''Gerry'' umgeht durch die konsequente Auslassung von Grund und Ziel der Reise geschickt eine leichtfertige Einordnung ins Abenteuergenre und ist zudem anders als die Philosophie-Groteske ''Zabriskie Point'' der der Schocker ''Twentynine Palms'' um Schauwerte von Gewalt und Sex entschlackt. Gus Van Sants Drama ist bahnbrechend minimalistisch, und deutet durch seine Betonung der realen, physischen Härte der Geschehens an, dass der Film keine philosophische Lesart provoziert oder eine sinnbildliche, existenzialistische Anordnung sein will, sondern vielmehr eine sinnliche Wahrnehmung der Strapazen der beiden Figuren im Auge hat. Dennoch wird die zu Beginn realistischen Erzählweise, die bis hin zum Zeigen alltäglicher Dialoge geht, bald durch eine fiebrige, surreale Collage aus bedrohlichen Landschaften, und Umherirren abgelöst, die - ungeachtet eines schlüssigen Endes und der Einfachheit der Geschichte - rätselhaft verworren bleibt. Dabei kommt der Film Van Sants Vorbild Béla Tarr sehr nahe (dessen Satanstango er - so möchte man meinen - in einer Einstellung gar zitiert), wenn in einer Reihe endloser Plansequenzen sowie mit intensiven Tönen, Farben und Stimmungen eine reduzierte Geschichte erzählt wird. Ohne Interesse an Komplexität oder an Realitätsnähe der Handlungsverwicklungen, konzentriert sich ''Gerry'' auf den sinnlichen Gehalt des Gezeigten und umkreist in atmosphärisch dichter, apokalyptischer Stimmung Motive von Verlorenheit, Angst, Verlust und der Gewalt der Natur. Den Film als Experimentalfilm anzusehen, lässt diesen wiederum wie eine Art Zufallsprodukt ansehen, welches seinen Reiz hauptsächlich aus seinen avangardistischen Unkonventionalitäten beziehen würde: auf sich selbst verweisend oder gar zufällig wirkt ''Gerry'' aber keineswegs. Der Film ist eher die konsequente Umsetzung eines Film- und Regiestils, für den Gus Van Sant seit jeher Bewunderung empfindet und welchen er selbst ebenso wie sein Vorbild Tarr vollkommen beherrscht.