Es gibt nur ganz wenige, vielleicht eine handvoll nicht englisch-sprachiger Regisseure, die sich auch im großen Hollywood einen Namen gemacht haben. Da ist Pedro Almodovar, Guillermo DelToro, Alejandro Gonzales Inarritu, Alejandro Amenabar und natürlich auch der taiwanesische Ausnahmeregisseur Ang Lee, der mit starken Werken wie ''Sinn und Sinnlichkeit'', ''Der Eissturm'' und ''Tiger & Dragon'' in den vergangenen Jahren mitunter erfolgreich in die Oscarrennen gegangen ist.
Und auch sein Westernmelodram ''Brokeback Mountain'' überzeugt erneut durch seine zurückhaltende Inszenierung, die mit viel Gefühl für Charaktere, Zeit und Beziehungen glänzt.
Als der schweigsame Ennis DelMar im Sommer 1963 auf dem Brokeback eine Arbeit als Schafhüter annimmt und dabei den exzentrischen Rodeoreiter Jack Twist zur Seite gestellt bekommt, versteht er sich auf Anhieb ausgezeichnet mit dem etwas überdrehten Kollegen, sodass sich im Laufe der Zeit eine gute Freundschaft zwischen beiden entwickelt. In einer Nacht jedoch, in der anders als sonst beide Männer im Zelt Unterschlupf suchen, funkt es zwischen den beiden und sie verlieben sich ineinander. Doch wie sich herausstellen wird, kann so eine Liebe nur schwer bestanden haben in einer Gesellschaft, die von engstirnigen Moralvorstellungen gezeichnet ist.
Glücklicherweise fällt Brokeback Mountain nicht gleich zu Beginn mit der Tür ins Haus, sondern gewährt der sich entwickelnden Beziehungen eine knappe halbe Stunde Zeit, um den Charakteren genügend Raum zu geben, sich gegenseitig kennen zu lernen. Ein Schachzug, der dem Motiv der ''Liebe des Lebens'' in Verbindung mit den eingestreuten Konflikten größtmögliche Authentizität verleiht. Es zeigt sich folglich, dass beide Männer zwar nicht homosexuell sind, dass der Sexualakt zwischen beiden aber auch kein bloßer, unbegründeter Fehltritt war.
Sie sind Cowboys, die im Film später sogar ein durchaus geregeltes Familienleben führen, sich aber - so wird ihnen bei jeder ihrer Begegnungen klar - in dieser Mittelklasse-existenz mit Frau und Kindern weder seelisch noch sexuell erfüllt fühlen. Stattdessen macht Jack den Vorschlag, auf eine gemeinsame Farm zu ziehen und sich dort zusammen ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Doch Ennis ist gezeichnet von einer tief sitzenden Erfahrung aus seiner Kindheit: Er musste mit ansehen, wie einem offenkundig homosexuellen der Penis entfernt wurde, nachdem er wohl auch sozial geächtet wurde. Und seine begründete Angst, andere könnten von ihrer Beziehung erfahren, hindert ihn daran, sich von seiner Familie zu lösen, um mit Jack zusammenzuziehen, zumal Ennis sein Selbstbild des harten Cowboys durch die Homosexualität nicht aufrecherhalten kann. Ein Konflikt, der durch das Drehbuch stark herausgearbeitet wird, wobei daran auch die Charaktere der Protagonisten ebenso subtil wie facettenreich aufgezogen werden.
Auf diese Weise können die beiden Hauptdarsteller ihrer Darbietungen auf einer ausgezeichneten Grundlage entfalten, um ihre komplexen Figuren authentisch zu machen. Und das tun sie. Und zwar richtig, richtig gut.
Jake Gyllenhaal spielt seinen lebhaften Charakter mit viel Elan und Kraft, während Heath Ledger als introvertierter, von Zweifeln zerrissener Cowboy mit seinem ebenso minimalistischem wie packendem Spiel in Erinnerung bleibt.
Perfektioniert wird das Drama von den starken, emotionalen Bildern von Rodrigo Prieto, dem beeindruckenden Symbolismus sowie der stimmungsvollen Musik von Gustavo Santaolalla.
FAZIT: Ang Lee gelingt mit ''Brokeback Mountain'' ein hochemotionales Drama, welches durch seine perfekt harmonierenden Hauptdarsteller besticht und darüberhinaus mit seiner athmosphärischen Inszenierung gefällt.