story hat ihre Reize, besonders die Totenwelt von Burton ist sehr charmant und wunderbar humorvoll umgesetzt. Disney´s „Coco“ von 2017 wählte ein ähnliches Prinzip des Totenreichs, aber das von Burton ist irgendwie noch runder. Die Menschen, die in der Kleinstadt sterben, leben dort auch in der Unterwelt weiter. Und wir sehen auch nur die Welt in dieser Stadt, trotzdem kreiert der Film ein Universum, das größer zu sein scheint.
Vor allem steht natürlich die Tragik der Leichenbraut im Vordergrund. Die Figur der Emily (gesprochen von Helena Bonham Carter) ist der Star hier und der emotionale Kern der Geschichte. Auch ihre Beziehung zum schüchternen Victor (Johnny Depp) passt sehr gut und bietet ein süßes, teilweise auch rührendes Zusammenspiel.
Insgesamt sind aber alle Figuren sehr sympathisch und charmant inszeniert, auch wenn Victoria (Victors Verlobte) etwas mehr Gewicht in der Story hätte haben können. Die Eltern der beiden sind witzig und typisch für Burton sehr wundervoll überzogen, sowohl in ihrem Design als auch in ihrem Charakter. Es gibt einen Antagonisten, der nicht viel mehr ist als das, aber auch das verzeih ich dem Film, da die Story wie ein schauriges Märchen wirkt, da braucht es in meinen Augen auch nicht immer die facettenreichsten Figuren.
Dennoch fehlt es der Geschichte manchmal etwas an Würze. Tim Burton war 2005 noch nicht zu einem kommerziellen Regisseur verkommen (was leider nach seinem „Alice im Wunderland“-Remake langsam aber sicher passierte), doch seine Filme hatten in den 90ern etwas mehr Biss. „Corpse Bride“ ist immer wieder etwas zu "safe", zu mutlos in seiner Geschichte, jedenfalls fühlt es sich für mich so an (und ich habe den Film schon viele Male gesehen).
Doch kommen wir zu den Stärken des Films: Die Optik. Das Design der Welt erinnert zwar stark an „Nightmare“, aber das ist eher eine Frage des Stils. Burton hat eben seinen eigenen Stil und den sieht man hier in aller Pracht mit wundervoller Stop-Motion-Animation zum Leben erweckt. Seit „Nightmare“ hat sich das Medium auch nochmal stark verbessert und das sieht man hier. Burton und sein Team nutzten zusätzlich auch CGI-Effekte, die wunderbar mit dem handwerklichen Stop-Motion harmonieren und somit neue Möglichkeiten boten. „Corpse Bride“ sieht absolut traumhaft aus und spricht auch heute noch mit seinem gotischen, düsteren Look viele Menschen an, die (wie Burton selbst) eine Vorliebe für das Totenreich und das Makabre haben.
„Corpse Bride“ ist übrigens auch ein Musical, dementsprechend gibt es einige Songs im Film. Die Musik stammt natürlich aus der Feder von Danny Elfman, der einen romantisch, düsteren Score komponierte. Besonders das Hauptthema macht die Musik so wundervoll. Seine Songs sind ebenfalls sehr passend. Hier ging Elfman eher in eine humoristische Richtung, während er für „Nightmare“ auch die tragischen, melancholischen Seiten der Figuren musikalisch vertonte. Trotzdem sind die Songs in „Corpse Bride“ allesamt sehr stimmig, unterhaltsam und besonders „Remains of the Day“ ist ein Ohrwurm. Im Film selbst wirken die Songs jedoch manchmal sehr deplatziert. Immer wenn ich den Film sehe, bin ich überrascht, dass plötzlich ein Lied angestimmt wird. In meinen Augen hätte der Film auch ohne einige der Songs funktioniert, aber ich möchte sie ehrlich gesagt auch nicht mehr missen.
Fazit: „Corpse Bride“ hat für mich nicht die emotionale Kraft, wie andere Burton-Filme, überzeugt aber mit einer wunderbaren Optik, toller Musik und charmanten Figuren. Gerade zur Halloweenzeit ist der Film wie geschaffen und funktioniert auch für die Kleineren als schaurig, schönes Märchen (aber bitte als Eltern den Film mit den Kindern zusammen schauen). Eine hübsche Geschichte über den Tod und die Liebe!