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    Ruby und Quentin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Ruby und Quentin
    Von Stefan Ludwig

    Gegensätze ziehen sich an, so sagt es der Volksmund. Was daran wahr ist, sei mal dahingestellt, doch gegensätzlicher als die beiden Hauptfiguren der neuesten Slapstick-Komödie von Veteran Francis Veber („Ein Mann sieht rosa“; „Ein Käfig voller Narren“) können zwei Menschen vielleicht gar nicht sein. Die typische Konstellation von Komödien bestehend aus einem absoluten Schwachkopf und seinem schweigsamen Gegenstück, wird auch hier angewandt. Das Prinzip eines solchen ungleichen Paares ist im Falle von „Ruby & Quentin“ jedoch hervorragend umgesetzt und sorgt über die komplette Länge des Films für zahlreiche Lacher. Das Verhältnis der zündenden und nicht funktionierenden Gags lässt sich nicht bemängeln: Im Gegensatz zu vielen übrigen Genre-Vertretern folgt jedem Versuch ein Lachen und streckenweise fällt es schwer im Kinosessel angelehnt sitzen zu bleiben dank einem wahren Gag-Feuerwerk auf der Leinwand. Zudem spart sich Veber glücklicherweise konsequent Schläge unter die Gürtellinie.

    Ruby (Jean Reno) schläft mit der Frau des Gangster-Bosses Vogel (Jean-Pierre Malo) und erleichtert ihn bei einem Überfall um zwanzig Millionen Euro. Vogel tötet die Frau wegen ihrer Untreue kurzerhand, bei Rubys Erfassung gibt es allerdings noch ein kleines Problem: Der sitzt nämlich im Gefängnis und ist natürlich der einzige der weiß, wo die Beute versteckt ist. Zu ihm in die Zelle wird die Quasselstrippe Quentin (Gerard Depardieu) gesteckt, denn Ruby gibt keinen Ton von sich und starrt den ganzen Tag nur an die Wand. Der neue Zellengenosse soll ihn mit seiner nervigen Art, die bisher schon mehrere Gefangene zur Weißglut gebracht hat, endlich zum Reden bringen. Quentin betrachtet den verschlossenen Ruby schon bald als Freund und schmiedet Pläne, mit ihm das Bistro „Zu den zwei Freunden“ zu eröffnen. Doch Ruby interessiert das alles wenig, er will nur raus aus dem Gefängnis, seinen Boss umbringen, um den Mord an seiner Liebsten zu rächen, und sich mit dem Geld zur Ruhe setzen...

    Die Ausgangsgeschichte bietet zunächst wie im Komödien-Genre üblich lediglich den Hintergrund für eine Reihe von Slapstick-Einlagen. Das stört allerdings wenig bei einer dermaßen hohen Lachquote, wie sie schon länger nicht zu mehr zu sehen war. Das liegt zum einen an den äußerst lustigen und einfallsreichen Ideen von Drehbuchautor und Regisseur Francis Veber und zum anderen am Zusammenspiel von Gerard Depardieu und Jean Reno. Depardieu, bei dem sich das Gefühl aufdrängt, er würde in nahezu jedem französischen Film mitspielen, gelingt es hervorragend, den einfältigen Dummkopf darzustellen, der so dringend einen Freund braucht, dass ihm sämtliche Verbote seines Mundwerks komplett egal sind - der Originaltitel "Tais-Toi" bedeutet im Deutschen "Halt’s Maul". Reno darf seine Paraderolle des schweigsamen Kriminellen ein wenig parodieren und sorgt mit seiner minimalistischen Art, ähnlich wie es Robert De Niro in jüngst erschienenen Komödien vorgemacht hat, ebenfalls dafür, dass man sich teilweise vor Lachen kaum noch halten kann. Die Schauspielkunst der beiden trägt einen wesentlichen Teil zum Gelingen des Films bei, da es richtig Spaß macht, den beiden Akteuren bei ihrer Berufsausübung zuzusehen.

    Zum Ende hin werden die Gags jedoch eine Spur seltener, da der Bogen zur Ausgangsgeschichte geschlossen wird und diese verstärkt in den Vordergrund gerückt wird. Zudem hätte zum Schluss noch eine schöne Wendung drin sein können oder eine wirkliche Überraschung. Andererseits macht der Film nicht den Fehler, irgendwie ein Happy-End zu konstruieren und insofern ist das abrupte Ende letzlich konsequent. Tragische Momente hält der Film zugunsten der Gags an der kurzen Leine und lässt die Stimmung stets schnell wieder umschwingen. So entsteht letztlich kein anspruchsvoller Film, doch der will er ja auch gar nicht sein.

    Bei „Ruby & Quentin“ handelt es sich um eine über die gesamte Länge funktionierende Komödie, die am Ende noch etwas mehr Story als üblich verwertet. Getragen wird alles von ihren beiden Hauptdarstellern und kann vor allem dank den fast durchweg gelungenen Gags überzeugen. Wer einfach nur nach Unterhaltung sucht, findet sie hier in einer ansprechenden Form, die nicht in Fäkalhumor à la „Scary Movie“ abdriftet und damit auch Ältere ansprechen dürfte. Schaut man sich die derzeitige Blockbuster-Landschaft der Kinos an, so kommt hier ein Film ins Kino, der einem zeigt, dass auch außerhalb Hollywoods äußerst gute Filme gedreht werden.

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