Regisseur Ridley Scott steht normalerweise für schwergewichtige Filme mit mehr oder weniger scharfsinnigen Untertönen. Nach dem Mittelalter-Epos 'Königreich der Himmel' im Jahre 2003 setzte sich Scott erneut mit Russel Crowe zusammen um Gladitor 2- Nein, weit gefehlt! Man lies es ruhiger angehen und filmte die romantische Kömodie 'Ein gutes Jahr', die sich um das süße Leben mit Wein, Weib & Gesang dreht.
Dieses Genre bietet eine Menge belanglose Werke. Wenn es nach den Kritiken geht, macht dieser Film hier keine Ausnahme. Für mich ist es trotzdem einer meiner Lieblingsfilme. Wie passt das nur zusammen?
Mir persönlich sind in Filmen die Charaktere und deren Entwicklung am liebsten. Bei ersterem sorgt 'Ein gutes Jahr' für schickes Schmunzeln, bei zweiterem ist es irgendwie blass und unglaubwürdig. Die Story spinnt sich um den Broker Max, der an der Londoner Börse das typische, erfolgsverwöhnte Schwein mimt und dabei herrlich arrogant herüberkommt. Seine Untergebenen nennt er "Laborratten", das Grinsen immer herrlich fies und seine Sekretärin behandelt er in obskurer Mischung mal wie eine Geliebte, dann wieder wie eine Chefin. Crowe's Präsenz ist hier für den Film ausschlaggebend. Nur das er sich durch die Magie der Provence zu schnell zum Gutmenschen entwickelt wirkt etwas befremdlich.
Doch auch alle anderen Charaktere sind sehr gut geraten und haben trotz allem Platz in der Geschichte.
Die Geschichte spinnt sich dann um den Nachlass von Max' Onkel Henry (Albert Finney). Bei diesem war der Broker in Kindertagen oft auf dessen Anwesen in Frankreich zu Besuch, wie einige Rückblenden zeigen. Albert Finney spielt den netten Onkel mit einer wunderbaren Lakonie und Weisheit, das man sich nur freuen kann sich hier nicht an die Romanvorlage gehalten zu haben. Diese stammt nämlich vom Briten Peter Mayle in Form von "Ein guter Jahrgang", der Onkel Henry nur zu Beginn des Romans erwähnt.
Erwähnter Nachlass ist nun das Anwesen samt Weingut in der wunderschönen Provence im südlichen Frankreich. Da es keine anderen leiblichen Erben gibt, bleibt Max über, der jedoch schon lange den Kontakt abgebrochen hat, obwohl er gar nicht recht weiß warum. Reist er anfangs nach Frankreich um das Gebäude zu renovieren und dann zu verkaufen, trifft er mit dem (eigentlichen) Winzer Francis Duflot (herrlich: Didier Bourdon) bei erfolgreichem Verkauf ihn als Winzer weiterzuempfehlen. Mit den Arbeiten dann tauchen immer wieder Erinnerungen in Form von Rückblenden auf, in denen Onkel Henry seine Weisheiten mit Witz und Charme zum besten gibt. Hinzu kommen noch eine uneheliche Tochter Henrys, die als potenzielle Erbin eine Gefahr für Max werden könnte, der sagenumwoben gute Wein "Le Coin Perdu" und noch eine Romanze mit der örtlichen Dorfschönheit (dargestellt von der bekannten französischen Schauspielerin Marion Cotillard, jüngst Oscar-Gewinnerin).
Der Beschreibung sieht das nach viel aus. Und mit einer Dauer von fast 2 Stunden ist 'Ein gutes Jahr' ausgesprochen gewichtig für eine Komödie geworden. Doch viel passiert eigentlich nicht auf dem Chateau La Siroque welches abgesehen von einigen Abstechern in den nahegelegenen Ort den großen, romantischen Schauplatz darstellt.
Genau daraus zieht der Film seine Magie. Es ist die Mischung, die's macht. Zum einen die erwähnten Bilder, dann die einfachen, aber wunderbar gespielten Charaktere und ein famoser Soundtrack, der zu den Bildern passt. Dieser mischt von französischen Chansons aus den 30ern und 40ern, leichter Rockmusik (gleich dreifach vertreten mit dem Stil-hüpfenden Harry Nielson und der "Hey Joe"-Version von Johnny Hallyday) sowie modernem (französischen) Pop. Dazu gibt es dann noch das überaus schöne eigens komponierte Titelthema mit sanften Streichern.
Nun bleibt die Entscheidung: Entweder gefällt einem das ganz nett für einen Abend, man mag es gar nicht oder man lässt sich in den Bann ziehen.
Fazit:
5/5 Punkten?! Unglaublich was sich dieser Tester erlaubt! Alles in allem ist 'Ein gutes Jahr' doch eher als eine Art Fehltritt von Ridley Scott zu werten?
Die Antwort darauf lautet: Vielleicht. Sicherlich werden sich die meisten nicht so sehr für diesen Film erwärmen können und dürfen daher getrost 1 bis 2 Punkte abziehen. Das sollte es dann aber schon sein. Vom Fachwerk das gute Stück nämlich auch so in Ordnung. Das Herr Scott nun kein neues Epos aufstellt ist höchstens verwirrend. Aber ankreiden kann man es ihm doch nicht mal eine Feel good-Kömodie zu machen, oder? Ich kann nur nochmal empfehlen sich einfach auf diesen Film einzulassen. Passionierte Weintrinker werden noch ein ganzes Stück mehr Freude daran haben.