Wieder gesehen in der ,,Schauburg“ Karlsruhe.
Der Western wurde von mir als ein von John Ford in bildsprachlicher Hinsicht genial inszenierter Klassiker des Genre mit ,,stark“ bewertet. Aufgrund seiner durchgängigen ,,Message“ muss dieser Film jedoch als ein rassistisches, anti- kommunistisches Machwerk klassifiziert werden.
Legt man die heutigen, postkolonial- kritischen Parameter einer Deutung und Lesart des Filmes hinsichtlich seiner doch recht eindimensionalen, symbolisch hoch aufgeladenen und stark verdichteten szenische Bildsprache zu Grunde, so darf dieser Film wertend durchaus als reaktionärer Müll, treffender jedoch als Kitsch klassifiziert werden. Bekanntlich ist jedoch ein jeder ins Auge springende Kitsch von populären Kulturprodukten, insbesondere aber Kunstwerken, lediglich die notwendig überkommene Formgestalt einer in die Jahre gekommenen, ursprünglich authentischen Kunst der jeweils zurückliegenden (Film) Epoche. Orientiert man sich in der Filmbetrachtung bei diesem nunmehr 68 Jahre alten Western- Klassiker als Genrephänomen seiner Zeit streng an der Materialität seiner Werkgestalt, so wird trotz des polternd- pferdehuftrampelnden Handlungsverlaufs und der durchgängig typisierenden Grobschlächtigkeit seiner Charaktere, auch der Genius der filmischen Handwerkskunst von John Ford als Regisseur dieses ,,Edel- Westerns“ transparent.
Nicht umsonst gilt dieser Film als herausragender Klassiker in der langen Reihe der US- amerikanischen Western. John Ford verstand es nahezu perfekt, den Erwartungshorizont seines Publikums und der finanzträchtigen Filmindustrie zu bedienen, indem er die damals national- hegemoniale, legimatorisch- ideologische Binnenperspektive Amerikas auf die eigene (Pionier) Geschichte im Sinne einer entlastenden Selbstvergewisserung in Szene setzte. ,,The Searches“ nimmt hier dennoch eine gewisse Sonderstellung ein. Die Prägnanz dieses Filmes resultiert aus seiner durchgehend hoch emotionalen Suggestibilität. Die Farbenpracht des Filmes steht im krassen Gegensatz zu einer linear tumb konstruierten, manichäischen Schwarz- Weiß- Malerei der Charaktere, vornehmlich auch seiner ,,rothäutigen“ Filmhelden, welche folgerichtig dann auch im Rahmen einer klassischen, projektiven Täter- Opfer- Verkehrung hinsichtlich der historisch- realen, systematischen Ausrottung der heute als People der ,,First Nation“, semantisch schräg rehabilitierten Bewohnern des Kontinents, münden muß.
In seiner pathetisch in Szene gesetzten Bildsprache orientiert und bedient sich dieser Film wiederholt biblischen Gerechtigkeits- und Rachemotiven. Gerade das Rache- Motiv wird hier jedoch nicht im Sinne einer die Aggression eingrenzenden ,,Zahn um Zahn“- Verrechnung einer unbeglichenen Schuld unter Gleichen (Weißen) im Sinne des Ausgleichs für ein begangenes Unrecht aufgefasst, sondern als Vernichtungsfuror gegenüber dem konstruiert nicht- menschlich ,,Anderen“ des ,,Indianers“.
