Was haben George Clooney, Tom Cruise, Vince Vaughn und Kurt Russell gemeinsam? Sie sind klug! Klug genug jedenfalls, die Finger von Paul Abascals „Paparazzi“ zu lassen. Ihnen wurde die Hauptrolle in dem lächerlichen, indiskutablen B-Movie-Actioner angeboten. Cole Hauser, ein Mann aus der zweiten Reihe Hollywoods, sprang schließlich ein und ging gemeinsam mit allen Beteiligten in der Belanglosigkeit unter. Vor allem die hanebüchene Storykonstruktion ist ein ernsthaftes Ärgernis, welches laut nach den Worten „Direct-to-Video“ schreit, die aber vom Verleih 3Rosen nicht erhört wurden.
Bo Lamarie (Cole Hauser) hat es endlich geschafft. Dem Schauspieler ist in Hollywood der Durchbruch als Action-Star gelungen. Doch der neu erlangte Starruhm hat auch seine Schattenseiten. Die Paparazzi kleben an seinen Fersen, verfolgen ihn und seine Familie auf Schritt und Tritt. Eine finstere Gruppe von kriminellen Fotografen (Tom Sizemore, Kevin Gage, Daniel Baldwin, Tom Hollander) hat es besonders auf Laramie abgesehen. Sie agieren als Stalker, schleichen seiner Familie hinterher und reizen ihn, indem sie seinen sechsjährigen Sohn Zach (Blake Michael Bryan) beim Fußballspielen fotografieren. Laramie rastet aus und schlägt einen der Paparazzi nieder. Darauf haben sie nur gewartet, um ihn richtig auszunehmen und mit den Storys Geld zu verdienen. Sie gehen noch weiter und attackieren die Familie Lamarie in deren Auto. Es kommt zu einem verheerenden Unfall nach dem Bos Sohn Zach ins Koma fällt und seine Frau Abby (Robin Tunney) schwer verletzt wird. Bo ist außer sich, weil ihm die Polizei nicht glauben will und er keine Zeugen hat. Als durch Zufall einer der Paparazzi durch Lamaries Schuld einen Motorradunfall erleidet und erst über einer Klippe zum Stehen kommt, hat er die Wahl. Entweder hilft er seinem Widersacher oder er stößt ihn endgültig, und diesmal absichtlich, in den Tod...
Mel Gibson ist schon ein eigenwilliger Kauz. Mit seiner Jesus-Nummer „Die Passion Christi“ traf er millimetergenau den Nerv des US-Publikums und verdiente sich dumm und dämlich, weil er die 30 Millionen Dollar Budget selbst aufbrachte, der Film aber weltweit 610 Millionen Dollar einspielte. Doch sein neuestes Projekt „Paparazzi“ sollte sich als beherzter Griff ins Klo erweisen. Natürlich war Gibson clever genug, sich nicht auf den Regiestuhl zu setzen. Deshalb schickte er seinen ehemaligen Friseur. Ja richtig, kein Scherz. Regisseur Paul Abascal stylte dem Superstar früher die Haare, ist ehemaliger Make-Up-Artist und weist in seiner Filmographie als Highlights TV-Folgen von „Nash Bridges“ und „The Sentinel“ auf. Gibsons Produktionsfirma Icon Productions betreute das krude Action-Machwerk, das als Rache Hollywoods an der „Plage Paparazzi“ verstanden werden will. Allerdings hält sich das Verständnis der Kinobesucher für überzahlte Multimillionäre, die von der Paparazzi-Meute unfreiwillig abgelichtet werden, arg in Grenzen.
Das Schlimmste an „Paparazzi“ ist das schauderhafte Drehbuch von Debütant Forrest Smith. Eine erschreckende Ernsthaftigkeit paart sich mit einer widerwärtigen Moral und Charakteren, die so unglaubwürdig sind, dass es weh tut. Sicherlich mögen Paparazzi den Promis rund um den Erdball ein Dorn im Auge sein, aber das, was Autor Smith daraus als Story konstruiert, ist lachhaft. Die Truppe um Chef-Paparazzi Rex Harper, von Tom Sizemore („Heat“, „Dreamcatcher“, „Black Hawk Down“) lustlos und wie im Schlaf gespielt, wendet eine kriminelle Energie auf, die Schwerverbrechern zur Ehre gereichen würde. Die Zeugin des Autoüberfalls, der im Stil an den Unfall von Prinzessin Diana erinnert, wird von Raubein Harper mal eben vergewaltigt, dabei gefilmt und unter Druck gesetzt. Wenn sie der Polizei die Wahrheit sagt, packt er aus. Sehr logisch...
In Sachen Unglaubwürdigkeit toppt allerdings der Charakter des Actionstars Bo Laramie alles andere noch um Längen. Nachdem ihn die Paparazzi-Bande derart triezt, entschließt er sich schlicht, sie einen nach dem anderen auszulöschen. Von der Möglichkeit, einen Anwalt einzuschalten, der gegen erfundene Veröffentlichungen vorgehen kann, hat Laramie noch nichts gehört. Cole Hauser („2 Fast 2 Furious“, „Tränen der Sonne“, „Das Tribunal“), dessen Rollenname der Pornoindustrie entliehen scheint, mimt den tumben Actionstar und Rächer der Herzen hölzern und uninspiriert. Was die talentierte Robin Tunney („Ein ungleiches Paar“, „Vertical Limit“, „End Of Days“), die als Laramies Frau chronisch unterfordert ist, in dem Film zu suchen hat, ist ebenso ein Rätsel, wie der Mitwirken des großartigen Dennis Farina („Snatch“, „Get Shorty“, „Out Of Sight“), der wohl mal wieder ein paar Rechnungen zu bezahlen hatte. Besonders ärgerlich ist auch die Selbstverständlichkeit, mit der Laramie seine Morde rechtfertigt und somit ernsthaft zum Sympathieträger des Films aufgebaut werden soll, was jedoch nicht funktioniert. Dazu sind besonders die Krankenhaus-Szenen nach dem Unfall sowie zum Ende haarsträubend schlecht wie in einer drittklassigen Soap Opera gespielt.
Immerhin bietet der mit 20 Millionen Dollar moderat budgetierte „Paparazzi“ solide Action, die aber auch nicht über den üblichen B-Movie-Standard hinauskommt. Einige Prominente - Matthew McConaughey, Vince Vaughn, Chris Rock und Mel Gibson himself - wollten dem Anliegen, den bösen Paparazzi eins auszuwischen anscheinend moralischen Beistand leisten und gaben sich für Cameos her. Das rettet dieses peinliche Machwerk aber nicht vor dem Untergang. Die Idee kam Gibson übrigens als er in launiger Runde mit Kollegen zusammensaß und über die Lästigkeit der Pressemeute philosophierte. „What a great revenge film this would make”, jubelte er. So ist „Paparazzi“ leider nicht viel mehr als Gibsons feuchter Traum...