Nicht umsonst wählte John Ford oftmals die Wüsten und Felsenlandschaften des westlichen Bundesstaates Nevada als seine prominenten Drehorte, in welchen, wie hier im Film, der unnahbare sowie unnachgiebig harte prototypische Filmheld John Wayne in der Rolle des Ethan, als ein im messianischen Auftrag getriebener Bürgerkriegsveteran und Berserker als Kopf seiner ,,Searchers“, diese, gleich den biblischen Israeliten auf deren Flucht vor dem Pharao, auf der Suche nach der von den Comanchen verschleppten Nichte, durch die Wüste führt. Genauso nachvollziehbar wie das Ansinnen einer Rückholung der kleinen Nichte ist, so geht es hier in einem erweiterten doch auch um mehr. Einer ,,Vermischung des Blutes“ von Roten und Weißen muss mit allen Mitteln entgegengewirkt werden. So ist durch den zentralen Handlungsstrang dieses Filmes die messianisch verkehrte Dystopie eines kulturell- ethnisch homogenen- und folgerichtig ,,indianergesäuberten“, ergo erbbiologisch unbefleckt- reinen Paradieses des proklamierten ,,God’s Own Country“ antizipierbar. Der ,,Moses- Stab“ des Geleiters durch die Wüste ist allerdings dessen todbringende Winchester, von welcher er auch reichlich Gebrauch macht. Nein, was naheliegend ist, als ein Mörder wird uns Ethan, alias John Wayne, deswegen nicht präsentiert. Bei seinen Opfern handele es sich gleichwohl nicht um Menschen, sondern lediglich um Exemplare einer nomadischen Horde von atavistischen Hominiden, welche, analog einer wuchernden Natur, zu jäten sei, um das von Gott selbst für die christliche Zivilisation prädestinierte Land urbar zu machen. Gleich dem Moses der Bibel gelingt es dem Western- Hero John Wayne, wohl mit Gottes Hilfe, nach seinem bluttriefenden Kreuzzug gegen die ,,Wilden“, das von indianischer Aufzucht und kulturfremder Blutschande besudelte und ,,vielfach verschacherte“ Kind, in der Schlussszene des Films letztlich als ,,gereinigt“ in die Obhut seiner gottgegebenen, weißen Farmerfamilie zurück zu führen. Das gesamte Procedere gleicht einem in die (Film)Länge gezogenen Exorzismus, vollzogen mit dem Ziel eines ,,Wieder- Weiß- Werdens“ der nun jungen Frau. Um ein Haar wäre Ethan bereit gewesen, seine Nichte wegen dieser Rasseschande, ganz nach der Devise ,,lieber Tot als Rot“, als nicht mehr lebenswürdig zu betrachten und folgerichtig zu ermorden. Eine hier nicht unwichtige Rolle spielt auch Etan‘s ,,halbblütiger“ Neffe, welchem bei der ,,Rettung“ seiner Schwester eine zentrale Rolle zukommt. Auch ihm ist aufgetragen, als in Obhut genommenes Pflegekind und ,,Mischling“ einen schmerzhaften Prozess der ,,Weißwerdung“ als Initiationsritual zur vollgültigen Aufnahme und Heiratsfähigkeit in seiner weißen Familie zu absolvieren. Bei der ersehnten Befreiung seiner Schwester nach jahrelanger Suche aus den Fängen der Comanchen erschießt er den kinderräuberischen Comanchen- Häuptling ,,Scare“ und besiegelt mit dieser Tat den Makel und endgültigen Bruch mit seinen ,rot- kulturellen“ Anteilen, was ihm auch die lang ersehnte ,,Anerkennung“ des Helden und heimlichen Familienpatriarchen Ethan als zentralem Kreuzritter der White Supremacy garantiert.
,,The Searchers“ atmet noch den Geist der explizit anti- kommunistischen Mc Carthy
Ära und somit einem gottbefohlenen Kampf gegen ,,Unamerikanische Umtriebe“ samt den damaligen Tribunalen und Ketzer- Prozessen. Auf der unverkennbar rassistischen Oberfläche dieses John Ford- Westerns kann in der Übertragung, quasi als Subtext, mühelos die Charaktermaske des ,,Indianers“ durch die des ebenfalls wesensfremden ,,Kommunisten“ (Kulturmarxisten) ersetzt werden und schon ist das ressentimentgeladene Bild und dessen Funktion im damaligen US- amerikanischen Seelenhaushalt wieder im Lot. Darüber hinaus darf in der Lesart einer diesen Film transportierenden, politischen-, anti- kommunistischen Ideologie, bekannt als ,,Red Scare“, auch mit Blick auf eine für diesen Film durchaus ebenfalls plausiblen Analyse einer antisemitischen Komponente als Umwegkommunikation, eine offene Flanke unterstellt werden.
Im Film werden die ,,marodierenden“ Comanchen als ,,Nowakaye- Comanchen“ bezeichnet. In der Übersetzung somit als ein heimtückisch umherwandernder, wurzelloser Neben- Stamm der Comanchen. Auch den Juden wurde von Seiten der Nazis als deren essenzialistische Wesensart, eine an äußerlichen, physiognomischen- oder habituellen Merkmalen nur schwer zu identifizierenden und somit kaum dingfest zu machenden dämonische Andersartigkeit attestiert, welche stets heimtückisch in andere Kulturen einsickere und diese von innen heraus, gleich einem Krebsgeschwür, befalle. All die aufgeführten Assoziationen werden den Film- Rezipiernden sowohl plakativ offen oder auf ein informiert suggestiv Naheliegendes untergeschoben. Und genau das erzeugt bei diesem John Ford- Western - bei aller Nachsicht auf eine notwendige, politisch- zeitliche und (film)kulturspezifische Einbettung - in einer kritischen Revue, immer noch eine deutlich spürbare Übellaunigkeit beim Zuschauen, spätestens jedoch nach Verlassen des Kinos. Der nach einer jeden Vorführung der historischen Zelluloid- Streifen im Kino ,,Schauburg“ obligatorische Applaus als Dank, blieb gestern gänzlich aus.